Bechsteinfledermäuse im Kürnacher Forst
Dem einen oder anderen Wanderer, der die Kürnacher Reviere des Forstbetriebs Sonthofen durchstreift, fallen an den Waldwegen kleine „Kasten-Grüppchen“ an den Bäumen auf. Azubis des Forstbetriebs Sonthofen haben sie letzten Herbst aufgehängt, unter fachkundiger Anleitung von Andreas Walter von der Fachstelle Waldnaturschutz vom AELF Krumbach-Mindelheim.
„Es handelt sich hier nicht um ordinäre Vogel-Nistkästen, die ebenfalls, meist vereinzelt und älteren Baujahrs die Wege säumen. Diese Kastengruppen bestehen aus jeweils vier Kästen, und zwar drei Fledermauskästen und einem Meisen-Nistkasten. Und das hat einen besonderen Hintergrund“, weiß Revierleiter Markus Pfleghardt, der den Staatswald in der nördlichen Kürnach pflegt.
Die Reviere Kürnach Nord und Kürnach Süd der Bayerischen Staatsforsten decken über 90 Prozent des FFH-Gebietes Kürnacher Wald ab. Gemäß FFH-Richtlinie, Anhang II, ist die Bechsteinfledermaus ein Tier mit besonderem Schutzstatus. Die nur etwa fünf Centimeter große Fledermaus hat einen Verbreitungsschwerpunkt in Süddeutschland, allerdings überwiegend nördlich der Donau. Sie ist langlebig (bis 20 Jahre alt) hat aber eine niedrige Vermehrungsrate, denn die Weibchen gebären nur ein Junges. Als ortstreue, reine Waldfledermaus bewohnt sie bevorzugt strukturreiche Mischwälder und gilt als ein Indikator für den ökologischen Zustand des Waldes.
„Wir haben Hinweise für das Vorkommen der Bechsteinfledermaus auch bei uns in der Kürnach. Mit dem Aufhängen von insgesamt 40 Kastengruppen im Kürnacher Staatswald wird ein Monitoringprogramm gestartet, welches der Abschätzung des vorhandenen Bestandes und seiner Entwicklung dienen soll“, so Förster Marus Pfleghardt.
Damit sich nicht gleich Waldvögel – insbesondere die frechen Meisen - einnisten, wird ein „Ablenkkasten“ als Nisthilfe für die Meisenarten angeboten. In der Hoffnung, dass die Vögel die unmittelbar daneben hängenden Fledermauskästen unbehelligt lassen. Die Kästen werden neben den Wegen angebracht, um das Monitoring einfach zu gestalten und andere Waldtiere dabei wenig zu stören. Im April beziehen mehrere Weibchen der Bechsteinfledermaus sogenannte „Wochenstuben“, oft zehn bis 20 Stück. Förster Markus Pfleghardt hofft, dass dafür die aufgehängten Fledermauskästen angenommen werden, was unter Umständen eine gewisse Gewöhnungszeit benötigt. Denn in diesen Kästen lassen sich die Fledermäuse leichter nachweisen als in ihren üblichen Wohnorten wie beispielsweise Baumhöhlen, die es ja zahlreich in der Kürnach gibt. Während die Weibchen die Wochenstubengemeinschaften bilden, leben die Männchen in dieser Zeit solitär. Ab Juni wird ein Junges geboren und im Spätsommer lösen sich die Wochenstubengemeinschaften wieder auf. Überwintert wird also nicht in diesen Kästen, sondern in Höhlen und Höhlenbäumen, Stollen und Kellern. Die Kontrolle der Monitoringkästen erfolgt daher im Juli, dann sind die Jungen halb so groß wie die Mütter.
Wie alle Fledermäuse jagt auch die Bechstein-Fledermaus in der Dämmerung oder nachts. Sie ernährt sich von Insekten, die sie im langsamen Flug von Baumstämmen, vom Laub der Büsche und Bäume oder vom Boden fängt. „Für ihren Schutz ist die Erhaltung stabiler Habitat-Verhältnisse und strukturreicher Wälder durch eine langfristige, naturnahe Waldbewirtschaftung wichtig. Diese Aufgaben erfüllen die Beschäftigten des Forstbetriebs Sonthofen nach bestem Wissen und Gewissen, versorgen dabei die Region mit dem wertvollen, nachwachsenden Rohstoff Holz und pflegen einen Wald, in dem sich die Bevölkerung wunderbar erholen kann“, ergänzt Pfleghardts Chef Jann Oetting, der stolz auf seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist.
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