Kempten: Polizei und jugendliche Flüchtlinge im Austausch
Welche Verhaltensweisen, Normen und Werte gelten in Deutschland? Welche Auswirkungen haben sie auf unsere Gesellschaft? Wie können Konflikte und Gewalt vermieden werden? Im Rahmen eines Workshops setzten sich unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit Themen wie diesen auseinander. Organisatoren der zweitägigen Veranstaltung, die Ende August in Kempten stattfand, war die JohanniterUnfall-Hilfe im Allgäu in Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium Schwaben Süd/West.
Im Allgäu leben derzeit knapp 90 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zwischen 14 und 17 Jahren in den fünf von den Johannitern betriebenen Unterkünften. Vieles haben sie seit Ihrer Ankunft über die Verhaltensweisen, Normen und Werte in Deutschland gehört und gelernt. Immer wieder kommt es jedoch zu Konflikten, Gewalt und auch zum Einsatz der Polizei.
Der zweitägige Workshop „Miteinander Werte, Normen und Gesetze vermitteln - Polizei und Flüchtlinge im Austausch“ an dem 22 Jugendliche aus den Einrichtungen in Lauben, OyMittelberg und Oberstdorf teilnahmen, zielte darauf ab, eine gemeinsame Kommunikations und Verständniseben zu finden und miteinander eine Möglichkeit zu einem friedlichen Zusammenleben zu erarbeiten.
Als Referentinnen waren Petra Tebel, Kriminalhauptmeisterin im Polizeipräsidium Schwaben Süd/West und ihre Kollegin, die Polizeihauptmeisterin Melanie Hintze vor Ort. Gemeinsam mit der Seminarleiterin Dr. Judith Abdel-Massih-Thiemann füllten sie die behandelten Themen durch anschauliche Beispiele und Rollenspiele zielgruppengerecht mit Leben. Die Jugendlichen, die aus Afghanistan, Pakistan, Syrien und Äthiopien stammen, durften über die Polizei in Ihren Heimatländern berichten – dabei fielen Schlagwörter wie „unberechenbar“, „bestechlich“, „schlägt“, „willkürliche Verhaftungen“ manchmal Unterstützer krimineller Gruppen“ – und verglichen die Ergebnisse dann mit ihrem Bild von der Polizei in Deutschland („nett und freundlich“, „gerecht“, „hilft“, „sorgt für Ordnung“).
Zusammen wurden verschiedene Formen von Gewalt betrachtet - sei es körperliche, verbale, sexuelle, psychische Gewalt, Sachbeschädigung, Mobbing oder Liebesentzug - und deren kulturell teils unterschiedlichen Gewichtungen. Im Verlauf der zwei Tage erarbeiteten und diskutierten die Jugendlichen intensiv Normen, Werte und Gesetze, die ihnen bereits geläufig sind. Zu den Aufgaben gehörte auch die Selbstreflexion, wie viele der Regeln sie selbst wirklich einhalten, welche nicht – und warum. In einer Vielzahl von Rollenspielen übten die Teilnehmer zudem den Perspektivenwechsel und erarbeiteten gewaltfreie Konfliktlösungen.
Dabei ging es beispielsweise um das Verhalten bei Konflikten mit den Betreuern, Gewalt im Linienbus oder, ganz intensiv, um Mobbing. „Verhaltensänderungen nur aufgrund des Workshops können nicht von jedem erwartet werden“, räumt Markus Adler, Mitglied des Regionalvorstandes der Johanniter im Allgäu, ein. Doch habe sich in der Abschlussrunde gezeigt, dass die Jugendlichen einige wichtige Informationen und Anregungen mit nach Hause nehmen konnten.
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