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Politik

Asylhelferkreis Wertach ist am Limit

today19. Mai 2023 21

Hintergrund
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Eineinhalb Stunden hatten Beate Fink, Dr. Martha Egger-Feichtinger, Lisa Bühler und Gottfried Metzger vom Asylhelferkreis Wertach dem Landtagsvizepräsidenten Alexander Hold nicht nur von ihren vielfältigen Aufgaben und damit zusammenhängenden praktischen Problemen berichtet, sondern auch davon, wie diese Aufgaben das Team emotional immer mehr belasten.

„Wir sind da, wenn die Geflüchteten im Ort ankommen und nicht wissen, wo sie untergebracht werden. Wir sind da, wenn es darum geht, die Kinder im Kindergarten und in der Schule anzumelden. Wir sind es, die von der Schule angerufen werden, wenn die Kinder nicht auftauchen. Wir sind da, wenn es um die Organisation von Sprachkursen, Arbeitsplätzen oder Arztbesuchen. geht und das sind nur ein paar Beispiele“.

Es war nicht das erste Treffen mit Männern und Frauen, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren. Alexander Hold hat als Sprecher der FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion für Asyl und Integration bereits mehrere solcher Gespräche geführt und jedes Mal war er tief beeindruckt von der Hilfebereitschaft der Flüchtlingshelfer. Auch die Schilderungen der vier Ehrenamtlichen des Asylhelferkreises Wertach waren da keine Ausnahme. Im Gegenteil. Die Hingabe und Opferbereitschaft der engagierten Runde haben ihn sichtlich bewegt. „In Wertach haben gerade einmal 2.450 Menschen ihren Erstwohnsitz. Trotzdem sind in der Gemeinde derzeit 60 Geflüchtete untergebracht, um die sich die vier Mitglieder des Helferkreises fast allein kümmern. Das ist schon eine große Herausforderung“ so Alexander Hold.

Der Grund, warum die kleine Marktgemeinde tatsächlich mehr Geflüchtete aufgenommen hat, als sie es eigentlich müsste, liegt darin, dass Wertach im Gegensatz zu anderen Gemeinden des Landkreises passende Liegenschaften anbieten kann. Alexander Hold begrüßte dies zwar, „der Landkreis ist gerade froh um jede ihm angebotene Immobilie, schließlich müssen die Menschen untergebracht werden. Andererseits hat nicht jede kleinere Gemeinde die für eine gelingende Integration notwendige Infrastruktur.“ Findet sich beispielsweise eine Arbeitsstelle für einen Geflüchteten in der Gastronomie, dann scheitert die Umsetzung nicht selten daran, dass die Arbeitszeiten nicht mit den Zeiten des ÖPNV kompatibel sind. „Manchmal fahre ich die Leute dann“ erklärte Gottfried Metzger.

Gleiches gilt für die Schulen. Wertach hat lediglich eine Grundschule. Alle älteren Kinder müssen in die benachbarten Orte fahren. Da darf dann kein Schulbus verpasst werden. Auch Freizeitangebote sind in der kleinen Gemeinde selten passend für die Geflüchteten. „Für Mädchen gibt es hier so gut wie keine Freizeitangebote. Und auch Jungs ohne Neigung zum Fußball sind ausgeschlossen“ bemängelte Beate Fink. Man spürte sehr schnell, dass die vier wirklich mit Herzblut dabei sind, man spürte aber auch ihre Probleme. „Wir bekommen oftmals keine Informationen darüber, wer genau nun zu uns kommt, ob Kinder dabei sind, die Leute vielleicht Englisch oder überhaupt lesen und schreiben können, jemand krank oder vielleicht sogar schwanger ist. Das sollten wir aber doch eigentlich alles wissen, bevor wir die Leute vom Bus abholen. Schließlich sind wir es, die sämtliche Anmeldungen sei es zur Schule oder zum Sprachkurs vornehmen oder Anträge z.B. für die Übernahme von KiTa-Gebühren stellen“, konstatierte Elisabeth Bühler.

„Wir haben zwar dafür gesorgt, dass alle Landkreise inzwischen flächendeckend spezielle Integrationslotsen haben, aber diese stoßen derzeit auch an ihre Grenzen“ bestätigte Alexander Hold und kündigte eine Initiative an, um den Informationsfluss zwischen Landratsämtern und Flüchtlingshelfern zu verbessern. „Die Leute müssen unbedingt Deutsch lernen und arbeiten können.“

Genauso wichtig, wenn nicht noch wichtiger ist es für die vier, dass alle hier Ankommenden sofort Deutsch lernen und arbeiten können. Für Dr. EggerFeichtinger ist „Arbeiten zu dürfen ein Grundrecht.“ Auch Alexander Hold findet, dass zu uns kommende Geflüchtete schneller Zugang zu Sprachkursen bekommen sollten. „Bayern hat zwar als erstes Bundesland Erstorientierungskurse für Asylbewerber eingeführt. Inzwischen hat der Bund die Aufgabe übernommen. Es dauert in der Praxis aber oft viel zu lange, bis tatsächlich ein Platz im Sprachkurs frei ist. Nur wer unsere Sprache lernt, hat eine Chance auf einen Arbeitsplatz. Und wer arbeitet, kommt nicht auf dumme Gedanken, sondern integriert sich. Wenn wir damit warten, bis das Bleiberecht endgültig geklärt ist, verschenken wir wertvolle Möglichkeiten“, kritisierte Alexander Hold.

Bevor der Landtagsvizepräsident zu seinem nächsten Termin aufgebrochen ist, hat er noch die Bildung von Fahrdiensten bzw. Fahrgemeinschaften durch die potenziellen Arbeitgeber der Geflüchteten angeregt. „Darum werde ich mich sofort kümmern“, kündigte Gottfried Metzger an. „In Sonntagsreden ist immer die Rede von Wertschätzung unserer Arbeit. Dass ein Verantwortlicher aus der Politik aber tatsächlich zu uns kommt und vor Ort mit uns nach Lösungen sucht, ist schon außergewöhnlich. Uns ist klar, dass Vieles von dem, was wir uns wünschen, nicht umsetzbar ist. Aber auch wenn sich nur ein bisschen was verbessert, wäre das schon eine große Hilfe“, gaben die vier Ehrenamtlichen einem sichtlich beeindruckten Alexander Hold mit auf den Weg.

„Ohne diese Menschen, die tagtäglich viel Zeit für die Unterstützung von oft traumatisierten Geflüchteten aufbringen, ohne dafür wirklich die Anerkennung zu erhalten, die ihnen zweifellos zusteht, wäre unsere Gesellschaft wohl über kurz oder lang überfordert,“ fasste der Landtagsvizepräsident zusammen. „Ich danke den Ehrenamtlichen aufrichtig und von Herzen. Und das, was ich tun kann, um die Situation zu verbessern und auch Ihnen hier in Wertach Ihre Aufgabe zu erleichtern, werde ich tun“.

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Geschrieben von: Redaktion

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