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Vor 15 oder 20 Jahren hatte Sonthofen noch eine sehr große Auswahl an Bars, Kneipen, Diskos und Nachtlokalen. Inzwischen ist das Nachtleben in der Kreisstadt merklich geschrumpft. Woran das liegt und warum Sonthofen im Vergleich zu vielen anderen Allgäuer Gemeinden dennoch ein gutes Nachtleben hat, darüber hat AllgäuHIT mit Sonthofens Bürgermeister Christian Wilhelm gesprochen.
Warum sind in Sonthofen so viel Kneipen und Diskos "gestorben" in den letzten Jahren?
Christian Wilhelm: "Die wichtigste Ursache des Rückgang des Nachtlebens, Bars, Lokale, Kneipen, die in Sonthofen vor allem in der Innenstadt angesiedelt waren, liegt im Wegfall der Wehrpflicht und dem Abzug der Feldjäger aus Sonthofen. Wir hatten seinerzeit über 1.500 bis zum Teil 2.000 sehr junge Feldjäger und Wehrpflichtige hier, die aufgrund ihrer Bundeswehrausbildung drei Monate oder mehr in Sonthofen verbracht haben, die waren natürlich viel im Stadtgeschehen unterwegs, weil das in dem Alter so üblich ist. Die Bundeswehrreform und Abschaffung der Wehrpflicht hat in Sonthofen zu einer Strukturveränderung geführt. Daraufhin sind in Sonthofen in relativ kurzer Zeit viele Lokalitäten weggebrochen.
Wir haben weiterhin aber das sehr große Glück, innenstadtnah drei (Tanz)Lokale zu haben, die für die Jugendlichen auch interessant sind. Wir von Seiten der Stadt kämpfen auch sehr für den Erhalt dieser drei Lokale.
Für die Thematik der "lebendigen Städte" sind innenstadtnahe Lokalitäten sehr wichtig. Niemand geht in Sonthofen essen, dann in ein oder zwei Bars nur um dann nach Kempten oder noch weiter zu fahren, um dort zu feiern."
Hat sich denn das Weggehverhalten auch verändert?
Christian Wilhelm: "Auf jeden Fall. Wenn ich zurückdenke an meine Jugend, da musste man schauen, dass man um 8 oder 9 Uhr überhaupt noch ins Größenwahn reingekommen ist oder dort einen Platz gefunden hat. Ich bin dann auch nicht immer bis in der Früh um 6 weggegangen, sondern ich bin meist so gegen 12 oder 1 heimgekommen und hatte dann am nächsten Tag, also am Samstag, aber auch die Kraft, nochmal wegzugehen. Heute ist es so, dass sich die Jugend um 11, 12 oder teilweise erst um 1 trifft, dann geht es bis in der Früh um 5 und man ist bedient für den nächsten Tag. Auch das Konsumverhalten ist anders, es wird innerhalb kurzer Zeit konzentriert und viel getrunken und oft auch noch vorgeglüht – das ist für den Gastronomen natürlich kein gutes Geschäft.
Zusätzlich zu diesem geänderten Konsumverhalten kommt unter anderem noch die geänderte Bundeslärmschutzverordnung, das macht es gerade in den Innenstädten sehr schwer, dass sich Gastronomen trauen, eine neue Lokalität zu eröffnen."
Gibt es Versuche von Seiten der Stadt, diese Lokale zu erhalten und neue zu etablieren?
Christian Wilhelm: "Der Fokus liegt im Moment tatsächlich auf dem Erhalt, was aber auch bedeutet, dass wir uns letztendlich für die Zukunft etablieren wollen. Es ist unglaublich wichtig für die Innenstädte, dass diese Struktur vorhanden ist und dass man diese nicht verdrängt, ansonsten haben wir keine lebendigen Innenstädte mehr.
Was wir so schätzen, wenn wir in den Süden in den Urlaub fahren, ist, dass im Zentrum der Orte unglaublich viel los ist, da ist viel aufgebaut, Restaurants, Weinlokale, da ist Leben bis in die Nacht. Das wollen wir aber daheim vor der eigenen Haustüre nicht. Wir müssen versuchen, auch bei uns diese Konflikte so zu lösen, dass ein tragfähiges Konzept für die Zukunft entsteht und dass die Gastronomen auch Planungssicherheit haben.
Die Stadt hat auch schon einige Überlegungen angestellt, wo man neue Lokalitäten etablieren könnte. Beispielsweise am Wonnemar draußen. Eine andere Überlegung war auch, von der Tiefgarage aus einen Durchstich zu machen und einen Fußgängertunnel zu bauen, der in ein unterirdisch gelegenes Lokal unter dem Oberallgäuer Platz geführt hätte. Der Vorteil dieser unterirdischen Diskothek wäre gewesen, dass man dadurch die Lärmschutzbestimmungen hätte einhalten können. Allerdings wären auch hier Außenbereiche nötig gewesen, Raucherecken, die dann wieder zu Lärmentwicklung geführt hätten, daran ist die Idee dann gescheitert. Das sind Dinge, die der Etablierung von neuen Lokalitäten im Wege stehen, wenn man die Lokale in der Innenstadt bauen will und nicht in ein Gewerbegebiet. Denn wenn irgendwo etwas Neues entsteht wird es immer Nachbarn geben, die etwas dagegen haben.
Ich spreche viel mit Jugendlichen, auch im Rahmen des Jugendparlaments. Es ist ganz wichtig, dass die Jugend auch versteht, dass ein Gastronom nur überleben kann, wenn er Umsatz generiert. Man muss den Konsum so gestalten, dass das Vorglühen nicht vor der Diskothek stattfindet und dann in der Disko noch ein Getränk zu sich genommen wird, das kann für die Zukunft nicht sinnvoll sein und es müssen auch irgendwie Konzepte entstehen, in denen die Gastronomen und Nachtlokalbesitzer es schaffen, die Leute früher in die Lokalitäten zu bekommen."
Vielen Dank für das Gespräch Herr Wilhelm!
Geschrieben von: Redaktion