Listeners:
Top listeners:
AllgäuHIT
AllgäuHIT-Kaffeeklatsch: mit Rebecca Simoneit-Barum vom Zirkus Charles Knie
„Rund um“ in Lindau am Bodensee: Ein Segelrennen mit Tradition und Flair Thomas Häuslinger
„Rund um“ in Lindau am Bodensee: Ein Segelrennen mit Tradition und Flair Thomas Häuslinger
Stundenlange Transporte, auf viel zu wenig Platz in überfüllten und heißen Viehtransporten. An die 80.000 Kälber werden jedes Jahr allein aus Bayern nach Spanien in dort ansässige Mastbetriebe exportiert. Ein umstrittenes Vorgehen, das zwar für viele Betriebe wirtschaftlich notwendig, insbesondere für Biobetrieb aber in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend ist.
Und die Praxis zeigt: Was in der regionalen Wertschöpfungskette Milch in weiten Teilen bereits zufriedenstellend funktioniert, ist in der Kälbervermarktung auch im Ökobereich noch eine große Herausforderung. Ein wesentlicher Stellhebel ist hier der Verbraucher. Um ihn zu sensibilisieren, plant die Bio-Schaukäserei Wiggensbach eine Erlebniswelt, die die Zusammenhänge in der Wertschöpfungskette verdeutlichen soll.
Die Bio-Schaukäserei Wiggensbach wurde im Jahr 2003 von mehreren Landwirten der Region als GmbH gegründet und später zur Genossenschaft umfirmiert. Aktuell umfasst sie 20 Mitgliedsbetrieb aus Wiggensbach und der direkten Umgebung, die alle „Bioland“-zertifiziert sind. Verarbeitet werden jährlich zwischen 3,5 und 4 Millionen kg Bio-Heumilch zu etwa 400 – 450 t Käse. Von der Erzeugung, über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung liegt alles in einer Hand. Besonders Wert wird von Anfang an auf die Nutzung regionaler Kreisläufe, die ökologische Landwirtschaft und das Tierwohl gelegt – immer nach dem Motto: Transparent. Ökologisch. Nachhaltig.
Dies spiegelt sich auch darin wieder, dass dem Verbraucher ein Einblick in den Produktionsprozess des Bio-Käses gewährt wird. Nun soll dieser laut Franz Berchtold, Geschäftsführer der Bio-Schaukäserei, noch intensiviert und auch das Thema Kälber- und Fleischvermarktung angegangen werden: „Die Strukturen die wir bereits geschaffen haben bieten eine optimale Basis für den Fleischbereich. Auch der Naturkosthandel hat auf sowas gewartet.“
Im Detail sieht die Planung vor, das bestehende Gebäude zu erweitern. Im Förderprojekt wird in diesem Neubau, der nicht Teil der Förderung ist, eine Erlebniswelt für die Zusammenhänge zwischen Milch, Käse, Fleisch und Kälbern etabliert. Sie sollen die Mehrwerte und Besonderheiten der Bio-Fleisch-Spezialitäten und der Bioprodukte aus der Region erlebnisorientiert an Verbraucher und Wiederverkäufer vermitteln. Dazu wird neben einem großen und modernen Verkaufsraum für Käse, Fleisch und Bio-Lebensmittel aus der Region, eine Erlebnis-Schauküche installiert. In dieser finden Bio-Regionale Genussaktionen zu verschiedenen Themen stattfinden, wie z.B. Schau-Koch-Seminare, Genussabende, usw.
Auch sollen Frischfleisch-Produkte und hochwertige Premium-Bio Convenience-Produkte, welche aus schlecht vermarktbaren Teilstücken von männlichen oder nicht zur Nachzucht geeigneten weiblichen Milchrindern hergestellt werden, angeboten werden. Dabei wird auf Kälber, Färsen und Altkühe zurückgegriffen. „Es wird vom Tier alles verwendet. Der HeuGarta könnte eine komplett andere Art der Gastronomie werden.“, so Alfred Fahr, Allgäuer Bio-Spitzenkoch und Gesellschafter der Weideschuss.Bio GmbH. Und Franz Berchtold ergänzt: „Unser Weg soll ein Angebot an die Landwirte für Mutterkuhhaltung werden. So können die Kälber in der Region bleiben. Wir wollen eine neue Möglichkeit aufzeigen, die gleichzeitig nachhaltig, ressourcenschonend und für die Landwirte finanziell lohnenswert ist.“
„„Es passt sehr gut zu LEADER, dass hier eine Gesamtwertschöpfungskette geschaffen wird. Wir sind froh ein Projekt aus der Landwirtschaft fördern zu können, das ein Umdenken und eine gesteigerte Wertschätzung der Produkte zum Ziel hat“ merkt Veronika Hämmerle, die LEADER-Koordinatorin am für das EU-Förderprogramm zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten an, als sie den LEADER-Förderbescheid über 200.000 Euro übergibt.
Die Fördersumme ist mit eine der höchsten die seit langer Zeit genehmigt wurde. Der Grundstein dafür wurde in der Regionalentwicklung Oberallgäu gelegt: „Das Projekt „Erlebbarer Genuss im Oberallgäu – Bio-Genuss erleben“ hat uns aufgrund seiner Tragweite im Entscheidungsgremium vollends überzeugt. Man braucht engagierte Leute mit Fachwissen um eine solch weitreichende Verzahnung zu erlangen.“, betonte dann auch 1. Vorsitzender der Regionalentwicklung Oberallgäu Christof Endreß.
Hauptziel des Projektes ist der Aufbau einer regionalen Bio-Wertschöpfungskette vom Kalb bis zum Verbraucher und eine intensive Sensibilisierung für die Zusammenhänge zwischen Milch/Käse und Kälbern/Fleisch. Erreicht werden soll dies durch eine schonende Schlachtung, eine hohe, regionale Bioqualität, eine schonende Verarbeitung sowie kurze Transportwege entlang der gesamten Wertschöpfungskette und eine detaillierte Vermittlung der Zusammenhänge an den Verbraucher. Dieser soll verstehen, wie sich die Preise und Produkte zusammensetzen und welche einzelnen Schritte erforderlich sind, um ein Nutztier von der Geburt bis auf den Teller zu bringen und zwar fair für alle Beteiligten.
Mit an Bord sind zwei regionale Partner: die Weideschuss.bio GmbH und die Öko-Modellregion Oberallgäu Kempten. Die Weideschuss.bio GmbH wurde Anfang 2020 von drei Landwirten und einem Bio-Spitzenkoch gegründet. Zielsetzung der GmbH ist es, für Bio-Milchviehkälber im Allgäu eine sinnvolle Vermarktung aufzubauen, die sowohl die Wertschöpfungskette für Milchkälber, als auch Bio-Rindfleisch aus extensiver Ausmast, umfasst. Ursprünglicher Impulsgeber des Projekts war die Öko-Modellregion Oberallgäu Kempten, die die regionale Aufzucht von Bio-Kälbern aus Allgäuer Bio-Milchviehbetrieben seit 2016 vorantreibt. „Wir brauchen im System Bio-Milch und Bio-Fleischerzeugung eine Veränderung und ein Umdenken. Dazu braucht es mutige Vordenker bei den Bauern und im Handel. Sehr wichtig sind aber auch die Kunden. Sie müssen bereit sein, den Weg mit uns zu gehen.“, so Beate Reisacher von der Öko-Modellregion Oberallgäu Kempten.
Geschrieben von: Redaktion