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Programm

AllgäuHIT SonnTalk mit Pfarrer i.R. Wolfgang Bihler

today21. Februar 2022 26

Hintergrund
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Ein Bericht von Norbert Kolz

Pfarrer i.R. Wolfgang Bihler aus Lindau war am Wochenende im SonnTalk von Radio AllgäuHIT. Er äußerte sich im Interview bei Norbert Kolz zu den Mißbrauchsvorwürfen in der Kirche und zum emeritierten Papst Benedikt XVI.

Er war 19 Jahre Pfarrer in der Pfarrei St-Ludwig in Lindau-Aeschach. Seit 2017 ist er im Ruhestand, vielleicht sollte man besser sagen im Unruhestand, denn er steht immer noch als Pfarrer bei Messen in der Kirche vorne am Altar und gestaltet den Gottesdienst. So ganz lässt ihn die Kirche nicht los, denn er ist mit Herz und Verstand als treuer Diener da für seine Kirche, auch im Ruhestand.

Beim Gespräch in der SonnTalk-Sendung von Radio AllgäuHIT bei Norbert Kolz spürt man seine Verbundenheit, sein Herz für die Institution Kirche. Aber, und das zeichnet ihn auch aus, man hört von ihm kritische Äußerungen, Bewertungen über das was in der Kirche derzeit vor sich geht und welche Rolle die Medien dabei eingenommen haben.

Auf die Frage, ob er dem Interview auch zugestimmt hätte, wenn er noch aktiv im Dienst wäre sagt Pfarrer Bihler, dass er dies dann auch getan hätte, wenn auch vorsichtiger und zurückhaltender. Bei der Frage nach seiner Entscheidung vor der Priesterweihe 1973 Pfarrer zu werden, wenn die Kirche zu dieser Zeit schon so massiv in der Kritik gestanden wäre gesteht er, dass er damals sich seiner Sache nicht ganz sicher war und er wusste, dass es ein Wagnis sein würde. Letztlich verließ er sich auf Gott, der ihm wohl das Gefühl gab diesen Schritt zu gehen, unabhängig von der gegebenen Situation der Kirche. Damals war für ihn klar, dass die Kirche als Arbeitgeber personalbestimmt arbeitet und das Personal der Kirche nicht immer so war oder ist, wie man es sich vorstellt.

Ich war schockiert was alles möglich ist, ich war betroffen.

Als er zum ersten Mal von den Vorwürfen ganz konkret hörte war er schockiert und entsetzt darüber. Entsetzt war er aber auch darüber, dass er bei Kollegen feststellen musste, wie schnell man „zur Sau gemacht werden kann“. Irgendein Verdacht und schon geht das Gerede los. Es war eine ungute Stimmung, auf der einen Seite etwas was wirklich nicht zu verteidigen ist und auf der anderen Seite ein Ausgeliefertsein bei Leuten die einem nicht gut gesinnt sind. Für ihn hat das Verhalten der Kirche genau so zu dieser unguten Stimmung geführt, wie auch teilweise die Medien, zumindest hätten die Medien eine Mitschuld. Seitens der Kirche wurde vertuscht, hat die Problematik nicht ernst genommen, aber es hat auch Situationen gegeben, wo einfach etwas aufgebauscht wurde, was so nicht wahr. Pfarrer Bihler stellt aber auch klar, dass heute verschärfte Anweisungen gelten, dahingehend, dass beim geringsten Verdacht die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird. Selbst wenn man unschuldig ist und der Fall bei der Staatsanwaltschaft liegt, ist man ruiniert für den Rest seines Lebens.

Vorgänge in der Kirche sind Verbrechen

Auch die Weigerung der Kirche, sich bei der Aufarbeitung den weltlichen Institutionen unterzuordnen sieht Pfarrer Bihler problematisch. Er sieht die Vorgänge nicht als Versagen innerhalb der Kirche, sondern als Verbrechen, die nach den geltenden Gesetzen einfach nicht gehen und daher ist es durchaus gerechtfertigt, dass dies dann auch die weltliche Gesetzgebung übernimmt.

Zölibat ist an vielem Schuld aber nicht an allem

Ein schwieriges Thema in der Kirche ist das Zölibat, das, so ist sich Bihler sicher, ein Teil des Problems ist, das Zölibat sei an vielem Schuld, aber nicht an allem. Der Ansatz, dass auch wissenschaftlich das Zölibat als ein großes Problem gesehen wird, ist nach Bihlers Auffassung als Ansatz so nicht richtig. Er verweist darauf, dass schon seit einiger Zeit innerhalb der Kirche ein Priestermangel besteht und manche Bischöfe seien heilfroh, wenn sie Personal bekämen.

Es gäbe Diözesen, die schon seit Jahren keine Priester mehr geweiht hätten. Hier sei die Gefahr groß, dass man alles nimmt, was man bekommen kann. Nach Bihlers Meinung liegt hier der Fehler, dass man eben alles nimmt was, salopp gesprochen, gerade so daherkommt. Wichtig sei es, dass bei der Auswahl des Personals mehr auf die Qualität geachtet wird und das dabei das Zölibat nicht ein Hindernis sein sollte. In der Vergangenheit seien Bewerber genommen worden, ohne dass diese charakterlich geeignet gewesen wären. Oft ging es nur darum, dass die Zahlen am Ende stimmen.

Wo ich das gehört habe, war ich auch maßlos enttäuscht

Angesprochen auf das widersprüchliche Verhalten des emeritierten Papstes Benedikt XVI, damals Kardinal, zeigt sich Bihler irritiert. „Wo ich das gehört habe, war ich auch maßlos enttäuscht“. Aber wenn man sich näher mit dem Thema befasst, muss man feststellen, dass es sich etwas anders darstellt, als es auch in den Medien berichtet wird. Benedikt hätte zwar das Gutachten bekommen, aber in seinem Alter nicht alleine durcharbeiten können. Dazu gäbe es Mitarbeiter, aber hier fängt das Problem an. Die Mitarbeiter Benedikts hätten bei der Bearbeitung und Aufarbeitung der Sitzungsunterlagen einer Ordinariatssitzung, in der es um die Aufnahme eines Priesters aus Essen in die Diözese München ging, dem Missbrauch vorgeworfen wurde unterstellt, dass es nicht um die Teilnahme von Benedikt ging, sondern um die Teilnahme eines Generalvikars an der Sitzung. So interpretiert wurde dann behauptet Benedikt sei nicht dabei gewesen, was nachweislich der Protokolle nicht stimmt.

Mit offenen Karten, hätte man anders reagieren müssen

Auch sei bei der Personalie dieses Priesters aus Essen, dem Missbrauch vorgeworfen wurde, sehr zurückhaltend informiert worden, sodass das das Ergebnis der Sitzung war, diesen Priester in München zu einer Therapie aufzunehmen, aber, wie gesagt, mit dürftigen Informationen. Auf die Bemerkung von Moderator Norbert Kolz, dass nur schwer zu glauben sei, dass München den notwendigen Informationsstand zum betroffenen Priester nicht hatte. Schließlich ginge es ja um eine Therapie zu seinem Verhalten, also den Missbrauch, und nicht um eine Therapie zur Raucherentwöhnung. Hier ist Bihler überfragt, wie weit es konkret bei den Informationen gegangen sei, wie weit der Informationsfluss war. Wenn mit offenen Karten gespielt worden wäre, hätte man natürlich anders reagieren müssen, hätte man vor allem diesen betreffenden Priester auch besser überwachen müssen. Interessant sei, dass der betreffende Pfarrer sehr aktiv und beliebt war und das es aber auch schon Verdachtsmomente gab. Da hätte man sicher mehr nachgreifen müssen. Aber das wäre nicht mehr Sache vom Erzbischof gewesen, sondern von Ordinariat.

Rolle des emeritierten Papstes Benedikt XVI problematisch

So sieht Wolfgang Bihler auch die Rolle des emeritierten Papstes seit seinem Rücktritt im Jahr 2013 problematisch. Innerkirchlich würde dies sehr uneinheitlich diskutiert. Benedikt XVI lebe in einem geistlichen Gefängnis im Vatikan, aber das sei wohl besser so. Norbert Kolz fragt, ob es vielleicht auch besser gewesen wäre, wenn Benedikt auch mal die Füße von Menschen gewaschen hätte, wie Franziskus, dies getan hat. Darauf Pfarrer Bihler: "Benedikt hat nicht nur die Füße gewaschen, er hat vor allen Dingen anderen den Kopf gewaschen“.

Es ist manches passiert wo man sich vielleicht etwas schämt

Bei der Frage, ob es einen Moment gab, wo er sich für die Kirche geschämt habe, kommt eine lange Pause und meint dann, es käme darauf an, verweist darauf, dass die Kirche aus Menschen bestünde und es keinen Menschen gäbe der nur schlecht, und auch keinen Menschen der nur gut sei, das müsse man nüchtern sehen. Es sei sicher manches passiert wo man sagt, das geht nicht, wo man sich vielleicht etwas schämt. Aber man muss auch bescheiden sein und sagen und fragen, ist bei mir alles in Ordnung, müssen sich manche nicht auch wegen mir schämen.

Nicht austreten, sondern auftreten

Bleibt am Ende die Frage, was Pfarrer Bihler einer Gläubigen oder einem Gläubigen sagt, der mit seiner Kirche hadert und an Austritt denkt. Pfarrer Wolfgang Bihler wörtlich: "Es gibt einen einfachen Spruch, eine Ermutigung die lautet, nicht austreten, sondern auftreten und das wäre das was wir bräuchten, nicht einfach Leute sagen, ich mag nicht mehr, der Laden reicht mir, sondern die wirklich hinstehen und versuchen auch etwas zu verändern, wo man was ändern kann, Auftreten nicht austreten."

 

 

 

 

 

 

 

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Geschrieben von: Redaktion

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