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Events & Kultur

Michaela May im Gespräch: Habe mein Leben aufgeräumt

today16. Mai 2022 16

Hintergrund
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Michaela May ist Schauspielerin, Ehefrau, Mutter, sie engagiert sich in mehreren Projekten für Kranke, Kinder, Arme und Alte und hat kürzlich mit „Hinter dem Lächeln“ ihre Autobiographie veröffentlicht. Im Rahmen des Allgäuer Literaturfestivals las sie am Sonntag im Schwäbischen Bauernhofmuseum in Illerbeuren daraus. Allgäu-HIT-Redakteurin Eva Veit hatte zuvor die Möglichkeit, mit ihr zu sprechen.

Michaela May ist ein bekanntes Gesicht im deutschen Fernsehen. Die Münchnerin etablierte sich 1974 als Schauspielerin in "Münchner Geschichten", von 2001 bis 2009 spielte sie die selbstbewusste und heimatverbundene Kriminalhauptkommissarin Jo „Josephine“ Obermaier in den vom BR produzierten Folgen der ARD-Krimireihe Polizeiruf 110.

Dass die Münchner Schauspielerin in ihrem Leben schon viele Schicksalsschläge erleiden musste wissen die Wenigsten: Ihre drei Geschwister nahmen sich allesamt das Leben. In ihrer Autobiographie „Hinter dem Lächeln“ erzählt Michaela May, wie sie es dennoch schaffte, sich ein glückliches Leben aufzubauen.

Zu ihrem 70. Geburtstag habe es Anfragen von mehreren Verlagen gegeben, über ihr Leben zu schreiben, erzählt Michaela May. „Das gab es schon einmal, zu meinem 65. Geburtstag, da habe ich aber gedacht, was soll ich denn schreiben über mein Leben? Ich wollte mich da nicht so wichtig machen.“ Nun aber lagen die Dinge anders. 2019 starb ihre Mutter, in ihrem Keller hatte Michaela May zwei Metallkisten gelagert, seit mehr als 40 Jahren. „Die waren verschlossen, da waren Aufzeichnungen meines verstorbenen Bruders über seine Schwierigkeiten, auf dieser Welt zu leben drin“, erzählt die Schauspielerin. Nach seinem Tod hatten Freunde ihr geraten, die Unterlagen mitzunehmen beim Ausräumen der Wohnung und sie sich anzuschauen, wenn einige Zeit vergangen war. „Nun ist ja sehr viel Zeit vergangen, und ich wusste nicht, ob ich sie jemals öffnen würde.“ Nach dem Tod der Mutter war nun für sie der Anlass gekommen die Aufzeichnungen durchzuschauen und zu überlegen, „ob ich auf Grund dieser Aufzeichnungen vielleicht etwas erzählen will für Menschen, die auch so einen Päckchen mit sich rumschleppen.“

„Ich habe mein Leben aufgeräumt“

Dann sei auch noch Corona gekommen, so May, da hatte sie viel Zeit, da lange auch kein Theaterspiel möglich war. „Und dann habe ich mich da hingesetzt, und so wie andere ihren Speicher oder ihren Schrank aufgeräumt haben zu dieser Zeit, habe ich mein Leben aufgeräumt.“

„Den Entschluss zu fassen, dies alles noch mal zu erforschen und zu durchleben und es dann auch für andere zu öffnen, ist mir nicht leichtgefallen. Jetzt, wo ich über diesen hohen Berg gestiegen bin, empfinde ich große Erleichterung, fast Leichtigkeit, Erfüllung“, schreibt Michaela May in der Danksagung am Ende ihrer Autobiographie. Entstanden ist das Buch in Videotelefonaten mit einer ihr zu Beginn völlig fremden Frau. „Die hat mir sozusagen das Gerippe, die Gliederung gemacht, weil ich gar nicht wusste, wie ich das in die Reihe kriegen soll, diese 70 Jahre“, so May im Gespräch mit Allgäu-HIT.

Also habe sie einer Frau, die ihr völlig fremd war, ihr Leben erzählt, „und dabei haben wir beide gelacht und geweint. Dass ich es aussprechen konnte, das hat mir geholfen. Dass ich es erst mal rauslassen konnte an jemanden, der mir fast wie ein Psychotherapeut neutral gegenüber saß, das hat mir geholfen, das hat mich sehr frei gemacht. Das waren sehr eindringliche, fast schon therapeutische Gespräche für mich!“

Reaktionen auf ihr Buch

„Traust du dich das?“ – so hätten viele ihrer Freunde reagiert, als sie von ihrem Vorhaben erzählt habe. Sie hat sich getraut und ist über das Ergebnis froh. „Ich konnte das nur mit einer großen Ehrlichkeit tun, mit einer Schonungslosigkeit mir gegenüber. Ich wollte den Menschen zeigen, dass auch Leute, die nach außen hin immer lächeln und fröhlich wirken und starke Frauen spielen, so wie ich es in einem Großteil meiner Rollen tue, dass auch die einen Rucksack, ein Päckchen zu tragen haben, und wie man auch mit diesem Päckchen glücklich leben kann. Indem man den Augenblick sieht und lebt“, sagt May. Wenn Leute sagen, man geht leicht aus dem Buch heraus, das mache sie wirklich glücklich.

Die Reaktionen aus der Leserschaft sind, so May, „frappierend!“ Bei ihren Lesungen seien immer einige Menschen dabei, „die mir ganz leise zuflüstern 'Ich hab das auch erlebt und man hat bei uns auch nicht darüber geredet!'“ Es sei erstaunlich, wie viele Menschen Begegnungen mit Menschen hatten, die sich das Leben genommen haben. Bis heute seien Depressionen und Schizophrenie ein Tabuthema, so die Münchnerin, es werde von vielen immer noch nicht als Krankheiten anerkannt. „Auf der anderen Seite hat man heute im Vergleich zu damals – die Todesfälle meiner Geschwister sind zwischen 1974 und 1982 passiert, und in dieser Zeit waren die Psychotherapie und die Psychiatrie noch lange nicht soweit, weder mit Medikamenten noch mit Behandlungsmethoden – viele Möglichkeiten und man sollte sich sofort Hilfe holen!“ Sie bekomme auch sehr viel Post und Reaktionen von Psychosomatischen Kliniken, dass sie vorbei kommen solle und etwas erzählen solle, „aber ich bin nun mal keine Psychologin und kann einfach nur aus meinem Leben erzählen.“

„Derjenige, der darunter leidet soll sich Hilfe suchen, möglichst früh, denn es kann heute geholfen werden auch mit Medikamenten, und das war damals einfach nicht der Fall. Wenn jemand das Gefühl hat er neigt zu Depressionen, soll er sich möglichst rasch Hilfe suchen. Oft stehen Menschen weinend vor mir und sagen 'Sie haben mir einen Weg gezeigt' und wollen eine Widmung in ihr Buch haben. Es trifft mich immer ganz stark, es ist sehr emotional wenn meine Leser so reagieren.“

Soziales Engagement

Michaela May engagiert sich seit vielen Jahren in sozialen Projekten. „Vielleicht hat mich die Erfahrung einfach sensibler gemacht, dass ich in so jungen Jahren drei Geschwister verloren habe, ich weiß wie wichtig und wertvoll das Leben ist und wie dankbar ich sein muss, dass ich zwei gesunde Kinder zur Welt gebracht habe. Und daraus entstand vielleicht auch mein Wille zu helfen, Kindern und Kranken zu helfen.“ Seit vor vielen Jahren ein Junge in ihrem Haus wohnte, der an Mukoviszidose litt, setzt sich May für die Erforschung der Krankheit ein. „Als ich angefangen habe, sind die erkrankten Menschen nicht viel älter als 20 geworden. Inzwischen sind viele schon älter als 50 mit dieser Krankheit und ich hoffe sehr, dass wir vielleicht in 30 Jahren eine ganz normale Lebenserwartung für Mukoviszidose-Kranke haben.“ Die Stoffwechselkrankheit gehört zu den seltenen Krankheiten, in Deutschland sind rund 8.000 Menschen davon betroffen. „Die Pharmaindustrie war nicht bereit, darüber zu forschen, und es ist ja unglaublich wenn du so ein Kind hast und sagst ihr könnt doch nicht einfach nichts tun. Und aus diesem Grund hab ich mich dann dafür eingesetzt!“, sagt May. Später habe sie dann angefangen, sich auch für Kinder im In- und Ausland einzusetzen im Rahmen der SOS Kinderdörfer, auch unterstützt sie die Welthungerhilfe, „indem ich manchmal zeige, welche Erfolge die haben mit ihrer Arbeit aus den Spenden, damit die Menschen auch wissen, wo ihr Geld hinkommt.“

Ihr neuestes Projekt ist die Aktion Retla e.V. „Umgekehrt gelesen heißt das Alter. Elmar Wepper und ich wurden 2019 gefragt, ob wir Schirmherren sein wollen.“ Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Senioren aus der Einsamkeit zu holen. Es werden Paten für die Senioren gesucht, die sich mit ihnen treffen, etwas mit ihnen unternehmen. „Und dann kam Corona, das war dann zuerst einmal eine Telefonaktion, aber die war gleich sehr erfolgreich, weil viele Leute die Zeit hatten, sich zu kümmern, wir haben inzwischen über 900 Verbindungen geschaffen – das ist ganz toll. Jetzt wo es sich wieder ein bisschen öffnet werden wir Konzerte veranstalten, Autofahrten an den See, Rikschafahrten in München, je nachdem wo derjenige ist. Aber das wichtigste sind die Patenschaften, die länger andauern sollten als für einen Anruf. Wenn sich jemand dafür interessiert: unter der Telefonnummer 089/18910026 können sich Einsame melden und auch Menschen, die zu Paten werden wollen!“

Der Verein ist inzwischen über München hinausgewachsen, sogar in Hamburg gibt es eine „Zweitstelle“. Ziel ist es, überall in Deutschland derartige Patenschaften zu etablieren.

Nahe Zukunftspläne

Aktuell ist Michaela May noch bis Ende des Jahres sehr viel unterwegs auf Lesereise, um ihr Buch vorzustellen. Auch ein Theaterstück ist in Planung. Vergangenes Jahr hat sie viel gedreht, unter anderem spielte sie in einem Mainzer Tatort mit Heike Makatsch als Kommissarin mit – „der wird im Sommer oder im Herbst gezeigt, ich glaube der ist ziemlich spannend geworden!“

Im Sommer wird sie sich eine Auszeit gönnen – „meine jüngere Tochter hat mir ein viertes Enkelkind geschenkt, sie lebt in München und ich habe versprochen, dass ich ihr in den ersten Wochen und Monaten zur Seite stehe!“, erzählt die stolze Großmutter. Im Sommer werden auch ihre anderen drei Enkelkinder zu Besuch nach München kommen. Darauf freut sie sich schon sehr, schließlich sieht sie sie sehr selten, da ihre ältere Tochter in London lebt.

Was wünscht sich Michaela May im Moment sonst noch? „Dass dieser schreckliche Krieg so schnell wie möglich beendet wird und dass Corona so schnell wie möglich endet, weil es die Menschen so auseinandergebracht hat. Man hatte ja wirklich Angst vor Nähe. Ich hoffe, dass wir diese Nähe möglichst bald wieder finden!“

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Geschrieben von: Redaktion

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