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Politik

Debatte: Mindestlohn in Werkstätten für Menschen mit Behinderung

today21. März 2022 33

Hintergrund
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Lohnt sich die Arbeit in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung – bei dem Lohn? – Diese Frage ploppt etwa alle fünf Jahre aufs Neue auf. Gerade war wiederum von einem „Verdienst“ in Höhe von 209 Euro zu lesen. Dass das ein falsches Bild abgibt, stellte Michael Hauke, Geschäftsführer der Allgäuer Werkstätten GmbH, jetzt in einem Polit-Gespräch mit FDP-Bezirksrätin Daniela Busse und FDP-Kreisrat Michael Käser klar.

„Bei dem Betrag handelt es sich um einen Netto-Betrag, der den Beschäftigen mit Behinderung zur freien Verfügung steht. Davon müssen sie weder Mittagessen, noch Fahrkosten zur Werkstatt zahlen. Auch sämtliche Sozialversicherungsbeiträge werden getragen und es gibt keine Lohnsteuerpflicht. Außerdem haben Beschäftigte in einer Werkstatt nach 20 Jahren Anspruch auf eine sogenannte EU-Rente. Bei einer Werkstattbeschäftigung mit Grundsicherung bedeutet dies eine Altersrente nach 45 Jahren von etwa 1297 Euro, im Vergleich dazu gibt es bei einem Mindestlohn (bei 35-Stunden-Woche) nach 45 Jahren 628 € Rente. „Wenn man diese Zahlen genauer anschaut, dann ist man in den Werkstätten schon ziemlich nah dran an einem fairen Entgelt“, resümierte Käser. Und so wollen Busse und Käser in ihrer Partei auf Landtags- und Bundesebene über dieses System besser aufklären.
 
„Uns ist wichtig, die Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung und das damit verbundene Entgelt nicht nur schwarz-weiß zu sehen. Es klingt natürlich sehr alarmierend, wenn man hört, dass Beschäftigte durchschnittlich 206 Euro pro Monat verdienen. Aber eine solche Schlagzeile wird der Thematik mit Blick auf die verschiedenen Leistungen, die dabei inkludiert sind, nicht gerecht. Die Diskussion um eine Änderung der Entgelte kann durchaus geführt werden, aber mit Blick auf die Forderung nach einem Mindestlohn in Werkstätten muss eben auch deutlich gemacht werden, dass dann andere Leistungen, die derzeit inkludiert sind, wegfallen“, so Bezirksrätin Busse. 
 
Für erneuten Aufruhr hatte unter anderem auch der Aufruf und Podcast von Lukas Krämer aus Rheinland-Pfalz gesorgt. Hierzu meinte Michael Hauke: „Unsere Beschäftigten mit Behinderung sind zufrieden. Die Lohnspanne beträgt hier zwischen 230 und 500 Euro für die Fitteren. Wir sind eine Solidargemeinschaft. 25 Prozent der Beschäftigten erwirtschaften dabei etwa 75 Prozent des Umsatzes. Aber wir haben eben noch die Förderstätten und den Bereich Arbeit Plus. Und derjenige, der nur wenig kann, bekommt eben auch einen Grundlohn – und hat die Sicherheit von Kost und Unkündbarkeit oder auch der späteren Rente. Auf dem freien Arbeitsmarkt wäre das so nicht möglich.“
  
So erklärt sich auch die Anzahl von rund 40 Außenarbeitsplätzen, doch die wenigsten von den Beschäftigten mit Behinderung möchten das „Sicherheitsnetz“, was die Werkstatt bietet, aufgeben.
 
Michael Hauke: „Genau das macht unsere Solidargemeinschaft aus. Es gibt bei uns einige sehr fitte Beschäftigte, unter anderem eine junge Frau. Sie hat es schon zwei Mal auf dem ersten Arbeitsmarkt versucht – war dort aber bei den „Schwächsten“. Hier hingegen gehört sie zu den Top-Kräften. Ähnlich ist es bei einem Mann mit psychischen Beeinträchtigungen. Er erzählt: „Ich würde es da draußen in der Arbeitswelt gar nicht mehr aushalten.“ 
 
Nichtsdestotrotz ist die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e. V. an einer Novellierung der Entlohnung dran. Zu dem Arbeitsteam gehört auch Michael Hauke. Aktuell werden fünf Optionen überdacht: das Basisgeld, der Mindestlohn, das Oellerspapier, der Status quo – und ein Modell, das gerade von den Bundes- und Landesdelegierten der Werkstätten erarbeitet wird. Hauke: „Die Frage stellt sich auch – mehr Geld – wer zahlt das dann?“
 
Bei einem Lohnwechsel auf die Zahlung des Mindestlohns auf dem freien Arbeitsmarkt würde das letztlich bei etwa 310.000 Beschäftigten mit Behinderung in Deutschland eine Summe von 6,2 Millionen Euro bedeuten, die durch die öffentliche Hand getragen werden müsste. „Gleichzeitig wäre das Konstrukt der Werkstatt auf einen „beschützenden Status“ reduziert“, stellte Käser fest. „Wie aber sollen wir dann Aufträge generieren, Häuser Instand halten und notwendige Maschinen kaufen?“ fragte Hauke. Aktuell ist es so, dass 70 Prozent des Arbeitsergebnisses als Lohn ausgeschüttet und 30 Prozent für die Rücklagen verwendet werden – denn auch wenn wir keine Aufträge mehr hätten, müssen wir zumindest noch sechs Monate weiter den Lohn zahlen können.“

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Geschrieben von: Redaktion

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