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Bereits seit mehr als 50 Jahren wird in Rettenberg über eine Ortsumfahrung diskutiert. Das Staatliche Bauamt hat die Umgehungsstraße inzwischen mit der höchsten Dringlichkeit eingestuft. Für den 20. Februar 2022 hat der Gemeinderat Rettenberg nun ein Ratsbegehren angesetzt – die Bürger können an diesem Tag entscheiden, ob die Planungen zur Umgehungsstraße weitergeführt werden sollen.
Die Staatsstraße 2007 vom Goymooskreisel Richtung Kranzegg und Wertach bzw. Sulzberg führt direkt durch Rettenberg und ist stark befahren. Bereits seit mehr als 50 Jahren fordern viele Einwohner Rettenbergs eine Ortsumfahrung – die Straße ist zum Teil nur 5,2 Meter breit, eine normale Staatsstraße hat eine Breite von mindestens 6,5 Metern. Eine Verbreiterung der Straße ist nicht möglich, da die Gebäude sehr nah an der Straße stehen. Lkw weichen teils auf die Gehwege aus. Auch die Gehwege sind zum Teil so eng, dass Passanten mit Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator ihn nicht nutzen können. Eine gefährliche Situation, die vor rund 50 Jahren auch zum Unfalltod eines 5-jährigen Kindes führte, welches von einem Milchlaster erfasst wurde. Zusätzlich besteht in Rettenberg das Problem, dass die Ortsdurchfahrt der einzige Rettungsweg ist – sollte dort ein Stau oder Unfall sein, kommen Rettungskräfte nur schwer durch.
Die Ortsumfahrung soll nach einem neuen Kreisel auf Höhe Altach beginnen, südlich des Ortes verlaufen und kurz vor Kranzegg wieder auf die bestehende Staatsstraße treffen. Durch die dringende Einstufung durch das Staatliche Bauamt werden sämtliche Baukosten – rund 6,9 Millionen Euro – für die Ortsumgehung durch den Freistaat Bayern übernommen, inklusive der Maßnahmen zur Minderung des Verkehrslärms. Die bestehende Ortsdurchfahrt würde – nach Erneuerungs- und Instandsetzungsarbeiten auf Kosten Bayerns – vom Freistaat in den Besitz der Gemeinde übergehen. Die Gemeinde kann in der Folge über Geschwindigkeitsbegrenzungen, Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und vieles mehr in Bezug auf die Straße entscheiden. Eigentümer der Ländereien, die vom Neubau der Straße betroffen sind, werden durch den Freistaat entschädigt.
Insgesamt werden für die Bauarbeiten und den Straßenverlauf 4,9 Hektar – knapp 4 Fußballfelder – Grünland benötigt, davon werden 1,8 Hektar versiegelt. Böschungs- und Randflächen, die auch dem Lärmschutz dienen sollen, machen den Rest der benötigten Fläche aus.
„Bürgerinitiative Zukunft Rettenberg“ – Die Befürworter
Die Befürworter einer Ortsumfahrung, die sich in der „Bürgerinitiative Zukunft Rettenberg“ zusammengeschlossen haben, führen bei ihren Argumenten für eine Umgehungsstraße neben dem Sicherheitsaspekt noch zahlreiche weitere Punkte an. So staue sich der Verkehr oftmals im Ortskern, auch liege die Ortsdurchfahrt Rettenberg mit einer Verkehrsbelastung von etwa 6.600 Fahrzeugen in 24 Stunden deutlich über dem Mittelwert von 3.800 Fahrzeugen in 24 Stunden. Eine hohe Lärm- und Abgasbelastung ist die Folge.
Überhaupt, so die Initiatoren, werde der Ortskern von Rettenberg durch eine Umgehungsstraße deutlich aufgewertet. Deutlich weniger Lärm und Abgase, weniger Fassadenschäden, ein erhöhter Anreiz zur Renovierung der Anreinerhäuser und dadurch eine höhere Lebensqualität im Ort seien die Folgen. Der Ort wäre nicht mehr zweigeteilt, würde qualitativ aufgewertet, es entstünde die Möglichkeit zu einer attraktiveren Außengastronomie, breiteren Gehwegen, einer Begrünung des Ortskerns. Auch gebe es mit einer Umfahrungsstraße einen Anreiz für Gewerbe und Einzelhandel, sich im Ortskern anzusiedeln, zudem dann auch mehr Platz für Parkbuchten für Kunden wäre.
Die Befürworter führen an, dass der Ortskern mit einer Umgehungsstraße um rund 70 Prozent des Verkehrsaufkommens erleichtert werde. Bei zahlreichen Vor-Ort-Terminen habe es keine umsetzbaren Lösungen für ein sicheres Überqueren der Straße oder eine Reduzierung des Verkehrs gegeben. Eine versuchsweise installierte Ampel habe ergeben, dass sich der Verkehr ziemlich schnell anstaue, was wiederum eine höhere Lärm- und Abgasbelastung zur Folge hat.
Bürgerinitiative „Rettenberg für ALLE“ – Die Gegner
In einer weiteren Bürgerinitiative haben sich Rettenberger zusammengeschlossen, die gegen eine Ortsumfahrung sind. Ihr Ziel: Ein sicheres Leben an und mit der Dorfstraße zu ermöglichen.
Die Gegner der Bürgerinitiative fürchten eine Zerstörung der Landschaft durch die Umgehungsstraße, die gewachsene Kulturlandschaft werde durch die Straße, an der ein Tempolimit von 90 km/h gelten soll, zerstückelt und zerstört. Landwirtschaftliche Flächen könnten nicht mehr genutzt werden. Die Anwohner am Ortsrand von Rettenberg würden einer erhöhten Lärmbelastung ausgesetzt. Auch fürchten sie durch die Flächenversiegelung eine erhöhte Gefahr von Hochwassern. Sie argumentieren, dass das Verkehrsaufkommen in Rettenberg seit 2005 rückläufig sei und auch mit Ortsumfahrung etwa 30 Prozent des Verkehrs im Dorf verbliebe. Auch sei die Unfallstatistik mit Fußgängerbeteiligung unauffällig. Alternative Lösungen wie ein Ampelsystem oder ein Fußgängerüberweg seien nicht ausgeschöpft. Auch werde der Ort in seinen künftigen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt, kleine Läden und Gaststätten würden unter der Umgehungsstraße leiden.
Durch eine Umgehungsstraße werde Rettenberg an anderer Stelle in zwei Teile getrennt – in diesem Fall der Hauptort Rettenberg von der Brauhaussiedlung. Ebenso würde der Rettenberger Ortsteil Kranzegg durch ein verstärktes Verkehrsaufkommen belastet. Grundstückseigentümer würden für den Bau der Ortsumfahrung enteignet, so die Gegner der Umgehungsstraße.
Die „Bürgerinitiative Zukunft Rettenberg“ hält dagegen, dass sie bereits 7,5 Hektar Tauschfläche für die betroffenen Landwirte gefunden hätte – wobei lediglich 5 Hektar benötigt werden. Auch müsse das Staatliche Bauamt sicherstellen, dass die Lärmbelastung für Anwohner nicht höher werde als sie bislang ist.
Der Ratsentscheid
Für den 20. Februar 2022 wurde nun ein Ratsentscheid angesetzt. Ein solches Ratsbegehren ist vergleichbar mit einem Bürgerbegehren, nur ist hier die Gemeinde – also der Gemeinderat – der Initiator. Alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Rettenberg dürfen an diesem Tag darüber abstimmen, ob die Planungen zur Umgehungsstraße weitergeführt werden sollen oder nicht.
Im Vorfeld des Ratsentscheides finden Informationsveranstaltungen statt
Der Zutritt ist nur mit 2G und zusätzlichem tagesaktuellem negativen Testnachweis möglich, auch geboosterte Personen benötigen einen Testnachweis. Des Weiteren ist die Teilnehmeranzahl begrenzt, weshalb eine vorherige Anmeldung bei der Gemeinde dringend notwendig ist. Anmeldung im Vorzimmer bei Frau Gomm unter Telefon 08327/920-11.
Bitte von Bürgermeister Weißinger
Egal, wie der Ratsentscheid ausgehe, der Gemeinderat werde sich am mehrheitlichen Willen der Bürgerinnen und Bürger orientieren, so Rettenbergs Erster Bürgermeister Nikolaus Weißinger im Mitteilungsblatt der Gemeinde.
Weiter appelliert der Bürgermeister: „Ein Wunsch des Gemeinderats und insbesondere mein ganz persönlicher ist es, trotz unterschiedlicher Meinungen respektvoll miteinander umzugehen. Wir stellen seit geraumer Zeit fest, dass gerade bei Meinungsverschiedenheiten der Respekt voreinander und vor allem das faire Miteinander das erste ist, was auf der Strecke bleibt. Egal wie der Ratsentscheid ausgehen wird. Wir werden nach wie vor Nachbarn sein und uns wie zuletzt beim Hochwasser auch auf uns verlassen müssen wenn es klemmt. Wir leben Tür an Tür nebeneinander. Das bitte ich Sie nicht zu vergessen bei allen unterschiedlichen Meinungen die es ja auch geben kann und geben darf.“
Geschrieben von: Redaktion