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Graffiti-Künstler Robert Wilhelm lebt und arbeitet in Füssen. Der gebürtige Heidelberger ist weit über das Allgäu für seine Smurfnobs bekannt – einfache Zeichnungen, abstrahierte Köpfe aus einer Linie, die er immer wieder in seine Werke einbaut. AllgäuHIT sprach mit Robert Wilhelm über sein Werk, seine Ideen, illegale Graffiti und politische Schmierereien und wie er überhaupt ins Allgäu gekommen ist.
"Ich mache natürlich Kunst in meinem Atelier, ich male Bilder, damit verdiene ich allerdings kaum Geld. Womit ich Geld verdiene sind meine komerziellen Aufträge, das kann total vielseitig sein, für Firmen aber auch für Privatleute. Das kann die Blumenwiese auf der Garagenwand sein oder das Firmenlogo auf der Fassade. Ich gebe auch Workshops an Schulen und Jugendzentren, das sind so die drei Bereiche die ich abdecke", erzählt Robert Wilhelm über seinen Alltag.
Sein "Hauptzeicheninstrument" ist natürlich die Sprühdose, "das muss also nicht immer was mit Graffiti zu tun haben, das kann in alle Richtungen gehen", erklärt der Graffiti-Künstler. Die Figuren, mit denen er bekannt wurde, die "Smurfnobs", "Schlumpfköpfe", "sind ganz einfache reduzierte Zeichnungen, abstrahierte Köpfe, die aus einer Linie enstanden sind. Ich habe sie "Smurfnobs" genannt, weil es mit bei dem Wort vor allem um den Sound ging und darum, dass ich es neu kreiert habe, so habe ich mich mit einem Alleinstellungmerkmal absetzten können. Viele Leute möchten auch genau diese Figuren. Das ist natürlich für mich ganz angenehm, wenn ich so arbeiten kann, wie ich das möchte, mit meiner Kunst. Ich führe natürlich trotzdem auch gerne spezielle Wünsche der Kunden aus." Was das Besondere an den Figuren ist: "Man kann mit den Figuren auf die verschiedensten Arten arbeiten und ich versuche sie auch immer wieder in meine Kunst einzubauen", erklärt der Künstler.
Europaweit bekannt
Wilhelms Werke sind allgäuweit auch außen an verschiedenen Gebäuden zu bewundern. Unter anderem ein kunterbunter Kindergarten in Kaufbeuren, die Außenfassade des CrashkunstAteliers in Kempten-Kottern, oder auch in Reutte in Tirol eine große Flächea am Gasthaus "Schmuri" und rund um das Jugendzentrum "Smile" in Reutte. Am Kemptener Freudenbergtunnel kann man ebenfalls Wilhelms Kunst bewundern: "Vor ein paar Jahren ist ein Kemptener Kunstverein auf mich zugekommen. Sie nutzen den Freudenbergtunnel in Kempten als kleine Gallerie, wo verschiedene Künstler sich ausstellen können. Ich habe die beiden Aufgangswände sehr poppig und bunt gestaltet, da sind auch meine Smurfnobs zu sehen. In Kaufbeuren gibt es einige Wände, die haben auch mehr legale Flächen als beispielsweise in Kempten. Hier im Allgäu ist also noch Luft nach oben, was meine Gestaltung im Öffentlichen betrifft", sagt Wilhelm. Aktuell arbeitet Robert Wilhelm an seinem bislang spektakulärsten Objekt, wie er selbst sagt: Eine Fläche von mehr als 1.000 Quadratmetern an einer Firma in Reutte.
Der Künstler hätte auch Ideen, wie sich (Graffiti)-Kunst in der Öffentlichkeit besser präsentieren ließe: "In der Vergangenheit habe ich in London mal eine schöne Wand besprüht, im Szeneviertel Hackney. In Paris wurde ich eingeladen, wo ein Kunstverein eine Wand ständig von verschiedenen Künstlern aus aller Welt in einem Vier-Wochen-Takt gestalten lässt. Das würde ich mir auch für hier wünschen, dafür habe ich auch schon oft plädiert in den Kulturämtern Kempten und Kaufbeuren, das wurde auch positiv aufgenommen aber leider nie wirklich umgesetzt. Ich könnte mir das auch in Füssen vorstellen, das ist ja auch eine touristische Stadt. Man kann bei so einer Wand den Künstlern auch live beim Arbeiten zuschauen, ich denke das wäre eine Win-Win Situation für alle."
Plädoyer für mehr legale Sprayer-Flächen
Überhaupt plädiert Robert Wilhelm für mehr legale Sprayer-Flächen. "Wenn irgendwelche politischen Botschaften oder Beleidigungen gesprüht werden, dann wird das oft in der Presse als Grafitti bezeichnet. Das hat aber mit Grafitti nichts zu tun, das finde ich immer schade wenn das in einen Topf geschmissen wird", sagt er. "Auf der anderen Seite gibt es sehr viel, oftmals schlechtes, illegales Grafitti, sogenannte "tags", also Signaturen, die auf Bänken, Wänden und Stromkästen angebracht werden. Das gehört inzwischen einfach dazu, das kann man gut finden oder nicht. Ich war da immer der Meinung wenn ein "tag" an einem richtigen Ort ist kann das auch ganz schön sein. Der Hausbesitzer ärgert sich natürlich darüber, aber ich ärger mich auch wenn ich in Hundekot trete, das gibt es auch überall." "Illegales Grafitti am richtigen Ort kann gut sein", so Wilhelm weiter, "an einer Bahnlinie beispielsweise stört das im Normalfall ja niemanden."
Durch legale Flächen könne man die Leute davon abhalten, illegel zu sprayen. Ganz eindämmen könne man dies jedoch nicht. Legale Flächen für Sprayer seien vor allem für diejenigen gedacht, die sich einfach einmal ausprobieren wollen. "Deswegen plädiere ich dafür schon immer, das ist ganz wichtig vor allem für junge Leute, für Schulklassen. In größeren Städten wie München, Stuttgart und Augsburg werden auch schon immer mehr solche Flächen genutzt. In Karlsruhe haben sie schon vor 20 Jahren alle Brücken und Unterführungen freigegeben. In Linz, in Oberösterreich gibt es ein ganzes Hafengelände, das nennt sich "mural harbour", da werden die kompletten Häuser und Gebäude angesprayt das sind riesige Flächen und das alles legal!"
Von Heidelberg nach Füssen
Wie er ins Allgäu gekommen ist? "Ganz klassisch", sagt Robert Wilhelm. Die Berge hatten ihn angezogen. Bevor er vor 22 Jahren ins Allgäu kam, lebte Wilhelm Heidelberg, wo er auch geboren wurde und aufwuchs. Obwohl Heidelberg eine Kleinstadt ist, war in den 80er Jahren Grafitti doch schon sehr groß, aus verschiedenen Gründen, erzählt er. "Der New Yorker Grafitti Artist "Quick" hat damals dort gewohnt, junge Leute, wie die Jungs von "Advanced Chemistry", haben angefangen zu rappen und am autonomen Zentrum gab es die erste legale Fläche in Heidelberg. Ich war so zehn oder elf Jahre alt, als ich mit meiner Mutter am Bahnhof stand und da hab ich die bemalten Züge gesehen und am autonomen Zentrum habe ich die Leute live legal sprayen sehen und so bin ich auch dazugekommen. Mit 13 oder 14 hatte ich das erste Mal eine Dose in der Hand und hab dann erstmal auch illegal angefangen", spricht er über seine Anfänge. Er habe dann schnell gemerkt, dass er mehr Übung braucht. Im Speicher des elterlichen Hauses konnte er an einer Wand üben. "Damals gab es noch kein Internet, keine Grafittimagazine, man musste raus gehen und sich die Bilder live anschauen. Ich habe die sogar abfotografiert, daheim entwickelt, immer wieder angeschaut und auch abgezeichnet", so Wilhelm weiter. "Die Szene wurde dann auch von Jahr zu Jahr größer, über Mannheim, Frankfurt und Darmstadt. Die Mitte bis Ende der 90er war für Grafitti und auch in der deutschen Hip-Hop Szene eine goldene Zeit und die hat mich voll mitgenommen. Ich habe dann in Mannheim angefangen, Kunst zu studieren und als ich mit dem Studium fertig war, wollte ich einfach nur noch weg und bin mit einem guten Freund ins Allgäu gezogen und bin dann auch hier hängen geblieben!"
Geschrieben von: Redaktion