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SonnTalk mit den Bundestagskandidatinnen und -kandidaten für den Wahlkreis Oberallgäu-Kempten-Lindau – auch die Themen Pflege und Sozialer Wohnungsbau standen auf dem Diskussionsprogramm. Dass dringend etwas gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Personalmangel in der Altenpflege unternommen werden muss, darin waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Wie die Probleme gelöst werden können – dazu haben sie verschiedene Lösungsansätze.
Oftmals vergessen werden laut Stephan Thomae (FDP) die pflegenden Angehörigen. Diese machen einen Großteil der Pflegenden aus. Ein Lösungsansatz der FDP ist ein sogenanntes Pflegebudget – hier können die Angehörigen entscheiden, ob sie einen Teil der Pflege selbst übernehmen und ihren Lohnausfall mit einem Teil des Budgets abdecken und einen Teil in professionelle Pflege investieren wollen, ob sie die Pflege ganz stemmen wollen oder ihre Angehörigen voll durch professionelle Pflege betreut haben wollen. Zum Thema Finanzierung schlagen die Liberalen sogenannte „Kapitaldeckungselemente“ der Altersvorsorge vor, vergleichbar mit dem schwedischen oder kanadischen Modell. Hier wird ein Teil der gesetzlichen Altersvorsorge unter anderem in Aktien investiert – ein Modell das, wie Thomae hervorhebt, nicht von heute auf morgen entstehen kann sondern jahrzehntelanges Wachstum verlangt.
Martin Holderied von der SPD stellt die Frage in den Vordergrund, wofür das Geld benötigt wird. Es herrscht ein massiver Pflegenotstand, so Holderied. Pflegende Angehörige müssen durch den Ausbau von Kurzzeitpflege unterstützt werden. Auch werden deutschlandweit rund 100.000 neue Pflegekräfte benötigt. Holderied hebt hervor, dass man diese nicht einfach aus anderen europäischen Ländern abwerben kann, sonst herrscht dort der Pflegenotstand, der in Deutschland behoben würde. Die SPD schlägt eine „Pflegeauszeit“ für pflegende Angehörige für 6 Wochen vor, in denen die Pflegenden einen vollen arbeitgeberfinanzierten Lohnausgleich bekommen sollen. Er, Holderied, hätte allerdings auch nichts gegen eine kürzere Zeitspanne und eine staatliche Finanzierung.
Pius Bandtke, Bundestagskandidat der Grünen, bringt neben der Kurzzeit- und Tagespflege auch die ambulante Pflege ins Gespräch. Die ambulante Pflege schließt laut ihm wichtige Lücken, damit pflegebedürftige Menschen länger zu Hause leben können. Allerdings sei dies ein sehr schwieriges Arbeitsumfeld mit anspruchsvoller, schwerer Arbeit, weshalb auch hier Personalmangel herrscht. Für Bandtke ist es wichtig, dass auch für die ambulante Pflege mehr Menschen gewonnen werden müssen.
CSU-Kandidatin Mechthilde Wittmann sieht die Frage nach der Finanzierung der Pflege als einen sehr wichtigen Punkt an. Schließlich muss das Geld erst mal erwirtschaftet werden, bevor es ausgegeben werden kann. Die Bevölkerung dürfe nicht noch mehr belastet werden als sie sowieso schon ist. Ein Großteil der Pflege, so Wittmann, geschieht zu Hause, vor allem durch Frauen. Hier spielt auch der Familienzusammenhalt eine große Rolle, die Menschen wollen ihre Angehörigen zu Hause behalten. Besonders schlimm sei es, wenn pflegebedürftige Menschen in Heime in andere Länder wie beispielsweise Polen müssten, weil hier in Deutschland ihre Pflege nicht gewährleistet werden kann.
Die Linke fordert eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, erklärt Engelbert Blessing. Derzeit gibt es eine große Diskrepanz zwischen denen, die in die Pflegeversicherung einzahlen und denen, die davon profitieren. Damit könnte man die Frage, wie das Geld für die Pflege erwirtschaftet wird, beantwortet werden. Blessing gibt zudem zu bedenken, dass auf Familien, in denen Angehörige gepflegt werden, ein hoher finanzieller Druck lastet. Schließlich reicht ein Einkommen selten aus, wenn der Ehepartner zu Hause ist und einen Angehörigen pflegt. Daher fordert seine Partei auch eine Anhebung des Mindestlohns auf 13 Euro pro Stunde.
Geht es nach dem Willen der AfD, werden die Pflegeversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung zusammengelegt. Weiter will sie eine generalisierte Pflegeversicherung und eine Personaluntergrenze in Pflegeeinrichtungen. Wie AfD-Kandidat Rainer Rothfuß betont, müsse man damit aufhören, Pflegekräfte als schwächstes Glied in der Pflege auszubeuten. Die Gehälter müssten steigen. Auch müsse die private Pflege mehr gewertschätzt werden, beispielsweise durch ein „Pflegegeld“ ähnlich dem Elterngeld. Die Zahl der Plätze in Pflegeeinrichtungen ist laut Rothfuß bereits jetzt zu gering, auch hier müsse dringend etwas getan werden.
Sozialer Wohnungsbau
Ein weiteres Thema, das AllgäuHIT-Moderator Norbert Kolz beim SonnTalk anschnitt, war der Wohnungsbau. Einig waren sich alle darin, dass es an günstigem Wohnraum oder an Sozialwohnungen fehlt. Wie das Problem gelöst werden kann – auch hier gab es unterschiedliche Ansätze.
Rainer Rothfuß hebt hervor, dass Arbeitnehmer mit niedrigerem Einkommen oftmals netto zu wenig übrig haben, um die Miete zu zahlen. Hier ist für die AfD Wohngeld ein Thema. Auch gebe es in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern zu wenig Wohneigentum. Daher will die AfD die Grunderwerbssteuer abschaffen. Dadurch würde sich der Staat Geld sparen, wenn Menschen im Alter im Eigentum leben und nicht auf staatliche Unterstützung bei der Miete angewiesen sind.
Die Linke, so Engelbert Blessing, fordert in den Städten eine Mietobergrenze, damit Menschen mit geringem Einkommen nicht ins Umland ziehen müssen und zur Arbeit in die Stadt pendeln müssen, um sich eine Wohnung leisten zu können. Wohnungen werden seiner Meinung nach oft als Spekulationsobjekte genutzt, mit dem Ergebnis eines hohen Leerstands an Wohnungen.
Ganz im Gegensatz dazu sieht Mechthilde Wittmann eine Mietobergrenze als problematisch an. Gerade private Investoren werden hier abgeschreckt, da sie bei geringen Mieten weniger bis gar kein „Plus“ machen. Weiter betont Wittmann, müssten gesetzliche Vorgaben abgeschafft werden, die den Wohnungsbau behindern wie zum Beispiel das Verbot, auf Baumärkten oder Supermärkten, sogenanntem stillen Gewerbe, Wohnungen zu schaffen. Auch müsse man einfach mit unterschiedlichen Wohnstandards leben – eine Wohnung, die vielleicht nicht gerade eine Extra-Toilette oder drei Schlafzimmer habe oder eine Altbauwohnung sei wesentlich günstiger als eine moderne Neubauwohnung und genüge oftmals den Ansprüchen auch.
Pius Bandtke, Grüne, brachte die Soziale Bodennutzung wie sie beispielsweise in und um Lindau gelte, ins Gespräch. Investoren müssen einen bestimmten Prozentsatz an Grund, in Lindau sind es 30 Prozent, für Sozialen Wohnungsbau nutzen. Auch sind die Grünen für eine Mietpreisbremse auch im Bestand.
Einen kritischen Punkt der Mietpreisbremse formulierte Martin Holderied: Alle drei Jahre dürfen die Eigentümer die Miete um 15 Prozent erhöhen – jedoch verdiene kaum ein Arbeitnehmer alle drei Jahre automatisch auch 15 Prozent mehr. Holderied erzählte zudem von den hohen Hürden, die zum Erhalt von Fördermitteln für den Sozialen Wohnungsbau zu überwinden sind.
Für Stephan Thomae, FDP, ist der Mietpreis nur das Ergebnis eines Problems: Das Angebot an Wohnungen unterschreitet die Nachfrage bei Weitem. Thomae plädiert für verschiedene Lösungsansätze, von der Nachverdichtung in Innenstädten über geänderte Bauvorschriften bis hin zu mehr Wohnraum auch in Mischgebieten. Laut Thomae wirkt eine Mietpreisbremse nur punktuell und kurzfristig, aber nicht auf lange Sicht.
Auf Nachfrage von Moderator Norbert Kolz sprachen sich bis auf Engelbert Blessing von der Linken alle Kandidaten gegen Enteignungen von großen Wohnkonzernen aus, wie sie in Berlin gefordert werden.
Geschrieben von: Redaktion