Die altansässige alpine Bevölkerung hatte für Orte und Punkte, die für ihre Lebensweise unwichtig waren, keine Namen. Namen erhielten vor allem Passübergänge und bewirtschaftete Alpen. Also Orte, die eine erkennbare Bedeutung hatten. Entsprechend waren auf frühen Karten auch kaum Bergnamen zu finden, sondern die Besitzgrenzen und Territorien der Herrschenden genau verzeichnet. Wie die Berge zu ihren Namen kamen und warum zum Beispiel die Oberstdorfer und die benachbarten Kleinwalsertaler dieselben Berge jeweils andersherum benannt haben – dieses und weitere Namensphänome analysiert der Volkskundler und Kulturwissenschaftler Professor Dr. Martin Scharfe in seinem Vortrag zur Geschichte der Berg- und Wegenamen am 26. Oktober im Alpinen Museum auf der Praterinsel.
Über die Entstehung der Bergnamen „Erst als die Touristen in die Berge kamen, wurde es notwendig, auch wirtschaftlich bis dahin unbedeutende Berge und Wege mit Namen zu benennen“, erklärt Martin Scharfe. Oft benutzten aber verschiedene Talschaften oder Gemeinden für ein und denselben Berg ganz verschiedene Namen. Dies führte in der Frühphase des Alpinismus oftmals zu Verwirrung und Missverständnissen. So verloren beispielsweise die Brüder Meyer auf dem Weg zu ihrer ersten Besteigung des Jungfraugipfels zwei ganze Tage, da sie in Ermangelung genauer Bergkarten und Bezeichnungen nach dem richtigen Aufstiegsweg suchen mussten. Eine weitere Anekdote aus der Schweiz berichtet, dass eine Seilschaft im Jahre 1841 davon ausging, das Schreckhorn erstbestiegen zu haben, in Wirklichkeit jedoch den Gipfel des Lauteraarhorns erklommen hatte. „Diesem Wirrwarr oder auch Mangel an Namen mussten unsere alpinistischen Vorfahren abhelfen, wenn sie Missverständnisse beim Wegfinden vermeiden wollten“, weiß Professor Scharfe. „Die Normierung der Namen war eines der obersten Ziele des Alpinismus und gehört bis heute zu seinen größten, wenn auch oft nicht anerkannten oder gar geringgeschätzten Leistungen.“ (PM)