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Wirtschaft

Aus für Allgäuer Druckerei: Harte Vorwürfe gegen Inhaber Eberl

today1. Juli 2022 66

Hintergrund
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Die Druckerei Eberl & Koesel aus Krugzell hat den Betrieb eingestellt. Im März hatte das Unternehmen Insolvenz angemeldet, Ende Mai erfolgte die Entscheidung zur Schließung. 270 Mitarbeiter sind betroffen, etwa 60 waren im Juni noch mit Endarbeiten beschäftigt, die anderen wurden bereits für Juni freigestellt. In mehreren Kundgebungen äußerten die Mitarbeiter in Immenstadt bereits ihren Unmut über die Art und Weise der Abwicklung. Für sie ist das Verhalten von Geschäftsführer Ulrich Eberl unsozial. Am Samstag wird eine weitere Kundgebung stattfinden.

Im Jahr 2020 hatte die Immenstädter Druckerei Eberl Print die beinahe 500 Jahre alte Druckerei Koesel in Krugzell übernommen und den Betrieb nach Krugzell verlegt. Bereits damals hatten 85 Menschen ihre Arbeit verloren. Nun schließt die Firma ihre Tore. Hintergrund der Insolvenz und darauf folgenden Schließung sind erhebliche Umsatzeinbußen der Werbeindustrie und damit des Druckes von Werbung in Folge der Corona-Pandemie sowie die gestiegenen Papier- und Produktionskosten. Der Buchdruck hingegen, auf den die Druckerei Koesel spezialisiert war, konnte in der Pandemie erhöhte Einnahmen verbuchen.

Eberl & Koesel ist ein Tochterunternehmen der Eberl Mediengruppe. „Mir tut das Schicksal der Firma und besonders der Mitarbeiter unglaublich leid. Wir haben lange gegen die Entwicklungen im Druckgeschäft angekämpft. Mit den Rohstoff- und Energiepreisen, der Pandemie und der Digitalisierung konnten wir die Insolvenz aber nicht verhindern“ sagt Ulrich Eberl gegenüber AllgäuHIT. Für die Muttergesellschaft Eberl Medien und deren Gesellschafter sei ein weiteres Investment in eine weitere notwendige Restrukturierung nicht möglich gewesen.

Rund 270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von der Schließung betroffen. Sie erhielten ab März Insolvenzgeld, seit sie zum Juni freigestellt wurden erhalten sie Arbeitslosengeld – quasi von heute auf morgen haben sie nur noch 60 bis 67 Prozent ihres Gehaltes zur Verfügung, ohne die übliche Übergangszeit einer Kündigungsfrist. Einen Sozialplan und auch einen Interessensausgleich gibt es noch nicht. Am Donnerstag fand vor dem Arbeitsgericht Kempten eine Verhandlung statt, ob ein Vermittler eingesetzt werden soll. Das Urteil liegt schriftlich noch nicht vor.

In Immenstadt, dem ehemaligen Sitz von Eberl Print, fanden bereits mehrere Demonstrationen statt, an denen jeweils 100 bis 150 Menschen teilnahmen. Die Gewerkschaft ver.di wirft Geschäftsführer Ulrich Eberl im Namen der Mitarbeiter verschiedene Versäumnisse vor.

Vorwürfe der Belegschaft

So habe sich die Firma nicht an die gesetzlichen Vorgaben zur Ausarbeitung eines Sozialplanes und eines Interessensausgleichs gehalten. Es habe weder ausreichend Informationen noch die Möglichkeit zur Diskussion eines Sozialplanes gegeben. Zwar sei der Betriebsrat in einer rund zweistündigen Veranstaltung über die Insolvenz informiert worden, jedoch ohne weitergehende Informationen. Im Folgenden sei ein Termin vereinbart worden zu einem Zeitpunkt, an dem der Betriebsrat schon im Vorfeld bekannt gegeben hatte, dass der Ansprechpartner keine Zeit hat.

Grundsätzlich haben die Mitarbeiter bzw. in ihrer Vertretung der Betriebsrat das Recht, gemeinsam mit der Geschäftsführung zu erarbeiten, ob eine Insolvenz vermeidbar ist, wie sie abgewickelt wird, welche Konsequenzen es für den einzelnen Angestellten hat und wie man es für alle Beteiligten bestmöglich lösen kann. Auch über den Zuschlag, den die im Juni verbliebenen rund 65 Mitarbeiter erhalten haben, hätte die Geschäftsleitung eigentlich mit dem Betriebsrat sprechen müssen.

Der Vorsitzende des Betriebsrates sei hingegen gleichzeitig mit allen anderen freigestellt worden, obwohl er ja den Auftrag hat, an der Abwicklung mitzuwirken. Dies hatte für den Mann dahingehend Folgen, dass er zunächst kein Arbeitslosengeld erhalten hatte mit der Begründung von Seiten der Arbeitsagentur, er habe ja noch zu einen Arbeitsauftrag und stünde nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Falls er Geld brauche könne er ja Sozialhilfe beantragen. Inzwischen erhält er Arbeitslosengeld, musste aber einige Wochen ohne überbrücken.

Ein weiterer Vorwurf ist, dass an Stelle der ehemaligen Druckerei in Immenstadt von Eberl nun gebaut wird – 90 Wohnungen, Gewerberäume und ein Kindergarten. Die Mitarbeiter wundern sich hier, dass „er ein Millionenprojekt stemmen kann, aber kein Geld hat für Abfindungen oder eine Transfergesellschaft“, so ein Sprecher von ver.di gegenüber AllgäuHIT. Rechtlich sei es sicherlich kein Problem, aber moralisch absolut nicht in Ordnung, so der Sprecher weiter. Manche Mitarbeiter hätten seit 40 Jahren für Eberl Print gearbeitet und stünden nun auf der Straße. Die nächste Druckerei ist in Nördlingen, gerade den Älteren würde es sicherlich sehr schwer fallen, nun eine neue Arbeit zu finden.

Als unsozial wird Eberl ebenfalls vorgeworfen, dass – trotz der hohen Investitionen, die nun getätigt werden – die Angestellten von Eberl & Koesel seit März zunächst Insolvenzgeld und nun Arbeitslosengeld erhalten und damit von der Allgemeinheit unterstützt werden.

Auf den Demonstrationen wurden auch Vorwürfe aus der Vergangenheit laut – so wird der Geschäftsleitung „Tarifflucht“ vorgeworfen. Tatsächlich ist die damalige Eberl Print 2006 aus dem Tarifvertrag ausgestiegen mit allen Konsequenzen, so wurde die Arbeitszeit erhöht bei gleichbleibendem Gehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen zu Gunsten freiwilliger Sonderzahlungen, Urlaubstage reduziert, Tariferhöhungen in der Druckerbranche nicht gezahlt. Bei einem deutschlandweiten Streik der Gewerkschaft habe Eberl mehrere Male vor Gericht gegen die Streiks geklagt und verloren, in der Firma seien Ausdrucke gehangen, in denen Teilnehmern am Streik mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht wurde.

Weiter, so ein Sprecher der Gewerkschaft, seien nach der Übernahme von Koesel von Seiten der Betriebsführungen einige Fehler gemacht, die letztendlich zu einer schlechteren Produktion geführt hätten.

Ulrich Eberl zu den Vorwürfen

AllgäuHIT hat mit Ulrich Eberl über die Vorwürfe gesprochen. Ihm ist der Vorwurf, „unsozial“ zu sein, zu pauschal formuliert. „Wer mir vorwirft, unsozial zu sein, kennt mich nicht oder hat keine Bezugspunkte“, so Eberl. Zum Vorwurf der Tarifflucht sagt Eberl, dass die beiden Firmen Eberl Print und Koesel unabhängig voneinander entschieden hätten, die Tarifbindung zu verlassen, um Arbeitsbedingungen betrieblich zu gestalten. Arbeitsverträge, die seitdem neu geschlossen wurden, orientierten sich laut Eberl stark am Tarif, versuchten jedoch, die Herausforderungen der Druckerbranche zu berücksichtigen. Über 70 Prozent aller Mitarbeiter stammten aus der Zeit nach 2005 / 2006 und hätten die Arbeitsbedingungen bewusst akzeptiert. „Mit Mitarbeitern, die noch unter Tarifbindung in die Unternehmen gekommen waren, wurde eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 35 Stunden auf 38 bzw. 37,5 Stunden ohne Lohnausgleich vereinbart“, sagt Eberl.

Angesprochen auf den Wohnungsbau in Immenstadt spricht Eberl von „absurder Propaganda“. „Das Wohn- und Gewerbeprojekt in Immenstadt hat mit Eberl & Koesel nichts, rein gar nichts zu tun. Mit dem Umzug von Eberl Print nach Krugzell im Juli 2020 stand fest, dass es für die alten Betriebsflächen eine neue Nutzung geben würde. Die Insolvenz hatte viele Gründe, aber gewiss nicht, weil neue Wohnungen in Immenstadt gebaut werden sollen.“

„Allgemein ist mir wichtig zu sagen, dass der Zusammenschluss der beiden Firmen 2019 in bester Absicht sorgfältig untersucht und entschieden wurde, um beiden Unternehmen eine Zukunft zu geben. Wer etwas anderes behauptet, betreibt ein übles Spiel. Dass im Februar 2020 mit der Pandemie ein Jahrhundertereignis eintreten würde, konnte niemand ahnen. Dies und die weiteren Folgen daraus haben das Projekt leider scheitern lassen“, so Eberl abschließend.

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Geschrieben von: Redaktion

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