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Wer im Allgäu in der Milchwirtschaft arbeitet, hat auch während der Corona-Pandemie alle Hände voll zu tun. Doch obwohl die Umsätze in der Branche steigen, könnten den Beschäftigten Einkommenseinbußen drohen, warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Frischmilch, Käse und Joghurt sind auch in Krisenzeiten stark gefragt. Aber die Unternehmen haben bislang lediglich ein Lohn-Plus von zwei Prozent angeboten.
Dabei liegt die Inflationsrate aktuell bei rund vier Prozent. Damit hätten die Beschäftigten am Monatsende nicht mehr Geld in der Tasche, sondern weniger“, sagt Mustafa Öz, Vorsitzender des NGG-Landesbezirks Bayern. Die Gewerkschaft ruft die Unternehmen dazu auf, ihr Tarif-Angebot für Bayerns Milchwirtschaft deutlich aufzubessern. Doch statt am Verhandlungstisch ein Ergebnis zu erzielen, haben die Arbeitgeber nun die Schlichtung angerufen. Damit sollen offenbar die bereits geplanten Streiks in der Branche verhindert werden, kritisiert die NGG. Sollte die Schlichtung unter dem Vorsitz des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts, Harald Wanhöfer, am 18. Oktober keinen Durchbruch bringen, werde es jedoch bald zu bayernweiten Ausständen in der Milchbranche kommen.
„Von Edelweiss in Kempten über die Hochland-Standorte Heimenkirch und Schongau bis hin zu Nestlé in Biessenhofen und Karwendel in Buchloe: Die Milchbranche ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region“, betont Mustafa Öz. Es könne nicht sein, dass die, die gute Geschäftszahlen erwirtschafteten, beim Einkommen zurückstecken müssten. Nach Angaben der Arbeitsagentur beschäftigt die milchverarbeitende Wirtschaft in Schwaben rund 9.000 Menschen. In ganz Bayern sind es knapp 19.000. Laut Statistischem Landesamt setzte die Branche im vergangenen Jahr im Freistaat 11,9 Milliarden Euro um – 23 Prozent mehr als noch im Jahr 2016.
Die Gewerkschaft verlangt in der laufenden Tarifrunde ein Lohn-Plus von 5,5 Prozent, mindestens aber 180 Euro mehr pro Monat. Die Vergütungen für Azubis sollen ebenfalls um 5,5 Prozent steigen. Außerdem setzt sich die NGG für eine tarifliche Berufsunfähigkeitsversicherung ein.
Das Thema der finanziellen Absicherung im Falle einer Berufsunfähigkeit sei im Zuge der Corona-Pandemie noch einmal in den Fokus gerückt. Doch die Arbeitgeber lehnten die Forderung der Gewerkschaft bislang ab. „Bei einer Berufsunfähigkeit können Beschäftigte sogar in Hartz IV abrutschen, das wollen wir verhindern. Denn die gesetzliche Erwerbsminderungsrente beträgt maximal 36 Prozent des letzten Bruttoeinkommens, 2019 waren das im Durchschnitt nur 827 Euro. Davon sind immer mehr Menschen betroffen – der Handlungsbedarf auch in der Milchbranche ist enorm“, betont Verhandlungsführer Öz. Es sei ein Skandal, dass die Unternehmen Verhandlungen zu diesem Thema sehr schnell eine Absage erteilt haben.
Mit Blick auf die nun anstehende Schlichtung macht Öz deutlich: „Die Beschäftigten waren und sind bereit, für ihre Forderungen die Arbeit niederzulegen. Wenn der Vorschlag des Schlichters unzureichend sein sollte, wird es zu Milch-Streiks in ganz Bayern kommen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“
Geschrieben von: Redaktion