Ein eindrucksvolles Beispiel für die Zunahme der Aggressivität gegenüber Polizeibeamten ist der Angriff auf eine Streife in Oberstdorf vom Juni letzten Jahres. Nachdem der 29-jährige Täter zunächst Passanten mit einem Messer attackiert hatte, ging er in der Folge auf zwei junge Polizeibeamte der Polizeiinspektion Oberstdorf los.
Er würgte beide Polizisten und drückte einem Beamten im Schwitzkasten die Luftzufuhr ab. Selbst der Einsatz eines Schlagstocks hielt ihn nicht von weiteren Angriffen ab. Nur mit Hilfe umstehender Zeugen konnte der Mann schließlich überwältigt werden. Gegen den einschlägig vorbestraften Mann ermittelte die Kriminalpolizei Kempten u.a. wegen versuchten Totschlags, die Gerichtsverhandlung steht noch aus.
Im Jahr 2019 wurden 601 Fälle verbaler oder körperlicher Gewalt gegen Polizeibeamte im Polizeipräsidium Schwaben Süd / West registriert, 35 Fälle weniger als im Jahr 2018 (-5,5 Prozent).
Von diesen Angriffen waren 1.475 Polizeivollzugsbeamte betroffen (-98 Beamte / -6,2 Prozent im Vergleich zu 2018), wovon 205 verletzt wurden. Damit wurden 17 Beamte mehr als im Jahr 2018 durch Angriffe verletzt, was einen Anstieg von 9,0 Prozent bedeutet. 3 Beamte wurden schwer, 202 Beamte leicht verletzt.
Die Taten ereigneten sich im Gros bei freiheitsentziehenden Maßnahmen (223 Fälle) und Identitätsfeststellungen bzw. Sachverhaltsabklärungen (162 Fälle). Auch in den Vorjahren waren diese Maßnahmen typisch für Angriffe gegen Polizeibeamte.
Bei 50 Fällen ging keine polizeiliche Maßnahme voraus.
Ebenfalls analog der Vorjahre fanden die Taten überwiegend in den Nachtstunden und am Wochenende statt.
Am häufigsten waren die Beamtinnen und Beamte des Polizeipräsidiums Schwaben Süd / West Beleidigungen (229 Fälle), Tätlichen Angriffen (160 Fälle) und Widerständen (102 Fälle) ausgesetzt.
Die dadurch verursachte Zahl der Dienstausfalltage stieg deutlich von 232 Dienstunfähigkeitstagen auf 346 Tage. Dies stellt eine Steigerung von 49, 1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr dar.
Beamte im Wach- und Streifendienst waren - wie in den Vorjahren auch - mit großem Abstand (94 Prozent) am häufigsten von Angriffen betroffen.
Die Anzahl der Tatverdächtigen, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss standen war mit 339 (insgesamt 501 Tatverdächtige) fast identisch zum Vorjahr.
Polizeipräsident Werner Strößner: „Es stimmt mich nachdenklich, wenn die seit Jahren ohnehin schon hohe Anzahl verletzter Kolleginnen und Kollegen nun einen neuen Höchststand erreicht hat. Ich hoffe, dass die seit November 2019 in unserem Präsidium flächendeckend eingesetzte BodyCam zu einem Rückgang der Angriffe führt. Die ersten Erfahrungen der Kollegen mit diesem neuen Einsatzmittel sind sehr positiv.“
(Polizeipräsidium Schwaben Süd / West, TH)