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Alexander Hold ist Landtagsabgeordneter der Freien Wähler, Jurist, Richter und vielleicht noch Vielen bekannt aus der Fernseh-Gerichtsshow Richter Alexander Hold. Wir haben einen Besuch von Hold im AllgäuHIT-Studio dazu genutzt, mit ihm über verschiedenste Themen zu sprechen – unter anderem über die aktuelle Diskussion über das Einbürgerungsrecht, die Integration von Flüchtlingen und Klimaschutz.
Der Bundestag hat in dieser Woche das Einbürgerungsrecht geändert. Alexander Hold hat zu dieser Thematik eine klare Meinung: "Wir haben ein sehr modernes Einbürgerungsrecht, wer acht Jahre in Deutschland lebt, wer selber für sich sorgen kann, wer Deutsch kann und sich nichts zu Schulden hat kommen lassen, der kann sich einbürgern lassen – in Einzelfällen auch schon nach fünf Jahren. Ohne jegliche Not, aus meiner Sicht auch völlig falsch, hat die Bundesregierung diese Zeit nun reduziert, sie will die Einbürgerung im Regelfall nach fünf Jahren ermöglichen, im Einzelfall auch schon nach drei Jahren", so der Landtagsabgeordnete. Für Hold muss an erster Stelle die Integration der Menschen stehen, erst danach kann die Einbürgerung erfolgen. "Man muss sich ja mal anschauen – Einbürgerung, das heißt die deutsche Staatsbürgerschaft, das ist im Grunde nur mit Rechten, aber nicht mit Pflichten verbunden. Ich sehe keinen Grund, warum wir mit der Staatsbürgerschaft um uns werfen sollten. Am Ende eines Prozesses der Integration ist es wunderbar, wenn man einem Menschen sagen kann super, du darfst jetzt auch Deutscher werden. Aber das zu machen, bevor die Menschen überhaupt die Möglichkeit haben, sich richtig zu integrieren, ist nicht richtig."
Hold bemängelt außerdem, dass ältere Menschen, die schon länger in Deutschland leben, auch ohne Sprachtest eingebürgert werden können: "Muss ich einen Menschen einbürgern und ihm die deutsche Staatsangehörigkeit geben, der sich über 10 oder 15 Jahre noch nicht einmal bemüht hat, die Sprache zu lernen? Das ist aus meiner Sicht der völlig falsche Weg. Wir müssen die Integrationsangebote verstärken, dann sind die Menschen auch irgendwann soweit, die deutsche Staatsangehörigkeit zu bekommen, aber da reichen die derzeitigen Gesetze völlig aus!"
Sprache als Schlüssel der Integration
Sprache ist für Alexander Hold der Schlüssel zu jeglicher Integration, "denn ohne Sprache wird es immens schwer, sich zu integrieren", sagt er im Gespräch mit AllgäuHIT. Für ihn gehört zur Integration aber noch ein bisschen mehr: ein Grundwissen darüber, wie das deutsche Gemeinwesen funktioniert, dass man sich an unsere Werte hält, an die Rechtsordnung in Deutschland und auch, dass die Menschen auf Dauer hier sesshaft werden wollen. "Integration ist natürlich auch etwas, das beiden Seiten etwas abverlangt, von den zu integrierenden Menschen und auch von der integrierenden Gesellschaft, dass man aufeinander zugeht. Aber es darf keine Einbahnstraße sein."
Ob er auch Sprachkurse für Flüchtlinge, die möglicherweise nur kurz in Deutschland leben oder Asylbewerber, die kaum Chance auf ein Bleiberecht haben, für sinnvoll hält? Ja, sagt Hold, denn auch hier ist Sprache der Schlüssel, ohne Sprache tun sich die Menschen schwer. Schließlich weiß man nicht im Vorfeld, wie lange jemand hier in Deutschland bleibt. Gerade bei den Flüchtlingen aus der Ukraine "sind sicherlich auch manche dabei, die sich jetzt vorstellen, irgendwann nach Hause zurückzukehren, die aber dann in einem Mangelberuf, in der Pflege oder im Handwerk einen Job bekommen wo sie dann sagen, hier ist es ja auch gut, ich habe einen guten Arbeitgeber bei dem ich mich wohl fühle, vielleicht bleibe ich doch länger." Ohne ein Mindestmaß an Sprachverständnis könne man den meisten Arbeiten ja überhaupt nicht nachgehen. "Zum Beispiel in der Pflege, wenn Sie gar nicht verstehen was der Mensch von Ihnen will. Wenn zum Beispiel der zu Pflegende sagt dass sein Töpfchen geleert werden muss und Sie verstehen es nicht, dann wird es schwierig."
Gerade für Kinder von Geflüchteten ist die Sprache, überhaupt Bildung wichtig, sagt Hold. "Und selbst wenn ich Asylbewerber habe, die am Ende keine Bleibeperspektive haben – erstens weiß ich es am Anfang nicht unbedingt und zweitens gibt es doch nichts Besseres, was wir den Menschen auf ihrem Rückweg mitgeben können als Bildung!"
Thema Fachkräftemangel
"Wir führen uns selber aufs Glatteis wenn wir immer nur von Fachkräftemangel reden", sagt der Landtagsabgeordnete. "Wir haben einen Arbeitskräftemangel nicht nur in Mangelberufen wo wir auch gut ausgebildete Menschen brauchen. Wir brauchen auch Menschen, die bereit sind, zum Beispiel in der Gastronomie Tische abzuräumen oder Geschirr zu spülen. Wir brauchen auch Menschen, in den Kliniken, die keine mehrjährige Krankenpflegeausbildung sondern die bereit sind, Essen zu verteilen und sauberzumachen und ähnliche Dinge!" Natürlich würden auch gut ausgebildete Arbeitskräfte benötigt, es fehle aber grundsätzlich an Arbeitskräften. "Die Rückmeldungen aus Wirtschaft, Handwerk, Handel oder auch Gastronomie zeigen, dass wir ohne Arbeitskräfte, die aus dem Ausland kommen, die Situation gar nicht mehr beherrschen können. Sie sehen ja heute schon zum Beispiel im Einzelhandel, wie viele Geschäfte deutlich verringerte Öffnungszeiten haben. Nicht, weil das Geschäft schlecht läuft sondern weil sie schlicht und einfach keine Mitarbeiter mehr haben. Bäckereien, die einen Tag in der Woche schließen weil es keine Verkäufer gibt und ähnliche Dinge und all die Handwerksbetriebe, alle Wirtschaftsunternehmen sagen mir, wir brauchen Mitarbeiter, die wir im Inland einfach nicht mehr bekommen, weil der Arbeitsmarkt leer gefegt ist, trotz Krise!", sagt.
Der Unterschied zu den 1950er und 1960er Jahren, als Gastarbeiter aus etwa Italien und der Türkei angeworben wurden, weil in Deutschland Arbeitskräfte unter anderem in der Produktion fehlten, ist jedoch für Hold groß. "Damals brauchten wir Arbeiter für den industriellen Bereich. Das sind aber heute hochspezialisierte Arbeitsplätze, für die wir Facharbeiter aus dem Inland brauchen. Heute sind es ganz andere Lebensbereiche, in denen wir ein Defizit an Mitarbeitern haben!" Bei den meisten Gastarbeitern von damals sei die Integration sehr gut gelungen, so Hold weiter, nun müsse man auf den Erfahrungen aufbauen. "Mit den Erfahrungen, die wir damals gemacht haben, können wir auch manche Ängste abbauen, aber auch klar machen, dass es nur klappt, wenn wir was tun von beiden Seiten aus, wenn wir also auch für Bildung in den Bereichen sorgen und den Menschen den Erwerb der Sprache erleichtern", kommt er wieder auf den hohen Stellenwert der Sprache beim Thema Integration zurück.
Klimaschutz und Klimaaktivisten
Ist Alexander Hold für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen? Er sieht keinen großartigen Sinn darin: "Wir haben schon auf einem Großteil der deutschen Straßen ein Tempolimit, nur noch etwa auf einem Drittel der Autobahnstrecken in Deutschland haben wir kein Tempolimit. Es gibt ganz klare wissenschaftliche Untersuchungen, dass es in puncto Klimaschutz nicht viel bringt. Wenn nun zunehmend Elektroautos auf den Straßen unterwegs sind, dann ist ein Tempolimit ja eh hinfällig, wenn zunehmend der Strom regenerativ erzeugt wird", so der Abgeordnete.
Den Weg, den die "Letzte Generation" geht, findet Hold nicht richtig: "Ich finde es richtiggehend traurig, was solche Chaoten anstellen. Weil natürlich viele Menschen, zum Beispiel Pendler, die morgens dann im Stau stehen und nicht weiterkommen, völlig berechtigterweise einen richtiggehenden Hass entwickeln auf solche Klimachaoten, die sich auf der Straße festkleben. Das Traurige ist, dass dann diese Abneigung auch projiziert wird auf andere Menschen, die sich mit großem Engagement mit guten Mitteln fürs Klima einsetzen. Ich merke das leider immer mehr, dass die Leute sagen "Ach diese Idioten, die fürs Klima kämpfen". Nein, die, die fürs Klima kämpfen, das sind die Guten, denen müssen wir helfen, denn wir müssen unser Klima retten. Aber die sich auf der Straße festkleben oder mit Tomatensuppe Kunstwerke beschmieren, das kann mir keiner erzählen, dass das dem Klima helfen soll. Also anpacken statt ankleben!"
Und wie hält Alexander Hold es selbst mit Müllvermeidung, Energiesparen, Klimaschutz? "Also beim Müll sparen bin ich ganz vorne mit dabei, weil ich bevorzugt auf dem Wochenmarkt einkaufe. Da nehme ich dann auch meine eigene Tüte mit. Das sind die ganz normalen und banalen Dinge, die einfach umzusetzen sind. Aber damit können wir das Klima nicht retten, da muss man schon ganz ehrlich sein. Man macht manches, um sich selber zu beruhigen, um ein gutes Gefühl zu haben. Wir können das Klima nur retten, wenn wir die großen Maßnahmen energisch anpacken. Wir müssen auf regenerative Energien umstellen möglichst schnell. Dazu müssen wir die Photovoltaik ausbauen, da ist Bayern schoon ganz vorne mit dabei, da sind wir auch im Allgäu gut dabei. Wir müssen allerdings auch die Windkraft ausbauen, da ist in Bayern noch Luft nach oben. Ich bin sogar manchmal dafür, dass wir auch die Wasserkraft weiter ausbauen, da gibt es nur immer den Widerstreit zwischen Naturschutz auf der einen Seite und Klimaschutz auf der anderen Seite. Aber da kann man lange streiten. Ich denke, was nützt das einem Fisch, wenn er nicht durch ein Querbauwerk beim Wasserkraftwerk davon abgehalten wird den Fluss ganz nach oben zu schwimmen, wenn am Ende alle Flüsse auf der Welt 3 Grad wärmer sind, dann gibt es die ganzen Fischarten nämlich nicht mehr. Man muss da schon manchmal abwägen. Die große Bedrohung für unseren Gesamtplaneten, dass dieser lebenswert nach wie vor für Menschen, Tiere und Pflanzen bleib, das ist die Erderwärmung. Und ich glaube da müssen wir so weit gehen dass wir dem manches unterordnen. Und da gehört eben auch dazu, dass manchmal auch das Landschaftsbild beeinträchtigt wird!"
Geschrieben von: Redaktion