Forstbetrieb stellt Ausgleichsflächen für Center Parcs
Seit einigen Tagen machen die ersten Gäste im „Center Parcs Allgäu“ Urlaub. Der Ferienpark im Urlauer Tann vor den Toren von Leutkirch und wurde innerhalb von zwei Jahren gebaut. Auf dem ehemaligen Munitionsdepot der Bundeswehr sind 1.000 Ferienhäuser mit 5.000 Betten und sogar einem tropischen Schwimmbad aus dem Boden gewachsen. Es gilt als prestigeträchtiges Tourismusprojekt und war zeitweise mit einer Ausdehnung von rund 230 Fußballfeldern die größte Baustelle im Allgäu!
Dem eigentlichen Bau gingen jahrelange Planungen voraus; schließlich handelt es sich um ein Vorhaben, das wegen Rodungs- und Erschließungsarbeiten großflächig in den Naturhaushalt eingreift. Eine Genehmigung wurde daher nur unter der Auflage der Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen erteilt. Bereits im Jahr 2010 begab sich das Management von Center Parcs auf die Suche nach geeigneten Flächen mit Aufwertungspotential.
Leitgedanke war es, dass die durch das Tourismusprojekt verlorengegangenen natürlichen Ressourcen in allernächster Nähe langfristig mindestens kompensiert werden. Dabei war es gar nicht so einfach, Ausgleichsflächen in entsprechender Größe und Lage zu finden.
Ursprünglich war ein Bedarf von insgesamt 60 – 80 Hektar vorgesehen. Für den größten Teil sorgten die Bayerischen Staatsforsten mit dem Forstbetrieb Sonthofen: Allein im Kürnacher Staatswald befinden sich Ausgleichsflächen in einer Größenordnung von 80 Fußballfeldern.
Revierleiter Hans Mayr vom Forstbetrieb Sonthofen war in das Verfahren um die Ausgleichsflächen eingebunden: „Ein bisschen bin ich heute noch stolz, dass Planungsbüro und Planungsbehörden meine vorgeschlagenen Flächen damals ohne Einschränkungen akzeptiert haben. Es sind jetzt schon ganz besonders artenreiche Waldbestände, die mir immer am Herzen lagen“. Auf rund der Hälfte der Fläche dieser 80 Fußballfelder bzw. 56 Hektar verzichtet der Forstbetrieb künftig vollständig auf eine Nutzung! Auf den Restflächen ist eine Bewirtschaftung jahreszeitlich beschränkt unter Rücksichtnahme auf besondere Biotopbaumgruppen.
Auch Waldbesucher sollen die Flächen möglichst meiden, damit sich die Natur ungestört entwickeln kann. An markanten Punkten sind Hinweisschilder aufgestellt, die die Waldbesucherinnen und -besucher lenken.
Der Kürnacher Wald ist ein beliebtes Refugium für verschiedene Spechtarten. Revierleiter Mayr erinnert sich an fünf Spechtarten, die er dort bereits beobachten konnte. Dazu zählen echte Raritäten wie der Dreizehenspecht und der noch seltenere Weißrückenspecht. Im gleichen Takt wie „Center Parcs“ im Urlauer Tann Gestalt annahm, führten die Bayerischen Staatsforsten im Kürnacher Wald biotopgestaltende Maßnahmen durch: Dichte Nadelwaldpartien wurden aufgelockert und dabei zahlreiche Fichten in einer Höhe von 3 bis 4 Meter geköpft und deren Rinde weitgehend von Forstmaschinen abgetragen. So gab es für den Borkenkäfer keine Chance zur Vermehrung. „Das sind künftig hervorragende Brutbäume für den Dreizehenspecht“, freut sich Revierleiter Mayr.
Der Weißrückenspecht ist dagegen ein Liebhaber von dürrem Buchenholz. Das Fehlen von Totholz ist ein Grund, dass dieser Specht nahezu in ganz Europa sehr selten ist. Nochmal Förster Mayr: „Vor allem an warmen Südhängen, der bevorzugter Aufenthalt des Weißrückenspechtes, sind deshalb vor zwei Jahren punktuell schwache bis mittelstarke Buchen geringelt worden. Ringeln bedeutet, dass lebende Bäume künstlich zum Absterben gebracht werden, indem Rinde und wasserführendes Holzgewebe mehrere Zentimeter tief ringförmig um den Stammkörper durchtrennt wird. Dadurch entsteht über Jahre hinweg Totholz in allen Zerfallsphasen ähnlich wie in einem Urwald. Für Spechte dienen sie als erstklassige Nahrungs– und Brutbäume.“ Förster Mayr lächelt und freut sich über sein ökologisch sehr wertvolles Staatswaldrevier in der Kürnach.(pm)
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