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Dr. Carsten Brockmann und Dr. Lars Wiegmann, die beiden Geschäftsführer der Kunststofftechnik Bernt (KTB) GmbH, hatten den Allgäuer Bundestagsabgeordneten Stephan Stracke (CSU) in ihr Unternehmen eingeladen. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die EU-Chemikalienverordnung REACH. REACH steht für „Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe“ und sieht vor, dass für die Nutzung von gefährlichen Stoffen Zulassungsgenehmigungen notwendig sind. Seit Jahren verschleppt die EU-Kommission im Bereich der Galvanisierung notwendige Entscheidungen. Dies sorgt für große Unsicherheiten und Zukunftssorgen in der Branche.
Stracke, der als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion das Thema Umwelt verantwortet, war dieser Einladung gerne gefolgt. „REACH stellt die Kunststoffindustrie vor erhebliche Herausforderungen“, betonte er. Aus diesem Grund liege ihm der Gedankenaustausch mit den Verantwortlichen der KTB besonders am Herzen.
Das Unternehmen ist zertifizierter Entwicklungspartner und Lieferant hochwertiger verchromter Kunststoffteile. Zu den Kunden zählen namhafte Firmen, in erster Linie aus der Automobilbranche, aber auch aus den Bereichen Haushaltstechnik und Sanitär. In der Anwendung bieten galvanisierte Kunststoffteile die Möglichkeit, die Wertigkeit eines Fahrzeugs mit Echtmetall zu unterstreichen und ermöglichen beste Funktionsintegration bei geringem Gewicht. Zentral für den Prozess der Galvanisierung ist Chromtrioxid. Am fertigen Bauteil findet sich dieser Stoff nicht mehr. Chromtrioxid steht seit 2013 auf der Liste der unter dem Namen REACH bekannt gewordenen EU-Chemikalienverordnung.
„Das größte Problem für unser Unternehmen und die gesamte Branche besteht darin, dass die EU-Kommission bis heute keine abschließende Entscheidung getroffen hat, ob und wie lange Chromtrioxid noch eingesetzt werden darf“, führten Brockmann und Wiegmann mit Blick auf REACH aus. Die Europäische Chemikalienagentur ECHA habe zwar einen Zulassungszeitraum von zwölf Jahren empfohlen. Derzeit werde in der Kunststoffbranche jedoch allgemein angenommen, dass die Kommission nicht der ECHA folgen wird, sondern einen kürzeren Zeitraum bewilligen werde. Die Empfehlung der ECHA liegt seit 2018 vor. Seitdem verschleppe die Kommission das Verfahren, kritisierten Brockmann und Wiegmann. Dies führe zu extremer Unsicherheit in der Branche. „Serienteile für die Automobilbranche werden in der Regel alle sieben bis acht Jahre neu designt. Weitere 15 Jahre werden sie noch als Ersatzteile hergestellt. Das Risiko, dass wir als Hersteller und Systemlieferant der verchromten Kunststoffteile in wenigen Jahren aufgrund des Verbots von Chromtrioxid die Artikel nicht mehr in der gleichbleibenden Qualität und Farbgebung liefern können, gehen Auftraggeber nicht ein. Sie wandern zu Produzenten ab, die nicht an die EU-Verordnung gebunden sind, da sie Produktionsstätten außerhalb der Europäischen Union haben. Hier gelten aber nicht die hohen Arbeitsschutz- und Umweltstandards, wie bei uns. Wir haben uns bewusst für unseren Standort entschieden und wollen eben nicht nach China oder in die Türkei abwandern. Damit entstehen uns jedoch Nachteile verbunden mit Umsatzrückgängen und drohenden Arbeitsplatzverlusten“, erklärten die beiden Geschäftsführer die aktuelle besorgniserregende Situation mit Blick auf REACH.
Um für Anforderungen gerüstet zu sein, hat das Unternehmen in aufwändigen und kostenintensiven Verfahren einen ungefährlichen Alternativstoff für den Prozess des Verchromens entwickelt. Seit Sommer 2019 arbeitet KTB in einer dafür eigens umgerüsteten Anlage damit bereits sehr erfolgreich. „Das ist Hightech made im Ostallgäu. Durch den Einsatz des Alternativstoffs kommt Bewegung auf dem Markt. Das verschafft auch Wettbewerbsvorteile“, lobte Stracke. Allerdings könne derzeit nur in einem Teil der Produktion dieser Alternativstoff eingesetzt werden, berichteten die beiden Geschäftsführer.
„Die ausstehende Entscheidung der EU-Kommission ist arbeitsplatzgefährdend“, fand der Abgeordnete deshalb deutliche Worte der Kritik für die von der Kommission verursachte Hängepartie. Stracke sagte zu, sich bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dafür einzusetzen, dass der REACH-Prozess mit der längst fälligen Entscheidung zu einem Abschluss komme. Auch mit dem Europaabgeordneten Markus Ferber stehe er dazu bereits in Kontakt. „Für mich ist es vollkommen unverständlich, dass die Entscheidung über Jahre hinweg hinausgezögert wird. Die Situation führt dazu, dass Mitbewerber aus dem EU-Ausland einen Wettbewerbsvorteil haben. Das ist aus umweltpolitischer Sicht kritisch zu betrachten, denn gerade in den Ländern außerhalb der EU werden unsere hohen Umweltstandards nicht eingehalten. Jetzt gilt es, gebündelt zu handeln und für die Unternehmen in unserem Land wieder Planungssicherheit für ihre Produktionsprozesse zu erreichen“, so Stracke abschließend.
Geschrieben von: Redaktion