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Panorama

Kann eine Blue Lane das Verkehrschaos im Oberallgäu lösen?

today13. Januar 2022 25

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Ein Bericht von Isabelle Tausend

Wäre eine "Blue Lane", wie sie bereits zur IAA in München zur umweltgerechten Besucherlenkung erfolgreich eingerichtet wurde, auch im Oberallgäu zur Entzerrung der Verkehrsströme in Richtung Oberstdorf denkbar? Michael Finger, Kreisvorstand der ÖDP und UB Oberallgäu sagt ja. Das Oberallgäuer Landratsamt sieht den Vorschlag hingegen weniger rosig.

Das Allgäu ist eine Touristenhochburg. Das zieht nicht nur viel Verkehr nach sich, sondern auch eine hohe Umweltbelastung. Mit der Realisierung des Pilotprojekts der sogenannten Blue Lane im Rahmen der IAA ist München zu einem Vorreiter in Sachen umweltgerechte Besucherlenkung geworden. Dabei ist eine Blue Lane eine privilegierte Straße, die nur von bestimmten Nutzergruppen befahren werden darf.

Auch im Allgäu ist ein derartiges Projekt im Gespräch. AllgäuHIT befragte hierzu Michael Finger, Kreisvorstand der ÖDP und UB Oberallgäu, der die Forderung stellte. Die möglichen Komplikationen des Projekts erläutert Franziska Springer, die Pressesprecherin im Landratsamt Oberallgäu.

Michael Finger – "Die Blue Lane bietet viele Chancen"

Michael Finger, Kreisvorstand der ÖDP und UB Oberallgäu, fordert eine Blue Lane auf der OA4 zwischen Sonthofen und Oberstdorf. Um die Begrifflichkeit zu erläutern erklärt er zunächst: "Die Blue Lane ist im Endeffekt eine privilegierte Straße, auf der nur bestimmte Autofahrer, der ÖPNV, die Feuerwehr, Elektrofahrzeuge oder Fahrzeuge mit einer gewissen Anzahl an Personen fahren dürfen".

Laut dem Kreisvorstand der ÖDP und UB Oberallgäu entlastet man durch diese Verkehrsaufspaltung die Verkehrswege, da nicht mehr alle auf einer Straße fahren. Stattdessen sind nur bestimmte Nutzergruppen auf bestimmten Straßen zugelassen, wodurch der Verkehr besser fließen kann. "Die Blue Lane ist eine Idee, um eine Lösung zu erwirken", fügt er hinzu. 

Lösung für Besucherlenkung
Es handelt sich also um eine Lösung für die Besucherlenkung im südlichen Oberallgäu. Die Entscheidung für diese Straße begründet Michael Finger damit, dass es zwei Straßen gibt, die ins südliche Oberallgäu nach Oberstdorf führen. "Das ist einmal die B19 als Hauptschlagader und die alte Zubringerstraße, die OA4. Die Straße verläuft über Altstädten, Schöllang bis Obertdorf und fast parallel zur B19", erklärt er. Da das südliche Oberallgäu extrem unter dem durchgehenden Tagesverkehr leide, biete sich also an, für das Pilotprojekt eine der beiden Straße herauszunehmen. "Dabei könnte man eine Straße priorisieren, das wäre in diesem Fall die OA4. Sie ist ebenso wie die B19 einspurig, führt allerdings über die Dörfer", so der Kreisvorstand. Durch das Pilotprojekt könne eine Entlastung der Dörfer Altstädten, Schöllang, Rubi und Oberstdorf realisiert werden und im Umkehrschluss könne auch die B19 entlastet werden. 

Wir müssen uns Fehler erlauben
Michael Finger weist zudem auf die Chancen und Herausforderungen des Projekts hin: "Fließender Verkehr produziert weniger Belastungen, Lärm und Abgase. Die Chance ist natürlich, dass wir alle den Tagesverkehr für uns erträglicher gestalten. Das Problem könnte allerdings sein, dass ein besser laufender Verkehr die Menschen dazu motiviert, vermehrt hier entlangzufahren. Aber wenn wir uns nie Fehler erlauben, werden wir niemals lernen können und herausfinden, ob die Umsetzung richtig oder falsch war. Es wäre ja zunächst auch nur ein Pilotprojekt, also kein Dauerzustand", so Finger. 

Blue Lane – Die Lösung für den Stau 
Was die Reaktionen der Bevölkerung angeht, ist sich Michael Finger sicher: "Ich glaube, die Leute sind bestimmt offen für ein solches Projekt, da alle, die hier wohnen und im Stau stehen, nach Lösungen suchen. Im Endeffekt wird kein Verkehrsteilnehmer diskriminiert, da jeder eine Straße zum Fahren zur Verfügung gestellt bekommt". Durch die Aufteilung des Verkehrs soll versucht werden, dass beispielsweise Busse nur auf einer Strecke fahren und somit aus dem Stau herausgenommen werden können. Genauso bräuchten Fahrzeuge, die in gewissen Bereichen sinnig sind, wie beispielsweise die Feuerwehr oder Rettungsdienste, freie Straßen. "Für die Ausarbeitung bin ich ja noch offen, aber eine Straße muss privilegiert werden, so sehe ich das". 

 

Blue Lane –  Welche Komplikationen es geben könnte 

Die Forderung von Michael Finger ist beim Landratsamt Oberallgäu eingegangen. Wie seitens des Landratsamts mit der Forderung umgegangen und weiter verfahren wird, fragt Radio AllgäuHIT bei Franziska Springer, Pressesprecherin des Landratsamtes Oberallgäu, nach. 

Laut Franziska Springer stellt sich im Fall der OA 4 die grundsätzliche Frage, inwieweit die Benutzung der Straße, wenn auch nur teilweise, dem „normalen“ Verkehrsteilnehmer untersagt werden kann. Sie begründet es damit, dass es sich um eine sogennante qualifizierte Straße handle, die aus ihrem eigentlichen Widmungszweck heraus ganz speziell die Aufgabe habe, überörtlichen Verkehr aufzunehmen. "Mit der Umsetzung einer Blue Lane würde man sich gegebenenfalls genau über dieses Widmungsrecht stellen, was unter Umständen rechtlich nicht so einfach möglich wäre", erklärt sie. Der Unterschied zum Beispiel zu München sei, dass dies dort nur einen Teil der Fahrstreifen betreffe. Für diesen Fall bleibe der Widmungszweck unberührt, da sich Personen immer noch in den Stau stellen können.

"In München wird ein Angebot für nachhaltige Verkehrsteilnehmer geschaffen. Allerdings wird im Grunde kein Verkehrsteilnehmer von seinem, der Widmung entsprechenden, Benutzungsrecht ausgeschlossen", ergänzt die Landratsamtssprecherin. Das sähe bei der OA 4, mit nur einem Fahrstreifen pro Fahrtrichtung, ganz anders aus."Vor diesem Hintergrund nehmen wir die Ideen gerne auf und behalten diese im Hinterkopf, bis wir eine genauere rechtliche Prüfung dazu durchführen können". 

Kontrollinstanz fehlt 
Die Dauer von der rechtlichen Prüfung bis hin zum Start der Umsetzung kann unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen. In diesem Fall wäre es zunächst geboten, das Problem der Widmungsverhältnisse und der Nutzungsrechte, auch unter Beteiligung weiterer Stellen, zu beleuchten. Franziska Springer erläutert zudem weitere Komplikationen, die nachrangig noch zu klären wären. "Offenbar besteht der Wunsch, dass nur noch Anlieger, ÖPNV, Elektro-Fahrzeuge, Taxis und dergleichen die OA 4 nutzen dürfen". Allerdings funktioniere „Anlieger frei“ in Deutschland erfahrungsgemäß nicht, weil jeder leicht ein Anliegen habe. "Beispielsweise, wenn eine Person zum Bäcker fahren oder jemandem einen Besuch abstatten möchte". Außerdem bräuchte es eine Kontrollinstanz, die das „Anlieger frei“ engmaschig kontrolliert. Aufgrund mangelnder Zeit fehle diese Kontrollinstanz. " Das bedeutet in der Praxis, dass „Anlieger frei“ quasi gänzlich ungeahndet bleibt, weil nicht respektive zu wenig kontrolliert wird."

Das Ministerium ist der richtige Ansprechpartner
In Hinblick auf den weiteren Verlauf sagt die Sprecherin: "Soweit man das Thema weiter verfolgen möchte, wäre der Weg über das zuständige Ministerium möglicherweise eine Chance, um zu erfahren, ob man so einen Modellversuch starten könnte oder, ob es unter den genannten Voraussetzungen direkt abgewunken wird". Das können die Antragstellenden durchaus auch selbst tun. Die Allgäu GmbH sei ergänzend damit betraut, Untersuchungen zur Besucherlenkung vorzunehmen.

Fördergelder – Das könnte gefördert werden
Will man die Förderungsmöglichkeiten eines solchen Projekts abfragen, rät die Sprecherin Folgendes: "Die Abklärung einer möglichen Förderung wäre ebenfalls passend beim Ministerium platziert". Dies könne zusammen mit der generellen Anfrage, inwieweit dort die rechtliche Umsetzungsmöglichkeit einer Blue Lane, im Beispielfall einer nur einspurigen Kreisstraße pro Fahrtrichtung, gesehen wird, eingereicht werden. Im Falle von Fördermöglichkeiten wäre die Abwicklung und Antragstellung bei dem jeweiligen Straßenbaulastträger, in diesem Fall der Kreistiefbauverwaltung angesiedelt.  "Diese kommt in der Folge eines solchen Projekts für die abschließende Umsetzung und den Unterhalt der Straße, wie beispielsweise Verkehrsschilder, auf. Zudem ist es für die Finanzierung, beziehungweise die Bereitstellung von Mitteln, verantwortlich", so Franziska Springer. Es würde bei so einer Förderung vermutlich allenfalls darum gehen können, dass dem Straßenbaulastträger die Kosten für die Umsetzung anteilig ersetzt werden.

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Written by: Redaktion

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