Moderator: Isabelle Tausend
Sendung: Der AllgäuWECKER
mit Isabelle Tausend
 
 
IHK-Vertreter: Markus Anselment, Thomas Holderried und Rolf Thomann (v.l.n.r)
(Bildquelle: AllgäuHIT)
 
Bodensee - Lindau
Mittwoch, 1. Juli 2020

So steht es um die Wirtschaft im Landkreis Lindau

Wie Corona die Wirtschaft im Landkreis Lindau getroffen hat, war das Thema des Pressegesprächs zu dem die IHK in Lindau eingeladen hatte. Als Vertreter der Industrie- und Handelskammer Schwaben waren anwesend Vizepräsident Thomas Holderried, der stv. Vorsitzender der Regionalversammlung Rolf Thomann und Markus Anselment, stv. Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben in Lindau.

Schon zu Beginn zeigte sich in den Ausführungen ernüchternd das Ausmaß der
Krise und die deutlich spürbaren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Der Konjunkturindex ist abgestürzt, die lange Phase der Hochkonjunktur ist vorerst beendet, so das kurzgefasste Ergebnis der Anfang Mai durchgeführten Konjunkturumfrage der IHK Schwaben.
 
Ziel der Umfrage ist die Benennung der Handlungsfelder aus Sicht der regionalen Wirtschaft, verbunden mit einem konkreten Blick auf die nun für die Region notwendigen Schritte zur Wiederbelebung der heimischen Wirtschaft. Im Wesentlichen ging es um die aktuelle Geschäftslage und die wirtschaftlichen Erwartungen bis Ende des Jahres. Durch die Lockerungen ab etwa Mitte Mai hätte sich die Gesamtsituation geringfügig entspannt, aber nicht zum deutlich positiven entwickelt.
 
Es stellen sich zwei Fragen: „Was muss zur Unterstützung der Wirtschaft passieren?“ „Was darf nicht mehr passieren?.“ Wichtig auch die Erkenntnis, das die Coronakrise nicht mit Ereignissen der Vergangenheit, z.B. nach der Finanzkrise 2008 vergleichbar ist. Waren es damals bestimmte Branchen die besonders hart getroffen wurden, sind es diesmal alle wirtschaftlichen Bereiche die leiden.
 
Wer glaubt die Arbeitslosenzahlen seien ein Gradmesser um die dramatische Situation zu bewerten der irrt, so die IHK-Vertreter. Diese sei von 2,6 % auf 3,5 % gestiegen. Ein belastbarer Indikator ist die Kurzarbeit. 70 % der Unternehmen haben Kurzarbeit beantragt. Hier zeigt sich die ganz Dramaturgie des Geschehens. Sollte sich diese Situation nicht ändern, könne aus Kurzarbeit sehr schnell
Arbeitslosigkeit werden.
 
Bei den Auszubildenden zeigt sich eine weniger belastete Situation, da für dieses Personal die Kurzarbeitsregelungen nicht gelten. Die IHK ermuntert die Unternehmen und Betriebe weiter ausbildungswillige Jugendliche einzustellen. Die Bundesregierung hat finanzielle Anreize geschaffen, die so aussehen, dass bei Betrieben von bis zu 250 Mitarbeitern es einmalig für jeden Ausbildungsplatz 2000 Euro gibt, bei Betrieben mit über 250 Beschäftigten einmalig 3000 €. Derzeit liegt die Ausbildungsquote 20 % niedriger als ein Jahr zuvor, bezogen auf den Monat Mai. Produktion und Gewerbe brauchen Auszubildende. Der besonders im Mittelstand vorhandene Einbruch müsse ausgeglichen werden. In diesem Zusammenhang werden auch die ausgefallenen Schnuppertage oder auch Berufsinfomessen bedauert, die wegen Corona nicht durchgeführt werden konnten.
 
Deutlich sind, trotz breiter Belastung der Wirtschaft, regionale und branchenbezogene Unterschiede. So hat die Bauwirtschaft derzeit noch Aufträge, die aber zumeist aus der Zeit vor Corona stammen. Bei den Aufträgen für die Zukunft sieht es dann aber nicht mehr so gut aus. Hier hängt die weitere Entwicklung von der Investitionsbereitschaft ab, die nicht zurück gehen darf.
 
Sollte es eine zweite Coronawelle geben, sei Sensibilität das Gebot der Stunde, so die IHK-Vertreter. Massenveranstaltungen werden skeptisch gesehen. Wurde Anfangs der komplette Lockdown kritisch gesehen, so wundert man sich jetzt über den, auf Bundesländerebene, durchgeführten Lockerungsüberbietungswettbewerb. Es müsse klar sein, dass das Geschäftsmodell MASSE nicht mehr geschäftsfähig ist. Preise werden und müssen steigen um Wirtschaftsbetriebe am Leben zu halten.
 
Zum Thema Mehrwertsteuer gibt die IHK Schwaben keine Empfehlung ab, geht aber davon aus, das diese an die Endkunden weiter gegeben wird. Problem sei die Systemumstellung für die MwSt-Änderung von 19 auf 16%. Hier können Umstellungskosten bis zu einer Höhe von 100.000 € auf Unternehmen zukommen. Für den Bund bedeutet die Reduzierung ein Verlust von 20 Milliarden Euro.
 
So schnell als möglich müssten die Lieferketten wieder geschlossen werden. Derzeit liegen die Einbrüche bei den Exporten bei 48,5% nach Frankreich und bei 40% nach Italien.
 
Für 2021 wird ein massiver Einnahmerückgang in den Haushalten der Kommunen erwartet. Hier hat der Bund eine Regelung im Bereich Gewerbesteuer entwickelt, die den Kommunen helfen soll.
 
Insgesamt geht die IHK Schwaben von einer Erholungsdauer für die Wirtschaft von 2 bis 3 Jahren aus, wenn Corona in diesem Jahr, evtl. durch einen verlässlichen Impfstoff, gestoppt wird. Sollte dies nicht gelingen und es zu einer zweiten Infektionswelle kommen, käme es zu unkontrollierten Insolvenzen. Dies seien jetzt noch nicht absehbar, da die Vorschriften bis Ende September ausgesetzt wurden. Erst dann zeigt sich das Ausmaß. Nicht unterschätzt werden, darf das sogenannte „stille sterben“. Das bedeutet das
Betriebe, die wegen Corona geschlossen wurden, nicht öffnen, da mit den derzeit geltenden Regeln nicht wirtschaftlich gearbeitet werden kann. Diese Geschäfte bleiben dann geschlossen. Damit kann dann zwar eine Insolvenz verhindert werden, die Situation für die Betroffenen ändert sich aber nicht.
 
Die Belastungen für die Unternehmen und Betriebe, so war insgesamt der Tenor des Pressegesprächs, müssen reduziert werden. Dazu gehören auch die Energiekosten, namentlich die EEG-Umlage. Diese beträgt derzeit 6,756 ct/kWh und könnte, so die Prognosen, im nächsten Jahr auf 8,6 Cent/kWh steigen. Eine Deckelung soll dies verhindern. Für 2021 läge diese dann bei 6,5 Cent und 2020 bei 6 Cent. Für den Bund bedeutet dies ein Verlust von etwa 11 Milliarden Euro. Eine Reduzierung dieser Umlage kommt übrigens der Industrie, wie auch den Privathaushalten zugute.
 
Eine weitere Erleichterung wären schnellere steuerliche Abschreibungsquoten. So könnten dann z.B. Investitionen in drei, statt in fünf Jahren abgeschrieben werden.
 
Bei der Digitalisierung in allen Bereichen von Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft müsse noch mehr Tempo an den Tag gelegt werden. Corona hätte hier schon einiges bewegt, es gäbe aber noch viel zu tun.
 
Insgesamt, so die Vertreter der IHK Schwaben hätte die Bundesregierung bisher gute Arbeit geleistet. In Schulnoten ausgedrückt wurde eine „2“ vergeben.


Tags:
wirtschaft landkreis ihk corona


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