Leutkirch trauert um Peter Forbes – Das Ende einer Familiengeschichte

Die Stadt Leutkirch trauert um Peter Forbes, der im Alter von 84 Jahren verstorben ist. Mit seinem Tod endet eine bewegte Familiengeschichte, die tief in der Stadt verwurzelt war. Peter Forbes war der Enkel von Friedrich und Lilly Gollowitsch, einem jüdischen Ehepaar, das 1942 von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Er war auch der Sohn von Margot Forbes, geborene Gollowitsch, die als einzige ihrer Familie den Holocaust überlebte. Die Familie Gollowitsch gehörte einst zu den angesehenen Familien in Leutkirch, doch der tragische Verlauf der Geschichte führte zu ihrem nahezu vollständigen Aussterben.

Die Familie Gollowitsch stammte ursprünglich aus Polen und betrieb seit Ende des 19. Jahrhunderts das Kaufhaus „Anker“ in der Marktstraße 27 in Leutkirch. In den 1920er Jahren war das Kaufhaus eines der größten Textilgeschäfte im württembergischen Allgäu. Doch mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus änderte sich das Leben der Familie dramatisch. 1938 wurde das Kaufhaus zwangsenteignet, und 1941 sowie 1942 folgte die Deportation der Familie. Sieben der neun Mitglieder der Familie fielen dem Holocaust zum Opfer. Nur Margot, Peter Forbes’ Mutter, und ihre Kusine Ilse konnten entkommen. Während Ilse nach Amerika fliehen konnte, ließ sich Margot in England nieder und arbeitete hart, um sich und ihren Sohn zu versorgen.

In den 1950er Jahren, nach dem Zweiten Weltkrieg, kehrte Margot in die Wirtschaft zurück und führte erfolgreich ein Textilgeschäft. Ihr Sohn Peter, der als Junge die Erlebnisse seiner Familie stets mit sich trug, trat später in das Geschäft ein und leitete es bis 1990.

In Gesprächen mit Peter Forbes war immer wieder spürbar, wie schwierig es für ihn und seine Mutter war, sich mit der schmerzlichen Erinnerung an das Schicksal ihrer Familie auseinanderzusetzen. Das Vermächtnis der Gollowitschs war von Verlust und Trauer geprägt, doch sie versuchten auch, das Andenken an die überlebenden Angehörigen zu bewahren und den Verlust zu verarbeiten. Als einziges Kind von Margot und ohne eigene Nachkommen, hinterlässt Peter Forbes nun eine Familienlinie, die mit seinem Tod ausstirbt. Auch Ilse, die Cousine von Margot, hatte in Amerika keine Kinder, was den Verlust der Familie Gollowitsch noch schmerzhafter macht.

Für Peter Forbes hatte Leutkirch immer eine besondere Bedeutung. Schon als Junge kam er regelmäßig mit seiner Mutter in die Stadt und pflegte die Erinnerung an seine Familie. 2014 folgte er einer Einladung der Stadt und trug sich in das Goldene Buch von Leutkirch ein. Dieser Besuch war ein bewegender Moment, der in der Stadt nicht nur als Gedenkakt, sondern auch als Symbol der Versöhnung und Erinnerungskultur betrachtet wurde. In den Jahren zuvor hatte Emil Hösch durch umfassende Archivarbeit das Schicksal der Familie Gollowitsch aufgearbeitet. Seine Arbeit machte die Geschichte der Familie und ihrer tragischen Verluste der Öffentlichkeit zugänglich. Gedenkveranstaltungen, Stolpersteine und Ausstellungen erinnern in Leutkirch heute an die Familie Gollowitsch und an andere jüdische Bürger der Stadt.

„Mit dem Tod von Peter Forbes verlieren wir nicht nur einen außergewöhnlichen Menschen, sondern auch das letzte direkte Bindeglied zur Familie Gollowitsch“, sagte Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle. „Sein Besuch in Leutkirch 2014 war ein sehr bedeutender Moment des Gedenkens und der Versöhnung. Sein Andenken wird in unserer Stadt lebendig bleiben.“ Die Stadt Leutkirch hatte durch Peter Forbes’ Besuch und die Erinnerung an seine Familie die Möglichkeit, die schmerzliche Geschichte des Holocausts zu verarbeiten und in die kollektive Erinnerung der Stadt einfließen zu lassen.

Peter Forbes wird, wie seine Mutter Margot, im Garten seines Hauses in Oxford beigesetzt. Der Tod von Peter Forbes hinterlässt eine schmerzliche Lücke, doch sein Vermächtnis und das Gedenken an die Familie Gollowitsch werden in Leutkirch weiterhin lebendig bleiben. Die Stadt wird die Erinnerung an Peter Forbes und seine Familie in Ehren halten und sich auch weiterhin für die Aufarbeitung der Geschichte des Holocausts engagieren.