"Bist du noch da?": Telefonat löste tödlichen Unfall auf B12 aus
Nach dem tödlichen Verkehrsunfall bei Germaringen am 17. März, bei dem eine 19-Jährige starb, hat die Polizei nun die mutmaßliche Unfallursache ermittelt. Die junge Frau hat zum Unfallzeitpunkt telefoniert, eine Ersthelferin konnte beim Eintreffen am Unfallort noch eine Stimme am Telefon hören.
Die 19-Jährige fuhr mit ihrem Pkw Richtung A 96. Aus zunächst ungeklärter Ursache geriet die Lenkerin zunächst ins rechte Bankett. Anschließend verlor sie die Kontrolle über das Fahrzeug und schleuderte nach links in den Gegenverkehr. Dort prallte sie mit der Beifahrerseite gegen den Pkw eines 25-jährigen Mannes, der ihr entgegenkam. Die Unfallverursacherin erlitt tödliche Verletzungen, der Fahrer des entgegenkommenden Fahrzeugs nur leichte Verletzungen.
Im Rahmen der Ermittlungen zur Unfallursache machten die Beamten eine Zeugin ausfindig, die sich zum Unfallzeitpunkt als Beifahrerin in einem nachfolgenden Pkw befand. Sie lief unmittelbar nach dem Zusammenstoß zum Pkw der 19-Jährigen, um zu helfen. Dabei konnte sie aus dem Fahrzeuginneren eine Stimme hören, die offensichtlich von einem noch laufenden Telefonat stammte. Eine weibliche Person fragte mehrmals: „Hallo, bist Du noch da?“
Mehr Infos zum Unfall gibt es hier.
Die Beamten fanden im Rahmen ihrer Ermittlungen keine weiteren Hinweise auf eine mögliche Unfallursache. Eine Beeinflussung durch Alkohol und Drogen lag nicht vor, ebenso ergaben sich keine weiteren Anhaltspunkte für eine mögliche Einschränkung der körperlichen Verfassung der Fahrerin. Auch nachfolgende Zeugen schilderten die Fahrmanöver, die zum fatalen Unfall führten, als abrupt, die Fahrweise vorher aber ohne Auffälligkeiten.
Ob das Telefonat über die Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs geführt wurde oder die Fahrerin das Mobiltelefon am Ohr hielt, war nicht mehr zu klären. Mutmaßlich führte aus Sicht der Ermittler die Ablenkung durch das Telefonat während der Fahrt zu dem Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang.
Unfallursache Ablenkung
Bei Betrachtung der jährlichen Verkehrsunfallstatistiken scheint die Unfallursache Ablenkung auf den ersten Blick zu vernachlässigen zu sein. Dennoch spielt sie eine unbekannte Größe bei den Hauptunfallursachen und beschäftigt seit mehreren Jahren bundesweit verschiedene Fachgremien.
Seit 2021 weist die polizeiliche Unfallstatistik gezielt die Ursache Ablenkung aus. Diese Neuerung konnte bisher aber nicht zu einer signifikanten Aufhellung dieses Dunkelfeldes beitragen. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Ablenkung als Unfallursache seitens der Polizei nachgewiesen werden muss. Besteht also lediglich ein polizeilicher Verdacht, der sich allerdings im Rahmen der Unfallaufnahme nicht erhärten lässt, so fließt als Unfallursache beispielsweise als ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot oder zu geringer Sicherheitsabstand in die Statistik ein.
Dass die Hemmschwelle zum Griff ans Mobiltelefon immer noch gering ist, zeigen die Fallzahlen der geahndeten Handyverstöße. Im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West brachten die Beamtinnen und Beamten im Jahr 2022 6.761 Verstöße zur Anzeige. Auch wenn das im Vergleich zum Vorjahr (2021: 7.134) einen Rückgang um 373 Fälle oder rund fünf Prozent bedeutet, ist die Zahl insgesamt immer noch bedeutend zu hoch – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass nur ein Bruchteil der Handyverstöße entdeckt und polizeilich geahndet wird.
Ablenkung geschieht allerdings in vielfältiger Form und beschränkt sich nicht nur auf den klassischen Fall der Handynutzung. Ein Gespräch mit dem Beifahrer, im Fahrzeug quengelnde Kinder oder bellende Hunde sowie auch optische Wahrnehmungen außerhalb des Straßenbereichs können einen Fahrzeugführer ebenfalls ablenken. Studien gehen davon aus, dass bis zu 30 Prozent aller Verkehrsunfälle auf Ablenkung zurückzuführen sind.
Aufruf an alle Fahrzeugführer
Aufgrund des Ermittlungsergebnisses wendet sich Polizeivizepräsident Dr. Dominikus Stadler noch einmal mit einer eindringlichen Bitte an alle Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer:
„Dieser tragische Unfall zeigt eindrücklich, wie schnell bereits eine kurze Ablenkung zu fatalen Folgen führen kann. Wir appellieren daher an Sie alle, während der Fahrt auf die Nutzung Ihres Mobiltelefons zu verzichten. Egal ob Sie tippen oder telefonieren: Finger weg vom Handy!“
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