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Für gelingenden Kinderschutz gibt es kein Geheimrezept. Was das Ostallgäu dafür unternimmt, darüber haben wir mit der Landrätin Maria Rita Zinnecker gesprochen.
Frau Zinnecker, das Jugendamt Ostallgäu hat eine Handreichung Kinderschutz veröffentlicht. Was darf man sich darunter vorstellen?
Es handelt sich um eine Themensammlung, die auf über 100 Seiten verschiedene Aspekte im Bereich Kinderschutz erläutert. Außerdem sind viele Materialien enthalten, die von Fachkräften im Alltag ganz praktisch eingesetzt werden können. Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, erfahren damit eine Stärkung im Kinderschutz. Der einleitende fachliche Teil soll zudem sensibilisieren und das Verständnis für Gefährdungen schärfen. Denn es gibt Gefährdungen, die nicht leicht gesehen werden können. Dies zeigen auch die Ermittlungen in den Missbrauchsfällen wie Lügde oder Münster. Kinderschutz entwickelt sich weiter, wenn insbesondere Fachkräfte diese Gefährdungen denken lernen.
Und was kann die Fachkraft damit machen?
Wenn es beispielsweise im Umfeld ein Kind gibt, bei dem Lehrkräfte oder Erzieher*innen kein gutes Gefühl haben und sich Sorgen machen, dann kann die jeweilige Fachkraft aus den Materialien eine Kindeswohl-Skala entnehmen und anhand der einzelnen Punkte durchgehen, ob sich ihre Vermutung verfestigt oder verflüchtigt.
Das heißt eine Art Checkliste?
Ja, so in etwa kann man sich das vorstellen. Die Skalen sollen helfen, alle wesentlichen Aspekte mit zu bedenken und zu berücksichtigen. Zusätzlich weiten sie den Blick, sodass nicht nur Risiken, sondern auch mögliche Ressourcen in den Fokus rücken. Anschließend wird eine Planung zur Absicherung eingeleitet, die – soweit möglich – die Eltern und das betroffene Kind beziehungsweise den Jugendlichen mit einbezieht.
Wo gibt es diese Materialien?
Die Handreichung sowie die Materialien stehen allen Interessierten auf unserer Homepage unter www.sozialportal-ostallgaeu.de/kinderschutz zur Verfügung. Zusätzlich verteilt das Jugendamt gerade eine gedruckte Version an alle Kitas, Schulen und Kinderkliniken im Ostallgäu.
Das klingt vielversprechend. Was erhoffen Sie sich von der Aktion?
Wenn man tagtäglich mit Kindern zusammenarbeitet, dann gibt es viele Situationen, die ihnen vielleicht ein ungutes Gefühl bereiten. Nicht alles davon ist grenzwertig oder gleich eine Kindeswohlgefährdung. Um die Fachkräfte in diesem schwierigen Abwägungsprozess zu unterstützen, haben wir die Handreichung erstellt. In der Hoffnung, dass noch mehr Orientierung und Handlungssicherheit in den Einrichtungen gewonnen wird und Kinder im Ostallgäu weiterhin gut und gesichert aufwachsen können.
Haben Kitas und Schulen nicht gerade ohnehin genügend zu tun?
Kitas und Schulen sowie das medizinische Fachpersonal sind derzeit aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie besonders herausgefordert. Auf die neuen Maßnahmen immer wieder individuell und zeitnah zu reagieren, ist ein Kraftakt, den die Einrichtungen bisher bravourös gemeistert haben. Leider bringt die Corona-Situation viele negative Begleiterscheinungen mit sich. So berichten Studien zum Beispiel, dass häusliche Gewalt während der Corona-Pandemie zugenommen hat1 und auch psychische Auffälligkeiten bei Kindern seit Ausbruch der Pandemie gestiegen sind2. Deshalb ist es gerade jetzt wichtig und richtig, eine Handreichung Kinderschutz zu veröffentlichen.
Und was, wenn dennoch mal etwas schiefgeht?
Das lässt sich leider nie vollends vermeiden. Für gelingenden Kinderschutz gibt es kein Geheimrezept, wie beispielsweise bei Kuchen, wo es heißt man gebe zum Teig noch eine Prise Salz. Um auch in diesen Fällen, die Fachkräfte zu unterstützen, enthält die Handreichung auch Informationen zur Meldung ans Jugendamt, sowie das weitere Vorgehen im Jugendamt. Zusätzlich werden weitere Ansprechpartner*innen benannt, die in bestimmten Situationen Beratung und Hilfe anbieten. Wir hoffen, dass die Handreichung auf breite Resonanz stoßen wird. Und insbesondere wünschen wir uns, dass damit die Kinder im Ostallgäu weiterhin einen sicheren Ort zum Aufwachsen finden. Gerne stellen wir die Handreichung Kinderschutz allen Interessierten zur Verfügung, denn Kinderschutz hat für uns oberste Priorität.
Geschrieben von: Redaktion