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Unter dem Motto „Jedes Buch ist wertvoll" wurde am Mittwoch in der Memminger Stadtbibliothek die Ausstellung "Bücherverbrennung" eröffnet – eine Ausstellung gegen das Vergessen. Vor 88 Jahren verbrannten verschiedene nationalsozialistische Gruppierungen in öffentlichkeitswirksamen Aktionen Bücher, die "wider dem deutschen Geiste" waren – die damals noch lebenden Autorinnen und Autoren waren in der Folge den nationalsozialistischen Repressalien und Verfolgungen ausgesetzt.
„Jedes Buch ist wertvoll. Bücher enthalten vielfältige und kostbare Informationen, die uns die ganze Welt eröffnen. Was vor 88 Jahren geschah, darf sich nicht wiederholen“, betonte Oberbürgermeister Manfred Schilder am Anfang seiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung „Bücherverbrennung“ in der Memminger Stadtbibliothek. Die Vernissage gedenkt der Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 durch die Deutsche Studentenschaft, die sich in diesem Jahr zum 88. Mal jährt. Auf Initiative der vhs Memmingen wurde das Projekt in Kooperation mit dem Bernhard-Strigel-Gymnasium (BSG), dem Stadtmuseum und der Stadtbibliothek umgesetzt.
Eigentlich war zur Eröffnung eine öffentliche und symbolische Verbrennung von „Holzbüchern“ geplant, die von der Memminger Künstlerin Cornelia Brader geschaffen wurden. Dies war pandemiebedingt leider nicht möglich. Daher wurde die Verbrennung nur im Film festgehalten und Texte aus den einzelnen Werken von Schülerinnen und Schülern der 9. Jahrgangsstufe des BSG eingesprochen. „Sie alle tragen gegen das Vergessen bei, um das Ziel ‚nie wieder‘ zu erreichen“, dankte Michael Trieb, Leiter der vhs Memmingen allen Beteiligten. Gleichzeitig lobte er auch das großartige Engagement und Herzblut, mit dem gearbeitet wurde. Die phantastische Gestaltung der Holzplatten hob er explizit hervor: „Durch die Verwendung individueller Schriften und Holzarten werden die Werke und Autorinnen und Autoren besonders gewürdigt.“
Der von Regisseur Leo Hiemer und Kirstin Köllner geschaffene Film, der durch das Stadtmuseum mit Kuratorin Regina Gropper ermöglicht wurde, ergänzt die Ausstellung nun auf eindrucksvolle Weise. Dank eines QR-Codes am Eingang der Stadtbibliothek kann dieser sogar außerhalb der Öffnungszeiten auf dem Handy oder Tablet angeschaut werden.
Vor 88 Jahren hatte der nationalsozialistische Berliner Bibliothekar Wolfgang Herrmann eine „Schwarze Liste“ von Büchern erstellt. Darin verzeichnet waren „verbrennungswürdige Bücher“, die „wider dem deutschen Geist“ seien. Die Deutsche Studentenschaft verbrannte am 10. Mai 1933 erstmals öffentlich Bücher, die auf dieser Liste standen. Diesen koordinierten, von verschiedenen nationalsozialistischen Gruppen logistisch unterstützten und vom Rundfunk begleiteten Aktionen, folgten insgesamt 102 Bücherverbrennungen nach gleichem Muster in über 90 Städten in Deutschland. Das Zusammenspiel aus ideologisierten Akademikern, Schreibtischtätertum, brutalen Gewaltmenschen und Heroisierung dieser Aktionen durch die Presse bereitete den Weg zur physischen Vernichtung von Menschen. Heinrich Heine hatte bereits in seiner 1823 veröffentlichten Tragödie „Almansor“ geschrieben: „Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“
Die verkohlten und rauchgeschwärzten „Holzbücher“, die aus dem Feuer „gerettet“ wurden, sind mahnende Exponate und erinnern symbolisch an die Verbrennungsaktion vor 88 Jahren. Künstlerisch gestaltete Portraits und Beschreibungen klären exemplarisch über das weitere Schicksal der Autorinnen und Autoren auf, die von der Bücherverbrennung und später von Repressalien, Verfolgung oder Mord betroffen waren. Erarbeitet wurden sie von der Fachschaft Deutsch und Geschichte des BSG. „Die Schülerinnen und Schüler lernen dank solcher Projekte, dass das schulische Wissen nicht nur abstrakt, sondern Realität pur ist“, unterstrich Schulleiter Dr. Thomas Wolf die Bedeutung der Aktion. „Dass das Gedankengut überlebt hat, zeigt, dass es Hoffnung für alle Unterdrückten dieser Welt gibt und dass es sich für hohe Güter wie die Meinungs- und die Pressefreiheit zu kämpfen lohnt.“
Der Ausstellungsort in der Stadtbibliothek Memmingen macht mit seinem reichhaltigen Buchbestand eindrucksvoll deutlich, dass Freiheit sich nicht unterdrücken lässt und dass Autorinnen und Autoren, die von den Nazis als „undeutsch“ verfemt wurden, noch heute mit Genuss ausgeliehen und gelesen werden. Ein Zeichen dafür, dass sich Gedanken und Freiheit nicht unterdrücken lassen – nirgendwo.
Die Ausstellung ist ab dem 14. Juli bis zum 28. August 2021 zu den Öffnungszeiten der Stadtbibliothek zugänglich.
Geschrieben von: Redaktion