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Die Stadt Lindenberg hat 2014 das Areal des Feriendorfs "Am Nadenberg" erworben. Nun sollen Teile des Areals verkauft werden. Dagegen will sich ein Bürgerbegehren stellen, das Anfang September eingereicht wurde. Die finanziellen Folgen wären jedoch für die Stadt verheerend. In seiner Sitzung am Dienstag will der Lindenberger Stadtrat nun ein Ratsbegehren auf den Weg bringen, nach dem am Verkauf festgehalten wird. Im Dezember können die Bürger dann über die beiden Begehren abstimmen.
Rund 7,2 Millionen Euro hat der Kauf des Areals "Am Nadenberg" die Stadt Lindenberg im Jahr 2014 gekostet. Der Kauf erfolgte durch einen sogenannten Geschäftsbesorgungsvertrag – ein Kredit außerhalb des normalen städtischen Haushaltes.
Lindenbergs Bürgermeister Eric Ballerstedt sagte im Gespräch mit AllgäuHIT zu den Hintergründen des Grundstückserwerbs: "Das Ziel war damals, dass wir einer für die Stadt unvorteilhaften Entwicklung vorbeugen. Die damaligen Betreiber hatten eine Art Rollladensiedlung geplant, das wollten wir natürlich nicht haben." Das Ziel sei es gewesen, diese Entwicklung zu verhindern und die weitergehende Entwicklung des Areals zu steuern. "Klar war aber von Anfang an, und dies wurde auch ganz klar so kommuniziert, dass die Stadt dieses Areal, nachdem es kreditfinanziert war und der Kaufpreis recht hoch, nicht auf Dauer im Eigentum behalten kann", so der Bürgermeister weiter.
Ein Teil des Geländes wurde inzwischen entwickelt, dort ist eine Einfamilienhaussiedlung entstanden, da in den vergangenen Jahren eine enorme Nachfrage danach bestand. Nun soll der zweite Teil entwickelt und verkauft werden, ein erstes Konzept wurde der Öffentlichkeit in mehreren Videos zur Diskussion vorgestellt. Wie Ballerstedt im Gespräch betont, ist dies jedoch lediglich eine erste, grobe Planung – die Stadt wolle dieses Konzept in enger Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft weiterentwickeln.
Bürgerbegehren gegen den Verkauf des Grundstücks
Am 9. September reichten die Initiatoren des Bürgerbegehrens „STOPPT den Verkauf des verbliebenen Areals des ehemaligen Feriendorfes auf dem Nadenberg“ 89
Unterschriftenlisten bei der Gemeinde Lindenberg ein. Mit den Listen wird beantragt, einen Bürgerentscheid zu folgender Frage durchzuführen: „Sind Sie dafür, dass das Areal des ehemaligen Feriendorfes Nadenberg im Eigentum der Stadt Lindenberg verbleibt, mit dem Ziel, diese Fläche wie bisher als Naherholungsgebiet für die Bürgerinnen und Bürger zu erhalten und die geplante massive bauliche Verdichtung zu verhindern?“ Die Initiatoren begründen dies mit dem Konzept, wonach die Stadt an einen Investor verkaufen wolle, welcher eine, wie es im Begehren erläutert wird, "massive und verdichtete Bebauung mit bis zu 14 viergeschossigen Wohnblöcken und 12
Terrassenhäusern mit einer erheblichen Anzahl von Stellplätzen und einem großen Hotel" plant.
Die Intitiatoren der Bürgerinitiative fürchten den Verlust eines einmaligen Grundstücks der Stadt sowie eines Naherholungs- und Freizeitgebietes. Auch sehen sie in den Plänen eine Bebauung ohne Berücksichtigung der Natur und des Landschaftsbildes und fürchten eine erhöhte Verkehrsbelastung auf dem Nadenberg.
Ein Bürgerbegehren muss von mindestens 9 Prozent der Bürger einer Gemeinde unterschrieben sein – Lindenberg hat aktuell 9.199 Bürgerinnen und Bürger, weshalb die eingereichten 1.617 Unterschriften ausreichend sind.
Auswirkungen auf den städtischen Haushalt
Das Bürgerbegehren richtet sich also gegen zwei Dinge: zum einen soll das vorgeschlagene Konzept werden, zum anderen der Verkauf des Areals verhindern werden. Für die Stadt ein gravierendes Problem, wie Bürgermeister Ballerstedt erläutert: Geht es nach dem Willen der Bürgerinitiative, bleibt das Areal im Besitz der Stadt, was bedeutet, dass die Finanzierung des Kredits anschlussfinanziert werden muss. "Was wiederum bedeutet, dass wir Geld, das wir für andere Dinge dringend bräuchten, Kindergärten und Schulen zum Beispiel, in die Weiterfinanzierung eines Grunderwerbs stecken müssen, den wir uns eigentlich nicht leisten können", so Ballerstedt. Maßnahmen wie die Sanierung von Grundschule und des Kindergartens Sankt Nikolaus, die begonnen werden sollen, könnten so nicht durchgeführt werden. Andere Baumaßnahmen, wie die Erweiterungen St. Luzia und St. Afra müssten auf Grund vertraglicher Verpflichtungen weiterlaufen, obwohl sich die Stadt dies nicht leisten kann. Auch würden freiwillige Leistungen wie die Förderung von Vereinen und Sport wegfallen, Gebühren müssten erhöht werden.
Grundsätzlich haben alle Gemeinden bei kommunalwirtschaftlichen Entscheidungen einen weitgehenden Gestaltungsspielraum. Wenn aufgrund eines Bürgerentscheids Einnahmen
ausfallen, kommt es gegebenenfalls auch darauf an, ob und mit welchem Umfang die Gemeinde zur Deckung von Schulden Vermögensgegenstände veräußern kann, die sie nicht zur Aufgabenerfüllung benötigt und ob gegebenenfalls andere Maßnahmen, wie beipielsweise die Reduzierung von freiwilligen Leistungen, die Finanzlage verbessern könnten. Ohne den Verkauf des Areals auf dem Nadenberg würden 2022 1,5 Millionen Euro, 2023 2,0 Millionen Euro und 2023 3,5 Millionen Euro Grundstückserlöse wegfallen und im städtischen Haushalt fehlen. Die Rücklage würde von 5,492 Millionen Euro am 31.12.2022 auf 2,281 Millionen Euro am 31.12.2023 absinken.
Im Jahre 2024 wäre die Rücklage vollständig aufgebraucht. Es wäre damit eine Kreditaufnahme von 2,684 Millionen Euro erforderlich, um die geplanten Ausgaben abzudecken. Zusammen mit dem Finanzplanungsjahr läge die notwendige Kreditaufnahme sogar bei 6,6 Millionen Euro. Darin enthalten wäre auch die 2. Rückzahlung an die KFB Leasfinanz in Höhe von 3,25 Millionen Euro.
Ratsbegehren als Alternative
Da ein Bürgerentscheid im Sinne des Bürgerbegehrens zu den genannten massiven Einschränkungen der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinde sowie die Reduzierung freiwilliger Leistungen führen würde, möchte der Stadtrat nun parallel zum Bürgerentscheid einen Ratsentscheid ins Leben rufen. Ein Ratsbegehren bietet dem Stadtrat die Möglichkeit, dem eingereichten Bürgerbegehren einen gestaltenden Ansatz entgegenzustellen, der die Vorteile der bisherigen Planungen und Überlegungen in den Vordergrund stellt. Gleichzeitig kann der Stadtrat aber auch deutlich machen, dass ihm die Entwicklung des Geländes gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern ein zentrales Anliegen ist.
Der Inhalt des Ratsbegehrens ist zweigeteilt: Zum einen geht es darum, dass die Stadt am Verkauf festhalten will, zum anderen, dass umgesetzt wird, was eigentlich eh für den Planungsprozess vorgesehen war: gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die Planungen weiter zu entwickeln. "Wir haben jetzt im Moment ein erstes Konzept auf dem Papier, an diesem soll nun weitergearbeitet werden, auch was die Größe und die Dichte der Bebauung angeht. Wir können es uns nicht leisten, nicht zumindest Teile des Areals zu verkaufen" so der Bürgermeister.
Am 4. Dezember sollen die Lindenbergerinnen und Lindenberger nun über die beiden Begehren abstimmen – sie können also entweder für das Bürgerbegehren oder für das Ratsbegehren stimmen.
Geschrieben von: Redaktion