Moderator: Bernd Krause
Sendung: AllgäuHIT am Wochenende
mit Bernd Krause
 
 
Schädel eines „Martes“ sansaniensis aus der Hammerschmiede (l) sowie der Schädel des heutigen Baummarders
(Bildquelle: Nikolaos Kargopoulos)
 
Ostallgäu - Pforzen
Donnerstag, 14. Juli 2022

Verschiedene Raubtiere lebten vor 11,5 Millionen Jahren im Allgäu

Ein Team des Senckenberg Centres for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen hat an der Fundstelle von "Udo", dem aufrechtgehenden Menschenafffen "Danuvius guggenmosi" bei Pforzen im Ostallgäu weitere Relikte verschiedenster kleiner Raubtiere gefunden.

Mindestens 20 Arten kleiner Raubtiere lebten vor 11,5 Millionen Jahren im heutigen Allgäu: Dies hat ein internationales Forschungsteam bei der Untersuchung von Fossilien aus der Fundstelle Hammerschmiede im Ostallgäu nachgewiesen. Pforzen steht seit 2019 im Interesse der Forschung, weil dort der bereits aufrechtgehende Menschenaffe Danuvius guggenmosi, genannt Udo, entdeckt wurde. Zu dem aktuellen Hammerschmiede-Team gehörten Nikolaos Kargopoulos von der Universität Tübingen, Wissenschaftler aus Saragossa und Barcelona sowie Professorin Madelaine Böhme vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen. Ihre Arbeit wurde im Fachjournal PLOS ONE veröffentlicht.

Die jüngsten Ausgrabungen in der Hammerschmiede unter der Leitung von Professorin Madelaine Böhme haben eine außergewöhnliche Vielfalt an fossilen Tieren und Pflanzen zutage gefördert, darunter mehr als 350 Einzelfunde von Raubtieren. Viele der entdeckten Fleischfresser waren semiaquatisch, lebten also sowohl an Land als auch im Wasser, oder hatten eine kletternde Lebensweise. „So konnten sich die Arten an den bewaldeten Fluss anpassen, der zu jener Zeit in der Region vorhanden war“, sagt Böhme.

Unterschiedliche ökologische Nischen

Unter den von der Fundstelle nachgewiesenen Raubtieren sind vier marderähnliche Arten, zwei Verwandte des heutigen Vielfraßes, vier Otterarten, drei Arten Stinktiere, zwei Arten aus der Verwandtschaft des Roten (Zwerg-)Pandas, drei verschiedene Ginsterkatzen sowie einige Arten von Gruppen, von denen es heute keine lebenden Vertreter mehr gibt. Für den Doktoranden Nikolaos Kargopoulos, den Erstautor der Studie, ist ein sehr gut erhaltener Schädel eines Marders („Martes“ sansaniensis) eines der beeindruckendsten Fundexemplare. „Dieser gehört in eine bislang unbekannte Gattung großer, ausgestorbener Marder“, resümiert er.

Die Forscher entdeckten außerdem eine für die Wissenschaft neue Art eines Wiesels – mit nur ein bis drei Kilogramm Körpergewicht eines der kleinsten Raubtiere aus der Hammerschmiede. Spezialanpassungen im Gebiss verraten, dass diese Art sich ausschließlich von Fleisch ernährte. Die Wissenschaftler gaben ihr den Namen Circamustela hartmanni, um die Familie Hartmann, die Grundstückseigentümer der Hammerschmiede, zu ehren, die Grabungen auf ihrem Grund über all die Jahre hinweg ermöglicht hat.

Madelaine Böhme zufolge sind in Europa Fossilien aus der Zeit vor 11,5 Millionen Jahren von Vielfraßen, Stinktieren und auch Roten Pandas durchaus zu erwarten gewesen, jedoch nicht in dieser hohen Konzentration und Artenzahl. „Eine mit 20 Arten so außergewöhnlich große Vielfalt an kleinen Raubtieren an ein und demselben Fundort deutet darauf hin, dass das damalige Ökosystem blühte und all diese verschiedenen Formen ernähren konnte“, sagt sie. „Ausgehend von den Ergebnissen einer Analyse der Körpermasse sowie der Ernährungs- und Fortbewegungsgewohnheiten der entdeckten Arten nahm jede von ihnen eine andere Rolle im Ökosystem ein. Sie nutzten verschiedene natürliche Ressourcen und konnten so Konkurrenz vermeiden“, betont Kargopoulos.


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archäologie fund allgäu


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