Moderator: Isabelle Tausend
Sendung: Der AllgäuWECKER
mit Isabelle Tausend
 
 
Isaak Droysen (19) erhebt schwere Vorwürfe gegen seinen ehemaligen Eiskunstlauf-Trainer Karel Fajfr (74)
(Bildquelle: StudioLine Photography (Andy H.))
 
Oberallgäu - Oberstdorf
Freitag, 23. August 2019

Harte Vorwürfe gegen Eiskunstlauf-Trainer in Oberstdorf

Der ehemalige Eiskunstläufer Isaak Droysen (19) erhebt schwere Vorwürfe gegen seinen früheren Trainer Karel Fajfr (75) am Eiskunstlauf-Bundesstützpunkt in Oberstdorf im Allgäu. Bereits vor einigen Wochen hatte die Main-Post, eine Zeitung in der Würzburger Heimat des 19-Jährigen, erstmals berichtet, Mitte August war Droysen auch bei Radio AllgäuHIT zu Gast, um seine Sicht der Dinge zu schildern. Die Rede ist von Misshandlungen: Er soll unter anderem eine Ohrfeige kassiert und einen Schlag in den Rücken erhalten haben, so nachzulesen in dem Artikel der Main-Post von Ende Juli - Doch damit nicht genug: „Beleidigungen und Erniedrigungen waren an der Tagesordnung“, sagt er. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Würzburg Vorermittelungen rund um mögliche Vergehen eingeleitet.

Alles begann als Isaak Droysen 14 Jahre alt war. Als eines der größten Talente seines Vereins, des WSV Aschaffenburg, stand die Option im Raum, zum Eislauf-Bundesstützpunkt nach Oberstdorf zu wechseln. Empfehlung: Trainer Karel Fajfr, der wird was aus ihm machen, hatte man ihm gesagt. Also zog Isaak mit seiner Mutter nach Oberstdorf. Anfangs sei alles normal verlaufen, doch schon nach einem halben Jahr soll sich das Blatt gewendet haben. Beschimpfungen waren an der Tagesordnung, es setzte „Schläge auf Arme und Beine“, so bereits nachzulesen im ersten Artikel der Main-Post - bezeichnend genug, dass Isaak Droysen bei dieser Aussage hinzufügt, dass diese „nicht so schlimm gewesen seien“ – Vielleicht ein Zeichen, was diese Art der Misshandlung mit jungen Menschen wie Isaak macht.

Als Junge habe er alles erduldet und über sich ergehen lassen. „Du schaltest irgendwann komplett ab und blendest das Geschehen sobald du die Eishalle verlassen hast aus, damit du nicht komplett wahnsinnig wirst. Zudem ist ein Trainer auch eine Respektsperson, deswegen war ein Aufbegehren im Alter von 14, 15, 16 Jahren nie eine Option“, so Droysen am AllgäuHIT-Mikrofon. Darüber hinaus habe er schlicht Angst gehabt, er habe nie gewusst, wie weit der Trainer bei seinen Wutanfällen gehen würde. „Wir waren gerade erst nach Oberstdorf gezogen, weil ich durch die besseren Trainingsbedingungen am Bundesstützpunkt in Oberstdorf meine Konkurrenzfähigkeit ausbauen konnte. Hier konnte ich an sechs Trainingstagen pro Woche trainieren, im Gegensatz zu drei Einheiten in Aschaffenburg. Meine Eltern haben das alles auf sich genommen, um mir bei meiner sportlichen Karriere zu helfen, da wollte ich sie zunächst nicht mit diesen Vorfällen konfrontieren. Ich dachte einfach: Das kann ja nicht immer so weiter gehen, das wird wieder besser“, so der 19-Jährige.

Doch da hatte er sich offenbar getäuscht. „Es waren ja nicht nur Aggressionen. Er hat mich dahingehend erniedrigt, dass ich ohne Pause vier Wettkampfprogramme am Stück laufen musste - Das ist fast nicht zu schaffen, ohne dass es regelmäßig zu schweren Stürzen oder Verletzungen kommt“. Mehrfach hatte Isaak sich auch entsprechende Verletzungen zugezogen, die ein bis eineinhalb oder sogar zwei Monate ausheilen mussten. Schließlich suchte Isaak doch den Rat seiner Eltern auf. Das Gespräch mit den Verantwortlichen seines Heimatvereins wurde gesucht. „Diese meinten nur, er solle sich nicht so anstellen, sie würden aber mit Karel Fajfr reden. Danach wurde alles nur noch schlimmer“, so Droysen.

2016 organisierte sein Vater einen Trainerwechsel. Er hatte erfahren, dass Fajfr 1995 schon einmal wegen sexuellen Missbrauchs, aber auch wegen Körperverletzung in mehreren Fällen  verurteilt wurde. Sogar ein dreijähriges Berufsverbot hatte das Gericht verhängt. Isaak Droysen wurde ab diesem Zeitpunkt in Oberstdorf nun von Alexander König trainiert - Dieser schaffte mit Aljona Savchchenko und Bruno Massot und deren Olympiasieg von 2018 in Pyeongchang und dem Weltmeistertitel bei der WM 2018 in Mailand den wohl größten Erfolg der deutschen Eiskunstlaufszene seit Jahren und Jahrzehnten.

„Das Training bei Alexander König war wie Tag und Nacht“, meint Isaak Droysen heute. „Ich bin Alexander König unendlich dankbar. Er hat mich nach diesen schweren Zeiten wahnsinnig toll unterstützt. Er war neben der großartigen sportlichen Zusammenarbeit auch mental für mich da, sodass ich das Geschehene verarbeiten konnte. Sportlich ging es unter seiner Anleitung deutlich nach oben, ich war viel weniger verletzt. Sein Training hat ganz andere Maßstäbe, es hat System.“, so Droysen. Doch auch sein Ex-Trainer war immer noch am Bundesstützpunkt aktiv: „Das war eine riesen Belastung immer wieder Herrn Fajfr über den Weg laufen zu müssen. Mental erniedrigt dich das nach solchen Vorfällen bereits, wenn er nur an der Bande vorbeiläuft und zusieht“, so der 19-Jährige bei Radio AllgäuHIT.

Vor rund einem Jahr hat Isaak Droysen eigenständig seine Eiskunstlauf-Karriere beendet. Droysen am AllgäuHIT-Mikrofon: „Ich wollte mich um meine Zukunft kümmern. Als Eiskunstläufer sind die Verdienstmöglichkeiten beschränkt. In anderen Sportarten und bei anderen Verbänden gibt es Sponsoren, das gibt es so im Eiskunstlauf nicht. Daher habe ich mich entschieden, dass ich nach meinem Abitur nun ein duales Studium im Bankwesen beginne. Im September geht es los. Ich pendle dann zwischen Ravensburg, Kempten und München, kehre also auch so ein bisschen wieder ins Allgäu zurück“.

Öffentliche Vorwürfe als Reaktion auf einen Zeitungsbericht
Darum ist der 19-Jährige jetzt an die Öffentlichkeit gegangen: „Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen, wie mein Heimatverein und auch die DEU (Deutsche-Eislauf-Union) mit meinen Rückmeldungen und auch denen mehrerer Zeugen, die sich bei der Main-Post gemeldet haben, umgegangen ist. Es wurde in meinen Augen alles vertuscht. Als ich dann noch einen Bericht gelesen habe, wo es über mich ging und dort einige Tatsachen verdreht waren, war für mich das Maß voll. Wollen die ernsthaft, dass weitere hoffnungsvolle Talente des Eissports durch dieses System gebrochen und ihrer Möglichkeiten beraubt werden?“

Auch von seinem ehemaligen Verein, dem WSV Aschaffenburg wird der 19-Jährige in seiner Wahrnehmung im Stich gelassen. Obwohl sie nach Droysens Aussage mit am Tisch gesessen haben soll, als es um seinen Wechsel nach Oberstdorf zum gesagten Trainer ging, heißt es von der Abteilungsleiterin nur: Die Entscheidung hätte die Familie Droysen ganz alleine getroffen, die Main-Post bereits berichtete. „Das macht mich nicht nur traurig, sondern auch wütend. Warum stehen die alle hinter einem solchen Mann? Das ist doch nicht nachvollziehbar. Natürlich haben wir als Familie die Entscheidung getroffen, aber selbstverständlich haben wir uns auf die Empfehlungen von Vereins- und Verbandsseite mit klarem Bezug auch auf Herr Fajfr verlassen. Wenn meine Eltern schon damals von den Fällen aus der Vergangenheit gewusst hätten, wäre hier sicher vieles anders verlaufen“, so Droysen.

Die andere Seite der Medaille
Bei der Deutschen Eislauf-Union sind keine Vorwürfe gegen Trainer Karel Fajfr bekannt, hatte DEU-Präsident Dieter Hillebrand bereits der „Main-Post“ gesagt. Im April 2019 soll jedoch laut der Zeitung „taz“ eine Regelung der DEU erschienen sein, wonach Nachwuchs- Bundeskader-Sportler nicht mehr allein bei Fajfr trainieren dürfen. Ein Heimtrainer kann ihm lediglich Aufgaben übertragen, heißt es dort. Die Behauptungen der "taz" wies die DEU inzwischen zurück. Man kündigte auf der eigenen Homepage eine "lückenlose Aufarbeitung " der Vorwürfe durch Isaak Droysen an.

Die Abteilungsleiterin beim WSV Aschaffenburg geht davon aus, „dass die Vorwürfe durch Isaak an Trainer Karel Fajfr unbegründet sind, so wie die Vorwürfe gegen ihre Person selbst“, wie sie ebenfalls der Main-Post sagte. Ob eine Rolle spielt, dass eine Tochter der Frau von besagtem Trainer am Bundesstützpunkt in Oberstdorf trainiert wird?

Fajfr selbst wiederum hat den Vorwürfen widersprochen. Eine ausführliche Stellungnahme ist auf dessen Homepage unter http://www.karelfajfr.info/ zu lesen.

Droysen: EC Oberstdorf hat mit den Vorfällen nichts zu tun
Den EC Oberstdorf lässt Isaak Droysen bewusst außen vor: „Ich bin Sportler des Bundesstützpunkts in Oberstdorf gewesen und habe national den WSV Aschaffenburg und international Deutschland vertreten, das hat mit dem dortigen EC Oberstdorf nichts zu tun. Für mich war mein vertrauter Ansprechpartner mein Heimatverein, daher habe ich mich nie direkt an den EC Oberstdorf gewandt oder dort Hilfe gesucht“, meint der 19-Jährige abschließend.

Für immer hat Isaak Droysen mit dem Eiskunstlauf übrigens nicht abgeschlossen. „Momentan spielt der Sport keine Rolle bei mir, ich will aber nicht ausschließen, dass ich vielleicht irgendwann nochmal die Eishalle zurückkehre. Ich kenne die Licht- und Schattenseiten. Sollte ich dann im Bereich Trainer aktiv werden, dann sicher wie Alexander König und niemals so wie Karel Fajfr“, sagt Isaak Droysen abschließend.

+++ NACHTRAG +++
Amtsgericht Sonthofen: Trainer mangels Tatverdacht freigesprochen

Die Staatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren gegen Karel Fajfr wegen der Vorwürfe Droysens von angeblichen Schlägen auf Arme, Beine, Rücken und ins Gesicht mangels Tatverdachts eingestellt. Diese Entscheidung hat die Generalstaatsanwaltschaft München nach Beschwerde Droysens bestätigt. Nun hat das Amtsgericht Sonthofen Karel Fajfr am 08.02.2021 von dem noch verbliebenem Vorwurf einer angeblichen Ohrfeige Droysens im Herbst 2016 freigesprochen. Der Freispruch ist rechtskräftig. (18.2.2021)


Der Videobeitrag zum Anschauen:


Tags:
eiskunstlauf fajfr misshandlung sport


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