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Politik

Bayern verurteilt den Krieg und will den Flüchtlingen helfen

today2. März 2022 14

Hintergrund
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Ein Thema im Bayerischen Kabinett war am heutigen Aschermittwoch der Krieg in der Ukraine. Der Ministerrat verurteilt diesen Angriffskrieg und beschließt ein Maßnahmenpaket – einen Dreiklang aus Humanität, Wirtschaft und Sicherheit.

"Der Ministerrat verurteilt den durch nichts begründeten Angriffskrieg Russlands auf ein friedliches Nachbarland aufs Schärfste. Er sichert dem ukrainischen Volk in dieser schweren Stunde die uneingeschränkte Solidarität und Hilfsbereitschaft Bayerns zu. Die Bayerische Staatsregierung steht zur Unabhängigkeit und territorialen Integrität der Ukraine", heißt es im Bericht aus der Kabinettssitzung. Und weiter: "Mit dem russischen Überfall beginnt ein neues Zeitalter. Die deutsche Außen- und Verteidigungspolitik muss neu konzipiert werden. Auch innerstaatlich müssen die Prioritäten neu gesetzt werden. Die Bayerische Staatsregierung begrüßt die Beschlüsse des Deutschen Bundestages vom 27. Februar 2022 und sichert der Bundesregierung ihre volle Unterstützung zu. Im Mittelpunkt müssen jetzt die Stärkung der Bundeswehr sowie die Sicherstellung der Energieversorgung Deutschlands stehen."

Thema Bundeswehr

Der Ministerrat bringt eine Entschließung „Für ein Sofortprogramm Ausrüstung und Einsatzbereitschaft – Bundeswehr konsequent auf Landes- und Bündnisverteidigung ausrichten – Sicherheitsarchitektur reformieren“ als Antrag des Freistaates Bayern im Bundesrat in der Sitzung des Ministerrats am 8. März 2022 auf den Weg. In der Entschließung wird die Bundesregierung aufgefordert, ein Sofortprogramm für Ausrüstung und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr auf den Weg zu bringen. Alle Verbände müssen vollausgestattet, Hauptwaffensysteme mit geringer Einsatzbereitschaft müssen um weitere Systeme ergänzt bzw. bei nicht abzustellenden Mängeln ersetzt werden. Wichtig seien insbesondere eine Anpassung der Bevorratung von Munition über alle Waffensysteme hinweg, die Helikopterbeschaffung und Sicherstellung der bodengebundenen Flug- und Drohnenabwehr. Ebenso fehlten der Bundeswehr Fähigkeiten, die für die Landes- und Bündnisverteidigung unerlässlich seien. Daher schickt Bayern die Forderung an die Bundesregierung, umfassende und langfristige Investitionen in den Aufbau dieser Fähigkeiten auf den Weg zu bringen.

Weiter die erfolgreiche Modernisierung der Bundeswehr eine Beschleunigung des Beschaffungswesens von größter Bedeutung. Für komplexe Vergabeverfahren und überkomplexe Leistungsanforderungen, für den Personalmangel in den Beschaffungsbehörden und die oftmals ungewisse Finanzierung von mehrjährigen Rüstungsvorhaben müssten praktikable Lösungen gefunden werden. Daher müsse die Bundesregierung kurzfristig alle Beschleunigungsmöglichkeiten nutzen und mittelfristig die Komplexität des Beschaffungswesens grundlegend reformieren. Ebenso erfordere die neue und komplexe Bedrohungslage in Europa eine Anpassung der Strukturen der Außen- und Sicherheitspolitik. Entwicklungspolitik, Wirtschafts-, Energie und Klimapolitik seien in der Sicherheitspolitik mitzudenken und müssten umgekehrt sicherheitspolitische Leitziele stärker berücksichtigen als bisher.

Der Schutz der NATO-Ostflanke habe oberste Priorität und müsse von der NATO jetzt zügig weiter vorangetrieben werden. Die Staatsregierung unterstützt die in Bayern zur Umsetzung getroffenen Maßnahmen von Bundeswehr und US-Streitkräften, begrüßt insbesondere die Verlegung weiterer US-Streitkräfte nach Bayern und dankt den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und der US-Streitkräfte für ihren Einsatz.

Was Bayern tun will

Die Entwicklungen in der Ukraine wirken sich bereits jetzt auf Bayern aus. Bayern beschließt daher ein umfassendes Maßnahmenpaket mit dem "Dreiklang Humanität, Wirtschaft und Sicherheit":

  • Der Freistaat Bayern wird im Rahmen humanitärer Hilfe Verletzte oder Verwundete aus der Ukraine aufnehmen und für die Versorgung dieser Patientinnen und Patienten in bayerischen Kliniken Sorge tragen.
  • Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege soll beauftragt werden, die anstehenden Fragen bezüglich Logistik, Kostenübernahmen, Corona-Impfungen sowie psychotherapeutischer Versorgung unmittelbar mit dem Bund bzw. den betroffenen Kammern zu klären.
  • Bayern wird die Ukraine und deren Nachbarländer, darunter Moldau und die Slowakei, mit der unentgeltlichen Lieferung von Corona-Schutzausrüstung und weiteren angeforderten Hilfsgütern wie medizinischen Artikeln, Decken und Matratzen aus dem Bestand des Bayerischen Pandemielagers im Wert von insgesamt 500.000 Euro zur Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge unterstützen.

"Die Spendenbereitschaft und Solidarität der Bayerischen Bevölkerung ist überwältigend", so Ministerpräsident Markus Söder in der anschließenden Pressekonferenz. Der Ministerrat danke allen Hilfsorganisationen für ihre karitative Unterstützung.

Das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales wird beauftragt:

  • eine zentrale Erstanlaufstelle (Hilfetelefon) für Verwandte und Freunde von Ukrainern in Bayern sowie für Engagierte bei der Freien Wohlfahrtspflege Landesarbeitsgemeinschaft Bayern einzurichten,
  • als mittelfristige Hilfe eine Anlaufstelle für soziale und kulturelle Anliegen der aus der Ukraine Geflüchteten beim Haus der Heimat e.V. in Nürnberg einzurichten sowie
  • die bereits bestehenden Regelstrukturen, wie beispielsweise zur Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Ausländer, der Kinderbetreuung oder zur Berufsanerkennung, zu nutzen, um die Menschen, die aus der Ukraine nach Bayern kommen, bei uns bestmöglich zu unterstützen.

Zudem sei es generell erforderlich, Kinder und Jugendliche mit der aktuellen Situation nicht allein zu lassen. Deshalb stellt das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales zur Unterstützung von Eltern und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Materialien für eine altersgerechte Begleitung der Kriegsgeschehnisse in der Ukraine zur Verfügung.

Bayern bereitet sich auf die menschenwürdige Aufnahme, Unterbringung und Versorgung ukrainischer Flüchtlinge vor:

  • Zunächst werden die Kapazitäten in den bestehenden Asylunterkünften und Übergangswohnheimen bereitgestellt. Dabei sind sukzessive alle (faktisch) bestehenden Unterkunftsplätze zu nutzen.
  • In einem weiteren Schritt sind zusätzliche Plätze in der Anschlussunterbringung wie auch bei den Übergangswohnheimen zu schaffen. Hierbei ist das gesamte Instrumentarium zu nutzen wie Neuanmietungen oder Containerbauten.
  • Ergänzend hierzu kann in akuten Notsituationen bei hohem Fluchtgeschehen auf Sporthallen, leerstehende Gebäude und Traglufthallen zurückgegriffen werden
  • Geflüchtete Kinder und Jugendliche können in die bewährten Angebote für die schulische Integration, die das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus bereitstellt, aufgenommen werden. Bei Bedarf kann dieses Angebot weiter ausgebaut werden.

Der Freistaat Bayern fordert die Bundesregierung auf,

  • bei etwaiger Anwendung der Massenzustrom-Richtlinie und/oder bei Auflage eines eigenen Bundesaufnahmeprogramms durch koordiniertes Vorgehen schon in den Mitgliedstaaten, die unmittelbar an die Ukraine grenzen, eine geordnete Verteilung und Weiterleitung in andere aufnahmebereite Mitgliedstaaten sicherzustellen,
  • Grenzkontrollen zur gesteuerten „Zuführung“ in Bearbeitungsstraßen durchzuführen,
  • sicherzustellen, dass alle Personen, die (perspektivisch) Leistungen beziehen und/oder sich länger in Deutschland aufhalten wollen, als es ihre visafreie Einreise zulässt, erkennungsdienstlich behandelt, registriert, auf COVID-19 getestet, bei Bedarf medizinisch versorgt sowie auf die Länder verteilt werden. Hierfür sind auch durch den Bund erforderliche Unterbringungskapazitäten (Warteräume) vorzuhalten,
  • für eine gerechte Verteilung der flüchtenden Ukrainer auf alle Bundesländer zu sorgen,
  • sowohl die Mehrkosten für die Länder wie auch für die Kommunen infolge der Unterbringung, Versorgung und allgemeinen Unterstützung der aus der Ukraine Flüchtenden im Rahmen der Bundesbeteiligung an den Asyl- und Integrationskosten vollständig zu ersetzen.

Zur Unterstützung ukrainischer Studierender und Forschender in Bayern, die aufgrund der aktuellen Kriegssituation in eine Notlage geraten sind, weist das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst den bayerischen Hochschulen insgesamt 500.000 Euro zu. Die Hochschulen werden zugleich aufgefordert, sämtliche bestehenden Kooperationen mit russischen Einrichtungen auszusetzen und erforderlichenfalls ganz einzustellen, insbesondere im Bereich Spitzentechnologien.

Die Staatsregierung wird ihre direkte Zusammenarbeit mit der demokratisch gewählten Regierung der Ukraine fortsetzen und die Nachbarländer der Ukraine bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen unterstützen. Sie betont, dass sie auch auf Dauer ein Interesse an einer guten Nachbarschaft mit dem russischen Volk in Europa hat. Die Zusammenarbeit mit der russischen Seite, unter anderem mit der Stadt Moskau, ist gegenwärtig ausgesetzt.

Abhängigkeit Deutschlands und Bayerns von Russland

Deutschland und Bayern sind stark von Energieimporten aus Russland abhängig. 55 Prozent des Erdgases, 50 Prozent der Steinkohle und 35 Prozent des Rohöls werden derzeit aus Russland importiert. Bayerns Staatsregierung fordert daher, Deutschland müsse diese Abhängigkeit entschlossen und schnell verringern durch folgende Maßnahmen:

  • Um die Erdgasimporte breiter zu diversifizieren, müsse der Bund die Rahmenbedingungen für den Neubau von LNG-Terminals schaffen. Die Umstellung auf eine Wasserstoffwirtschaft ist zu beschleunigen. Zentrale Voraussetzung ist der zügige Ausbau des nationalen und europäischen Wasserstoffnetzes. Der Bund und die EU sind gefordert, ausreichende Investitionsanreize zur Umrüstung von Erdgas-Pipelines zu schaffen und die H2-Importstrategie mit dem Aufbau neuer internationaler H2-Partnerschaften zu beschleunigen. Insbesondere für den Süden Deutschlands sind auch neue Wasserstoffleitungen aus dem Süden (z.B. Italien) zu prüfen.
  • Die Potenziale der Erneuerbaren Energien sollen gezielt optimiert und ausgebaut werden. Hierzu sind insbesondere auch die gesamten Planungs- und Genehmigungsverfahren und Rahmenbedingungen vom Bund in den Blick zu nehmen.
  • Zur Sicherung der Versorgung müssen die Erdgasspeicher für den nächsten Winter deutlich stärker befüllt sein als zu Beginn dieses Winters. Hierfür müsse der Bund die notwendigen gesetzlichen Regelungen umgehend auf den Weg bringen.
  • Auch die Stromerzeugung muss diversifiziert werden: In Kombination mit der angedachten Anlage einer Kohlereserve sind weitere Stilllegungen von Stein- und Braunkohlekraftwerken auszusetzen und die Wiederinbetriebnahme kürzlich stillgelegter Kraftwerke zu prüfen. Als einzigem in großem Umfang in Deutschland vorkommendem Energierohstoff kommt der Braunkohle eine besondere Bedeutung zu. Die Kraftwerke in der Sicherheitsbereitschaft müssen betriebsbereit gehalten werden
  • Aufgrund der Ukraine-Krise ist mit einer weiteren Erhöhung der Energiepreise zu rechnen. Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung zügig Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise ergreift. Dazu gehören neben der bereits beschlossenen Abschaffung der EEG-Umlage insbesondere die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß, eine Reduktion der Übertragungsnetzentgelte durch einen entsprechenden Zuschuss von Bundesmitteln, die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Erdgas, Elektrizität und Fernwärme, sowie eine Prüfung der Senkung der Energiesteuern sowie der Einführung eines Industriestrompreises.
  • Neben der Energieversorgung müssen auch die Auswirkungen auf die Lieferketten sowie strategisch wichtige Rohstoffe in den Blick genommen werden. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, ausreichende und angemessene Förderinstrumente bereitzustellen, um besonders betroffene Unternehmen, die unverschuldet in Not geraten sind, kurzfristig zu unterstützen und in Abstimmung mit der Europäischen Kommission Möglichkeiten zu prüfen, um Unternehmen Beihilfen oder den Aufbau neuer Lieferketten und auch eigenen Produktionsanlagen zu gewähren.

Die Staatsregierung stellt fest, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln aktuell gesichert ist und ausreichend Agrarrohstoffe erzeugt werden. Um die Ernährungssouveränität auch bei einer länger anhaltenden Störung der Märkte langfristig zu sichern, sind insbesondere die Produktionsgrundlagen sicherzustellen sowie die regionale Versorgung und Kreisläufe zu stärken. Gleichzeitig ist es von prioritärer Bedeutung, die Flächen zur Lebensmittelproduktion weiter zu erhalten sowie den Einsatz von regionalen Eiweißpflanzen als Protein- und Stickstoffquelle zu erhöhen, um noch bestehende Importabhängigkeiten zu verringern.

Zum Schutz der inneren Sicherheit Bayerns werden die bestehenden Schutzmaßnahmen an ukrainischen, russischen und belarussischen Einrichtungen, insbesondere den Konsulaten überprüft. Die Cybersicherheit wird durch Ausbau des Präventionsangebotes beim Cyber Allianz Zentrum des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, intensive Lageanalyse durch das Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sowie durch eine Dauerbereitschaft der Cybercrime Quick-Reaction-Teams beim bayerischen Landeskriminalamt und den Polizeipräsidien weiter gestärkt.

Der Bund werde ferner aufgefordert zu prüfen, ob die bestehende Konzeption des Zivilschutzes in Deutschland für eine Bedrohungslage ausreichend ist, wie sie sich möglicherweise aus dem Ukrainekrieg ergeben kann.

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Geschrieben von: Redaktion

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