Regionale Wirtschaft will sich breiter aufstellen
Die bayerisch-schwäbische Wirtschaft blickt mit Spannung auf die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, die derzeit in Berlin stattfinden. Welche Impulse für die wirtschaftliche Zusammenarbeit werden davon ausgehen? Lassen sich Schlüsse auf die künftige China-Strategie der Bundesregierung ziehen?
„Für die Unternehmen in Bayerisch-Schwaben ist China ein unverzichtbarer Handelspartner“, betont IHK-Präsident Gerhard Pfeifer. „Angesichts der aktuellen geopolitischen Herausforderungen benötigt die Wirtschaft aber dringend Leitplanken, wie sie sich breiter aufstellen und so resilienter machen kann. Das setzt unter anderem ein differenziertes und damit auch komplexes Bild der deutsch-chinesischen Beziehungen voraus“, so Pfeifer.
Der IHK-Präsident wird am heutigen Dienstag mit weiteren bayerischen IHK-Vertretern an einem Treffen mit dem chinesischen Premierminister Li Qiang in der Münchner Residenz teilnehmen. Denn der chinesische Markt ist für die Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben nach wie vor von enormer Bedeutung – insbesondere für den Maschinenbau, für Automobilzulieferer, für die Branchen Elektrotechnik und IT, Chemie, Umwelttechnologie und das Gesundheitswesen. In Bayerisch-Schwaben unterhalten derzeit 600 Unternehmen aktive Wirtschaftsbeziehungen nach China oder sind dort mit einer Niederlassung präsent. Mehr als die Hälfte sind Industriebetriebe, gefolgt vom Handel (24 Prozent) und dem Dienstleistungssektor (18 Prozent). Die meisten dieser Unternehmen haben ihren Sitz im Wirtschaftsraum Augsburg, knapp ein Drittel stammt aus dem Allgäu.
Enge Verflechtung zwischen China und Bayerisch-Schwaben
2022 war das bayerische Exportvolumen nach China erneut gestiegen. China ist mit einem Importvolumen von mehr als 18,41 Milliarden Euro der mit Abstand wichtigste asiatische Abnehmer von Produkten „Made in Bavaria“. Umgekehrt ist die heimische Wirtschaft auf Zulieferprodukte aus China angewiesen. Das Importvolumen nach Bayern war 2022 erneut um fast 30 Prozent gestiegen. „Für unsere Unternehmen kann es daher keine Option sein, auf China als Handelspartner zu verzichten“, sagt Pfeifer. „Wir müssen einen Weg des Miteinanders finden, der den geopolitischen Herausforderungen Rechnung trägt, ohne die bestehenden engen wirtschaftlichen Verflechtung zwischen Deutschland und China zu vernachlässigen."
Hoffnung auf einen Aufschwung am chinesischen Markt
Derzeit beeinflusst die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung die Stimmung der Unternehmen, die in China aktiv sind, eher negativ. Wie die Konjunkturumfrage der IHK Schwaben aus dem Frühjahr 2023 gezeigt hat, hat sich das Auftragsvolumen aus China erneut verschlechtert. Laut einer Umfrage der Außenhandelskammer rechnen allerdings nun etwa 40 Prozent mit einem kräftigen Aufschwung in den kommenden zwölf Monaten. Dennoch haben die vergangenen Monate Spuren hinterlassen. „Die strenge Zero-Covid-Politik der chinesischen Regierung während der Corona-Pandemie und die damit verbundene Abschottung des Landes haben viele Unternehmen in Bayerisch-Schwaben veranlasst, ihre Prozesse anzupassen und Lieferketten zu diversifizieren“, berichtet Pfeifer. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat das Bestreben, Abhängigkeiten zu vermeiden, weiter verstärkt.
60 Prozent der Unternehmen erschließen neue Export-Märkte
„Viele Unternehmen in Bayerisch-Schwaben machen sich zunehmend unabhängiger von China“, so Pfeifer. Laut der IHK-Umfrage haben 60 Prozent der bayerisch-schwäbischen Unternehmen bereits neue Märkte für den Export erschlossen oder planen, dies zu tun. Die Eurozone und auch andere EU-Staaten sowie Nordamerika werden dabei als Handelspartner wichtiger. Unternehmen, die bereits im chinesischen Markt aktiv sind, versuchen zum Teil, sich in anderen asiatischen Ländern ein zusätzliches Standbein aufzubauen. Klar ist aber auch: „Kein anderes asiatisches Land kann die wirtschaftliche Bedeutung des chinesischen Marktes aufwiegen“, so Pfeifer. „Die Lösung muss sein, die Präsenz in Asien zu erweitern, um das enorme Marktpotenzial dieser Region zu nutzen und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit der Lieferketten sicherzustellen.“
Handelshemmnisse und Bürokratie erschweren China-Geschäft
Drei von zehn Unternehmen berichten in der IHK-Umfrage „Going International“ allerdings von einer Zunahme von Handelshemmnissen durch wechselseitige Sanktionen oder strenge Auflagen beim Technologietransfer. Das Lieferkettengesetz und die Berichtspflichten, die die geplante China-Strategie der Bundesregierung mit sich bringen könnte, sorgen für zusätzliche Unsicherheiten. „Das Auslandsgeschäft und insbesondere der chinesische Markt haben für unsere Wirtschaft große Bedeutung. Immer neue Ge- und Verbote stehen uns dabei ebenso im Weg wie pauschale Vereinfachungen in „gute“ und „böse“ Länder. Ein offenes und damit lösungsorientiertes Gesprächsklima erreichen wir nur, wenn wir nicht von oben herab wahrgenommen werden, sondern auf Augenhöhe agieren“, betont Pfeifer abschließend.
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