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Panorama

Es wird eng am Berg – wie sieht die Zukunft des Tourismus aus?

today12. Oktober 2021 22

Hintergrund
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Bei der Podiumsdiskussion „Es wird eng am Berg!“ diskutierten am vergangenen Freitagabend Vertreter aus Politik, Tourismus, Naturschutz, Alpenverein und Bergsport zum Thema Massenandrang und Besucherlenkung in den Allgäuer Alpen. Die Diskussion wurde von der DAV-Sektion Allgäu-Kempten in Kooperation mit der Hochschule Kempten veranstaltet.

Bei der Diskussionsrunde wurde klar: Um dem komplexen Problem beizukommen, braucht es verschiedene Lösungsansätze parallel. Eine zentrale Rolle spielen dabei sinnvolle Besucherlenkungsmaßnahmen, der Ausbau des ÖPNV und vielleicht auch eine Abkehr vom Tourismus, wie er in den letzten Jahrzehnten betrieben wurde. Die einstimmenden Bilder von überfüllten Parkplätzen, Stau am Klettersteig oder Platzmangel am Gipfel zeigten den Besuchern im Thomas-Dachser-Auditorium der Hochschule eindrücklich, wie es an manchen Hotspots im Allgäu an Schönwetterwochenenden zugehen kann.

Warum die Alpen als Freizeitraum immer attraktiver werden und warum Besucherlenkungsmaßnahmen vielleicht nur die Symptome, aber nicht die Ursachen des Problems bekämpfen, erklärte Dr. Johannes Schubert vom Wissenstransferzentrum Innovative und Nachhaltige Tourismusentwicklung in Füssen in seinem Impulsvortrag zu Beginn der Veranstaltung.

In der folgenden Diskussion konnten viele Aspekte des Problemkomplexes freilich nur angeschnitten werden. Aber auch so wurde klar: Wenn Tourismus und Politik nicht gegensteuern, droht an bestimmten Hotspots bald wirklich ein „Overtourism“, der laut Professor Alfred Bauer, Dekan der Fakultät für Tourismus-Management der Hochschule Kempten, jedoch erst dann gegeben sei, wenn die Stimmung gegenüber Touristen auch bei den Einheimischen kippe. So weit sei es trotz aller Probleme im Allgäu derzeit jedoch noch nicht. Und auch wenn die Tourismus-Experten Bauer und Schubert die Wirkung von Besucherlenkungsmaßnahmen grundsätzlich kritisch sehen, da „der Mensch sich nur schwer lenken lasse“: Ohne konkrete Maßnahmen geht es dann doch nicht – darüber waren sich die Podiumsteilnehmer einig.

Wildbiologe Henning Werth vom Alpinium setzt dabei auf die Vernunft der Bergsportler, auf Information und Sensibilisierung – eine Strategie, die das Alpinium und der Naturpark Nagelfluhkette mit ihren Rangern und Informationskampagnen erfolgreich verfolge. Gegen übermäßige Reglementierung und Verbote votierte auch Dominik Bartenschlager, Sprecher der Allgäuer Bergführer. Er plane seine Touren umsichtig und meide schon von Haus aus Hotspots, denn seine Kunden wollen auch keine überfüllten Parkplätze und volle Gipfel – sonst sei „die Stimmung auf Tour schon ab dem Parkplatz schlecht.“

Wie ist das Parkplatz-Problem zu lösen?

Um das Thema Parkplätze drehte sich dann auch ein längerer Teil der Diskussion: Bilder vom überfüllten Gaisalpe-Parkplatz und Wildparkern am Straßenrand gingen zuletzt ebenso durch die Presse wie die Diskussionen um deutlich höhere Parkgebühren. Erste Lenkungsansätze mit digitalen Parkplatzanzeigen wie im Hintersteiner Tal gibt es bereits, trotzdem sorgt das Thema nach wie vor für Unmut. So seien die Parkgebühren gerade für Einheimische oft zu teuer, zum anderen gebe es meist keine sinnvolle Alternative zum Pkw, monierte Maxi Klaus, Vorstand der Interessengemeinschaft Klettern & Bergsport Allgäu.

Dass im Allgäu der ÖPNV-Ausbau wegen einer starken Autolobby viele Jahre verschlafen wurde, bestätigte auch Bernhard Joachim, Geschäftsführer der Allgäu GmbH. Besonders betroffen vom Parkplatzproblem ist sicherlich die Marktgemeinde Oberstdorf. Für Bürgermeister Klaus King ist es daher ein großes Ziel, „die Autos raus aus dem Ort zu bringen“ – die in Oberstdorf bereits fahrenden Elektrobusse seien ein erster Schritt in diese Richtung. Außerdem hält er es für legitim, die Besucher, die möglichst nahe an ihr Ausflugsziel heranfahren wollen, auch stärker zur Kasse zu bitten. Aktuell liefen in Oberstdorf acht verschiedene Projekte zum Thema Parkraummanagement, so King.

Ist ein Bergsteigerbus die Lösung?

Steffen Reich, Ressortleiter Umweltschutz beim DAV Bundesverband, berichtete von einem interessanten Projekt einer großen Münchner DAV-Sektion: Dort fährt seit Kurzem der Bergsteigerbus jedes Wochenende von München mehrere für Bergsportler attraktive Destination im Oberland an – für Allgäu-GmbH Geschäftsführer Bernhard Joachim ein Modell, dass auch im Allgäu denkbar wäre und dass man aus Parkgebühren mitfinanzieren könnte.

Auf die Rolle des Alpenvereins beim Thema Besucherandrang in den Bergen angesprochen, konnte auch Steffen Reich das Dilemma nicht entkräften, zum einen immer mehr Menschen für die Berge zu begeistern, auf der anderen Seite aber auch als Naturschutzverband mit den Folgen des Bergsportbooms konfrontiert zu sein. Daher sah Reich den DAV besonders in der Pflicht, seine Mitglieder zu sensibilisieren und zu informieren sowie Lenkungsmaßnahmen zu entwickeln. Im Klettern, Skibergsteigen und Mountainbiken gebe es bereits entsprechende erfolgreiche Projekte.

Qualität statt Quantität

Am Ende eines facettenreichen Diskussionsabends stand die übergeordnete Frage im Raum, wie denn überhaupt der Tourismus der Zukunft aussehen soll: Soll es beim „Weiter-So“- Tourismus, bei dem laut Johannes Schubert die Menschen durch Tourismus und Medien immer weiter in die Berge gelotst werden und dann nur ein paar nichtgewollte Nebenwirkungen bekämpft werden, bleiben? Oder wende man sich einem neuen, nicht mehr nur der Wachstumsmaxime untergeordneten Tourismus zu?

Für Bürgermeister Klaus King sei dies sowieso die Strategie, die Oberstdorf verfolge: Weg vom Massentourismus, hin zu mehr Qualität. Auch für Maxi Klaus kann es beim Tourismus nicht immer weiter um Wachstum gehen: Er plädierte dafür, die Natur so zu nutzen wie sie ist und sie nicht noch weiter durch neue touristische Projekte zurückzudrängen. Aus diesem Grund sei er auch gegen die Ausbaupläne am Grünten – ein Projekt, das bei der Diskussion natürlich auch angeschnitten wurde. Und was am Ende ebenfalls klar wurde: Massenandrang ist nicht nur ein Phänomen der Touristen von außerhalb: „Auch alle Allgäuer sind Teil des Problems“, fasste es Professor Bauer zusammen.

Und Bernhard Joachim gab zu bedenken, dass man bei der Diskussion um Erleichterungen für Einheimische – beispielsweise bei den Parkgebühren – aufpassen müsse, dass es nicht so wirke, als ob der Gast von außerhalb nicht willkommen sei.

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Geschrieben von: Redaktion

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