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Bosch ist einer der größten Arbeitgeber im Oberallgäu. Am Standort Blaichach/Immenstadt arbeiten rund 4.000 Menschen, 177 junge Leute machen hier derzeit ihre Ausbildung. Beim jährlichen Standortgespräch präsentierten die beiden Werksleiter neben dem Rückblick auf das Jahr 2021 auch die neue Nachhaltigkeitsstrategie am Standort und die im Aufbau befindliche Fertigungsanlage der ESP Generation 10 im Werk in Seifen.
Der Bosch-Standort Blaichach/Immenstadt konnte im Jahr 2021 wieder eine Steigerung der Produktion verzeichnen, nachdem das Jahr 2020 durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie gezeichnet war. Grundsätzlich, so die beiden Werkleiter des Standortes, Anke Richmann (kaufmännische Werkleitung) und Jochen Kärcher (technische Werkleitung) beim diesjährigen Standortgespräch, habe der Standort die Corona-Krise sehr gut gemeistert. So habe es weder 2020 noch 2021 einen Produktionsstopp gegeben. Auch sei der Standort nur kurzzeitig in Kurzarbeit gegangen, als Kunden und Zulieferer während des Lockdowns geschlossen hatten. Auch die Krankheitsfälle innerhalb der Belegschaft haben sich in Grenzen gehalten. Um den Angestellten auch weiter ein möglichst sicheres Arbeitsumfeld zu garantieren, gibt es in Seifen und in Blaichach auch weiterhin die Möglichkeit täglicher Corona-Tests.
Die Halbleiterkrise betrifft auch den Bosch-Standort im Oberallgäu. „Immer mal wieder“ gibt es hier Probleme, wenn die Halbleiter nicht oder nicht pünktlich geliefert werden. Im Großen und Ganzen jedoch kann der Standort auch dieses Problem meistern. Gesteigerte Energiekosten und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bereiten Bosch, wie allen anderen Unternehmen, auch Sorgen und Probleme.
Die wirtschaftliche Lage des Bosch-Konzerns hat sich weltweit verbessert. So lag der Umsatz 2021 mit 78,7 Milliarden Euro wieder auf Vor-Corona-Niveau, auch das Ergebnis zeigt mit 2,8 Milliarden Euro eine Steigerung im Vergleich zu 2020. 402.600 Menschen arbeiten weltweit bei Bosch. Mit 6,1 Milliarden Euro Aufwendung für Forschung und Entwicklung investiert der Konzern viel in die Zukunft.
Mitarbeiter als wichtigstes Gut am Standort
Bei Bosch im Allgäu, am Standort Blaichach/Immenstadt, arbeiten aktuell rund 4.000 Menschen, damit ist Bosch der größte industrielle Arbeitgeber in der Region. Die Zahl der Mitarbeiter ist stabil bis leicht steigend. Auch bei Bosch merkt man den Fachkräftemangel: Am Standort sind aktuell 144 Stellen unbesetzt.
Um den Fachkräftemangel aufzufangen, ist die Ausbildung den Verantwortlichen sehr wichtig. 177 Jugendliche und junge Erwachsene absolvieren im Moment ihre Ausbildung bei Bosch, darunter 52 neue Auszubildende seit September 2022. Wobei auch hier nicht alle Stellen besetzt werden konnten, erzählt Anke Richmann – sie hätten gerne 60 junge Leute ausgebildet. Ausgebildet werden Industriemechaniker, Mechatroniker, Maschinen- und Anlagenführer, Werkfeuerwehrleute sowie Industriekaufleute und Fachkräfte für Lagerlogistik. Ab dem kommenden Ausbildungsjahr besteht bei Bosch im Allgäu auch die Möglichkeit einer dualen Fachausbildung zum Fachinformatiker. Zudem beschäftigt Bosch 18 Duale Studierende in Studiengängen wie Informatik, Elektrotechnik und Maschinenbau. Der Anteil der Mädchen steigt übrigens seit Jahren – aktuell sind rund 30 Prozent der Auszubildenden am Standort weiblich.
Neben der Ausbildung ist der Werkleitung auch die Weiterbildung der Belegschaft wichtig. Im Moment liegt hier der Fokus auf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Lager. Mit dem Bau der neuen Lagerlogistik und der Automatisierung der meisten Vorgänge kommen auf die Mitarbeiter hier neue und zum Teil gänzlich andere Aufgaben zu. Um diese meistern zu können, werden sie weitergebildet. Doch auch alle anderen Mitarbeiter profitieren von Weiterbildungen und Seminaren, die Bosch deutschlandweit anbietet.
Bosch am Standort Blaichach/Immenstadt „hat eine positive Zukunft, weil wir hochmotivierte, sehr kreative, richtig gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben!“, sagt Anke Richmann.
Produktion am Standort
Die Produktion am Standort konnte im vergangenen Jahr auf 1,3 Milliarden Stück produzierter Teile gesteigert werden. Bei den Bremssystemen, den CC Komponenten und auch den Kameras lässt sich eine gesteigerte Produktion feststellen, bei MIM und Phasengebern blieb die Produktion im Vergleich zum Vorjahr gleich.
Damit macht sich der Standort auch fit für die Zukunft. Gerade im Bereich Elektromobilität ist man im Allgäu hier gut aufgestellt. E-Autos benötigen für eine Vollbremsung andere Bremskraftverstärker als Fahrzeuge mit Verbrennermotor. Mit der Entwicklung des ESP-Systems, das bald in seiner 10. Generation produziert wird, stellt Bosch im Allgäu hier einen wichtigen Baustein für die Sicherheit in Elektrofahrzeugen her. ESP, seit 1995 auf dem Markt, ist die Weiterentwicklung des ABS-Systems, das Bosch 1978 als weltweit erster Hersteller auf den Markt gebracht hat. ESP verhindert Schleuderbewegungen und ein Ausbrechen des Fahrzeugs durch elektronisch geregelte Beeinflussung von Bremssystem und Antriebsstrang. Seit 2017 fertigt Bosch zudem am Standort den iBooster2, einen vakuum-unabhängigen, elektromechanischen Bremskraftverstärker, der starkes Bremsen von E-Autos ermöglicht.
Mit den modernen Kameras, die im Allgäu entwickelt und produziert werden, entwickelt Bosch wichtige Teilstücke für autonomes Fahren. Je autonomer ein Fahrzeug fährt, umso mehr Kameras sind nötig – zum Lesen von Schildern, Erkennen von Gefahren, Halten der Fahrspur und vielem mehr. Auch Innenraumkameras, die bald Pflicht werden sollen bei Neuwagen in der EU, werden am Standort entwickelt. Diese Kameras sollen sehen, wenn ein Fahrer einschläft oder ähnliches. „Es ist wichtig, bei diesen Entwicklungen am Ball zu bleiben“, sagt der technische Werksleiter Jochen Kärcher.
ESP Generation 10 – neue Fertigungsanlage
Am Standort in Seifen entsteht aktuell eine die Fertigungsanlage für die 10. Generation des ESP. Angeschlossen an das entstehende Lagerlogistiksystem wird künftig in Seifen ein Fahrzeugmodul hergestellt, dass im Vergleich zu der aktuell produzierten Generation 9 viele Vorteile hat, erläutert der Jochen Kärcher. So trägt das neue ESP zu einer verbesserten Fahrdynamik bei, durch verbesserte Fahrzeugstabilisation und Notbremsfunktionalität. Auch wird Fahren dadurch leiser. Die neue Generation verbessert die Wiederaufladung bei Hybrid- und E-Autos und ist leichter und robuster als die 9. Generation. Auch garantiert sie durch eine verkürzten Bremsweg sichereres Autofahren.
Der Fertigungsprozess wird für die Mitarbeiter erleichtert. Kärcher spricht hier von einer intuitiven Anlagenbedienung. Der Arbeitsplatz wird ergonomischer gestaltet, auch werden die Laufwege um 50 Prozent reduziert. Die Maschinen sind besser zu bedienen und einfacher zu reparieren, sollte einmal etwas nicht stimmen an einer Maschine. Insgesamt wird die Produktionszahl in der neuen Fertigungsanlage gesteigert – die Produktion läuft doppelt so schnell und das auf rund 60 Prozent weniger Fläche, unter anderem durch den Wegfall der Lagerflächen in der Produktionshalle. Durch die neue Lagerlogistik werden künftig alle benötigten Teile direkt an die Maschinen geliefert, durchlaufen die Produktionskette und werden als fertige Teile automatisch wieder ins Lager befördert. Bosch wird zudem verschiedene Produktvarianten für viele verschiedene Fahrzeugtypen produzieren.
Nachhaltigkeit
Das Thema Nachhaltigkeit ist künftig fest in der Standortstrategie verankert. Durch den Staudamm am Werk in Blaichach werden aktuell bereits rund 80 Prozent des Strombedarfs des Blaichacher Werkes erzeugt. Die bereits bestehenden Solaranlagen auf den Dächern sollen an beiden Werken erweitert werden.
Zwar hat man sich bei Bosch im Allgäu schon länger überlegt, mittels Wärmerückgewinnung die Gebäude zu heizen. In Anbetracht der aktuellen Energiekrise und Gaspreise hat man nun in den Überlegungen nochmals einen Zahn zugelegt und vieles angestoßen.
Die vielen Maschinen in den beiden Werken in Blaichach und Seifen erzeugen jede Menge Abwärme, vor allem Kompressoren. Nun will der Standort rund 9,2 Millionen Euro in die Wärmerückgewinnung investieren – der Investitionsantrag wurde bereits gestellt. Somit hofft die Werksleitung, dass die Anlage zur Wärmeaufbereitung bis 2025 fertig ist und dann rund 95 Prozent der Wärmeversorgung über Wärmerückgewinnung laufen kann. Die restlichen 5 Prozent, an besonders kalten Tagen, wie Jochen Kärcher erzählt, müssen weiter mit Heizkesseln erreicht werden.
Damit sollen die rund 19 Millionen Kilowattstunden Erdgas pro Jahr, die am Standort aktuell benötigt werden, auf 1,5 Millionen Kilowattstunden zurückgeschraubt werden – ein Rückgang von 92 Prozent, was nicht nur bei den aktuell extrem hohen Gaspreisen einiges an Geld einsparen wird. Dadurch sollen die Kosten für die Wärmerückgewinnungsanlagen im Werk Seifen bereits nach 5,3 Jahren, in Blaichach nach 8,7 Jahren amortisiert sein.
Investitionen in die Zukunft
2021 investierte der Bosch-Standort Allgäu 73 Millionen Euro in die neue ESP-Generation. Heuer liegen die Investitionen bei rund 95 Millionen Euro – vor allem in die neue Lagerlogistik.
Nach dem Spatenstich im Mai dieses Jahres ist das neue Lagergebäude sehr schnell in die Höhe gewachsen – bis zum Winter sollen beide Gebäude „dicht“ und damit winterfest sein. Im Herbst 2023 werden dann auch alle Innenarbeiten abgeschlossen sein.
Die Werksleitung verspricht sich durch die neue Lagerlogistik eine Volumensteigerung in den nächsten Jahren. Durch die Automatisierung der Lagerlogistik wird dies aber gut händelbar sein. Jochen Kärcher bezeichnet die neue Lagerlogistik als „Vorzeigeprojekt“, das eine weitere Massenproduktion in Deutschland garantiert. Zwar würden sich die Jobs dadurch verändern, die Stellen könnten jedoch erhalten werden.
Geschrieben von: Redaktion