Allgäuer Wirtschaft leidet unter Folgen des Ukraine-Krieges
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs treffen auch die Wirtschaft im Allgäu. Laut einer aktuellen Umfrage der IHK Schwaben behindern zudem vor allem ansteigende Handelshemmnisse, überbordende Bürokratie und der zunehmende Protektionismus das Auslandsgeschäft. Diese Faktoren schränken den Handlungsspielraum der Unternehmen ein, um auf die geopolitischen Herausforderungen zu reagieren, Lieferketten zu diversifizieren und neue Märkte zu erschließen.
Der Außenhandel spielt eine entscheidende Rolle für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft, wobei mehr als 800 Unternehmen im Allgäu international tätig sind. Über die Hälfte des Umsatzes der heimischen Industrie wird im Ausland erwirtschaftet. Insbesondere Branchen wie Maschinen- und Fahrzeugbau, Logistik, Infrastruktur sowie Lebensmittel- und Verpackungsindustrie sind stark vom internationalen Geschäft abhängig. Die wichtigsten Handelsregionen sind China, die USA und der europäische Binnenmarkt.
Die geopolitische Lage hat auch in der Region massive Auswirkungen. Ein Indikator dafür ist die Zahl der ausgestellten Exportdokumente, wie Ursprungszeugnisse oder bescheinigte Handelsrechnungen. Die IHK Schwaben hat im Jahr 2022 insgesamt 46.000 solcher Dokumente ausgestellt, was einem Rückgang von zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Im Allgäu wurden zuletzt gut 15.000 Exportdokumente beantragt. Dieser deutliche Rückgang verdeutlicht die Auswirkungen der geopolitischen Lage auf das Tagesgeschäft der Unternehmen. Obwohl der Außenhandel sich allmählich von den Folgen der Coronapandemie erholt, ist der drastische Rückgang der Exporte nach Russland und Belarus spürbar.
Die zunehmenden Handelshemmnisse erschweren das Geschäft zusätzlich. Laut den Ergebnissen der bundesweiten IHK-Umfrage "Going International" für Bayerisch-Schwaben gaben 60 Prozent der befragten Unternehmen an, eine Zunahme der Handelsbarrieren zu spüren, vor allem durch Sanktionen, verstärkte Sicherheitsanforderungen und Zertifizierungen. Dies betrifft Unternehmen mit wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland, China und dem Vereinigten Königreich, wo strengere Regeln seit dem Brexit gelten. Über 30 Prozent der betroffenen Unternehmen berichteten von einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage.
Die Unternehmen kämpfen mit aller Kraft gegen diese Hemmnisse und Risiken an, indem sie beispielsweise ihre Lagerhaltung erhöhen oder ihre unternehmerische Ausrichtung anpassen. 60 Prozent gaben an, bereits neue Exportmärkte erschlossen zu haben. Dabei zeigt sich ein Trend, dass Unternehmen zunehmend unabhängiger von China werden. Die Eurozone und andere EU-Staaten sowie Nordamerika werden als Handelspartner in Zukunft noch wichtiger. Die Unternehmen fordern eine stärkere Unterstützung durch die Politik, um besser auf künftige Krisen vorbereitet zu sein. Fast zwei Drittel der befragten Unternehmen fordern den Abbau von Handelshemmnissen, und etwa 54 Prozent begrüßen den Abschluss weiterer Handelsabkommen mit wichtigen Partnern.
Das im Januar in Kraft getretene Lieferkettengesetz stellt für viele Unternehmen ebenfalls eine Belastung im Auslandsgeschäft dar. Fast 95 Prozent der befragten Unternehmen beklagen den erhöhten bürokratischen Aufwand, über drei Viertel halten die Regelungen für nicht praktikabel und umsetzbar. Mehr als 60 Prozent bemängeln die Rechtsunsicherheit aufgrund der aktuellen Regelungen. Die IHK Schwaben verzeichnet eine deutliche Zunahme des Beratungsaufkommens und fordert eine praxisgerechte Umsetzung des Lieferkettengesetzes seitens der Politik.
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