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Panorama

AllgäuHIT SonnTalk mit Ulrike Müller: Energie im Fokus der EU

today23. Oktober 2022 10

Hintergrund
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Die Energie-Frage steht mehr denn je im Raum. Wie abhängig ist Deutschland von Russlands Gas? Wie weit ist der Ausbau erneuerbarer Energien? Ist die Energieversorgung gesichert? Die Energie-Frage ist zu einem globalen Problem geworden, das regelmäßig Thema im Europäischen Parlament in Brüssel ist. Die Allgäuer EU-Abgeordnete Ulrike Müller hat mit Ingrid Reitenbach im AllgäuHIT SonnTalk über die aktuelle Energieversorgung, Nordstream1 sowie den Winter gesprochen.

AllgäuHIT: Guten Morgen Frau Müller, wir schauen zuerst auf die guten Nachrichten: Die EU produziert seit Beginn des Krieges so viel Strom aus erneuerbaren Energien wie noch nie. Hat die ernste Energielage für die notwendige Motivation gesorgt?

Ulrike Müller: Ich glaube schon, dass ein Umdenken stattgefunden hat in vielen Ländern, die bisher an ihrer aktuellen Energiepolitik festgehalten haben. Deutschland war da immer Vorreiter, auch in Bayern und dem Allgäu sind wir vorbildlich unterwegs, seit Jahrzehnten investieren wir in erneuerbare Energien. Wir haben tolle Menschen, die Weitblick und Visionen haben und das auch umgesetzt haben. Innerhalb Europas war das lange nicht so. Jetzt wird massiv investiert, in Wind- Wasserkraft und Photovoltaik. Die Wasserstoffoffensive wird ebenfalls von der EU begleitet und finanziert. Das ist jetzt ausgebaut worden, das ist zu begrüßen.

AllgäuHIT: Wir schauen auf ein besonders gelungenes Beispiel aus der Region: Die Oberallgäuer Gemeinde Wildpoldsried. Seit Jahren ein Vorbild in Sachen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Jetzt wird der Ort regelmäßig besucht, weil jeder wissen möchte, wie das möglich ist viel mehr Strom zu erzeugen als benötigt wird. Geht das so einfach? Es auch so zu machen, nur woanders?

Ulrike Müller: Ich bin der festen Überzeugung, dass das Beispiel Wildpoldsried überall funktionieren würde. Wir haben hier große Bürgerbeteiligungsprozesse, wir haben aber auch volles Mitarbeiten der Bürger in Sachen Energieeinsparung. All die Dinge, die hier gemacht werden, neben der Speicherung der überschüssigen Energie, hier ist Wildpoldsried grandios. Ich weiß von der Gemeinde und auch dem zweiten Bürgermeister, dass aus der ganzen Welt Besuchergruppen kommen und er alle führt. Ich selbst hatte im Juni 2022 eine neuseeländische Abgeordnete in der Region, die Wildpoldsried besucht hat und sich das vorbildliche Handeln als Anregung mitgenommen haben. Ein tolles Projekt sind die Solarkoffer, die zum Beispiel in Afrika einfach aufgestellt werden können und Energie erzeugen für Handy laden oder den täglichen Bedarf von kleinen Geräten.

 

AllgäuHIT: Als wir uns das letzte Mal unterhalten haben, lief noch Gas aus Russland nach Deutschland. Jetzt ist Nordstream 1 beschädigt, Nordstream 2 wird wegen des Ukraine-Krieges nicht in Betrieb gehen. Ist das nun gut oder schlecht, dass wir kein russisches Gas mehr beziehen?

Ulrike Müller: Ja, ich glaube wir haben in Europa wirklich erkannt, dass wir energieautark werden können. Ich habe vor fünf, sechs Jahren gesagt, dass Europa eigenständig werden muss. Wir brauchen eine gemeinsame Verteidigungs-, Energie- und Jugendpolitik sowie eine gemeinsame Ernährungssicherung, das sind Grunddinge, die Europa leisten muss. Ich bin stolz, dass einige Länder, die dieser Meinung vorher nicht waren, dass wir sie überzeugt haben, dass es im gemeinsamen Handeln funktioniert. Es sind noch ein paar Länder da, die denken, das geht auch ohne. Aber wir haben doch Anträge von 16 EU-Staaten, die einen europäischen Gaspreisdecken wollen. Das kann ich voll unterstützen, weil wir bezahlbare Energie für die Bürger zur Verfügung stellen müssen.

Zur Versorgungssicherheit bei uns, die Lage ist angespannt, aber wir sind trotzdem sehr gut unterwegs. Die bayerischen Gasspeicher sind bis zu 93 Prozent gefüllt. Von daher schaut die Lage ordentlich aus. Trotzdem muss jeder Einzelne überlegen, wo Energie eingespart werden kann, dass es für die Industriezweige reicht. Ehrlicherweise muss man sagen, es geht nicht darum, dass ich einen Industriebetrieb stützte. Es geht darum, dass ich die Arbeitsplätze erhalte, dass sie leben können, und das ist unsere Verantwortung.

Nordstream 1 ist ein Sabotageakt, wir haben jetzt nähere Informationen. Es sind 50 Meter in die Luft gesprengt worden, wie auch immer, wir haben jetzt unterschiedliche Aussagen. Aber wir gehen von einer Sabotage aus und jetzt müssen wir mit allen Möglichkeiten schauen, wie wir die Versorgung mit bezahlbarer Energie für die Bürger gewährleisten.

AllgäuHIT: Um einen Überblick zu schaffen, wo kommt das Gas aktuell her? Welchen Teil werden hier die Vereinigten Arabischen Emirate leisten?

Ulrike Müller: Natürlich kauft Deutschland, Deutschland ist ein reicher Staat. Die EU-Staaten, die den Gaspreisdeckel fordern, sind Italien, Griechenland, Belgien, Frankreich. Sie haben nicht so viel Budget wie Deutschland, um auf dem großen, globalen Weltmarkt höhere Preis zu bezahlen. Im Moment kommt viel, vor allem LMG-Gas aus Kanada, USA, auch Fracking Gas – das sind solche Dinge, die wir nicht wollten. Aber im Moment haben wir keine andere Alternative. Wir müssen auch von den Arabischen Emiraten Öl und Gas einkaufen. Deutschland kauf im Prinzip überall ein, wo es Möglichkeiten gibt. Die LMG-Terminals werden gebaut, die werden bald zur Verfügung stehen. Ich hoffe aber, dass sich Deutschland solidarisch erklärt gegenüber den anderen Ländern.

 

AllgäuHIT: Wer seine Gasrechnung das erste Mal gesehen hat, musste zwei Mal hinschauen. Wir fangen bei den Haushalten an. Wie helfen hier die europäischen Länder ihrer Bevölkerung im Vergleich zu Deutschland?

Ulrike Müller: Die Franzosen haben den Preisdeckel eingeführt, sie haben auch jede Menge Atomenergie, das ist für sie relativ leicht zu deckeln. Die anderen Länder geben Zuschüsse, einige sind abhängig von Russland, wenn ich an Bulgarien denke.  In Ungarn läuft Gas noch ein bisschen. Es läuft im Grunde über Zuschüsse oder Preisdeckel. Das ist etwas, was wir in Deutschland auch brauchen, einen Energiepreisdeckel bei Strom und Gas.

Wir haben Vorschläge, dass die Mehrwertsteuer auf 7 Prozent gesenkt werden muss. Das sind weniger Einnahmen für den Staat, aber für den Bürger macht es ganz viel aus. Dazu müssen wir parallel erneuerbare Energien ausbauen. Wir müssen die Dinge nutzen, die wir haben, wie Biogasanlasen, die noch Potential haben. Wir brauchen unsere relevanten Atomkraftwerke. Mir wäre es lieber, sie wären bis Ende 2023 am Netz, damit wir den Ausbau von neuerbauten Energien ausbauen.

Wir werden im Allgäu über Windenergie sprechen müssen, das ist immer noch eine gute Alternative. Wir müssen auch im Bereich der Wasserkraft etwas machen. Es gibt inzwischen flachlaufende Turbinen, die mit niedrigem Wasser klarkommen, wo fische durchschwimmen können und wo Energie erzeugt wird.

 

AllgäuHIT: Zum Schluss schauen wir noch auf die nächsten Monate. Im Allgäu wird es recht kalt – außer wir bekommen einen milden Winter. Der ein oder andere zeigt sich besorgt, worauf können Sie uns alle einstimmen?

Ulrike Müller: Ich glaube, wir dürfen uns nicht verrückt machen. Wir wissen, dass die Allgäuer hervorragend zusammenstehen können. Wir wissen, dass wir Menschen haben, die mit pragmatischem Handeln schauen, dass sie Lösungen erarbeiten. Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um die Bezahlbarkeit der Energie für die Bürger zu gewährleisten und dann muss man in die Tasche greifen. Aus unserer Sicht brauchen wir dringend den Energiepreisdeckel, das fordern wir. Wir wollen niemanden in der Kälte stehen lassen. Im nächsten Frühling schauen wir, wie es gelaufen ist. Wir werden intensiv daran arbeiten, dass die Lösungen schnell kommen und die Allgäuer sind so kreativ, darauf bin ich stolz. Wir schaffen das schon.

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Geschrieben von: Redaktion

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