Ohne Wertschätzung: Fernfahrer versinken in Paketflut
Das Weihnachtsfest steht bevor und nicht etwa der Weihnachtsmann, sondern eher die LKW- Fahrer bringen uns allen die Päckchen zum Fest. Viele der Fahrer sind dabei auch in der Nacht unterwegs. Aktuell gilt hier aber die Ausgangssperre. Diese ist aber noch das kleinste aller Probleme. Womit sich die Fernfahrer sonst noch auseinandersetzen müssen erklärte Prof. Dr. Dirk Engelhardt, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) in einem Interview mit Radio AllgäuHIT.
Radio AllgäuHIT: Welche Regeln gelten derzeit für alle Fernfahrer in der Ausgangssperre?
Dirk Engelhardt: Grundsätzlich sind die Fernfahrer und die Berufstätigen ausgenommen, das heißt, sie können ihrer Tätigkeit nachkommen. Das Problem ist dabei eher, dass wir durch den Föderalismus 16 verschiedene Quarantäneverordnungen haben. Es ist für uns nahezu unmöglich jeder Quarantäneverordnung und jeder Änderung, die permanent vorgenommen wird, nachzukommen. Es ist ein schwieriges Umfeld, aber, alles in allem können die Fahrer ihre Arbeit noch erledigen.
Radio AllgäuHIT: Dadurch, dass alle um 21 Uhr zu Hause sein müssen, sind die Straßen doch prinzipiell frei, oder? Hat das auch einen positiven Effekt?
Dirk Engelhardt: Das hat einen minimal positiven Effekt. Allerdings müssen die meisten Waren tagsüber ausgeliefert werden, weil die Supermärkte natürlich nachts nicht geöffnet haben. Ebenso die Warenempfänger, die in der Nacht auch nicht überall vorhanden sind. Für den ein oder anderen Verkehr, der in der Nacht abgewickelt wird, hat das Vorteile, aber der größte Teil erfolgt immer noch in den Tagstunden. Demnach ist das kein Rieseneffekt.
Radio AllgäuHIT: Gab es schon Rückmeldungen an den Verband, wegen frustrierten oder gestrandeten Fahrern, wegen geschlossener Anlagen?
Dirk Engelhardt: Wir sind da ganz aktiv mit den Fernfahrern im Austausch. Wir haben eine eigene "Brummi-Card" und arbeiten sehr eng mit der "Tank und Rast" zusammen und jedes Mitgliedsunternehmen, das bei uns Mitglied ist, kann bei uns so eine "Brummi-Card" erhalten. Diese Karte ermöglicht die kostenfreie Nutzung von Sanitäranlagen, sowie das Duschen für die Fahrer. Das ist der positive Aspekt.
Der negative Aspekt ist, dass gerade der Versandhandel, der von allen Bürgern derzeit sehr stark genutzt wird, also die Onlinehändler, teilweise katastrophale Zustände haben. Diese Händler stellen ihren Fahrern keinerlei sanitäre Anlagen zur Verfügung. Da kommen dann auch sehr wohl Beschwerden bei uns an. Jeder bestellt online, jeder möchte sein Päckchen rechtzeitig und wie dabei mit uns umgegangen wird passt aber hinten und vorne nicht.
Radio AllgäuHIT: Werden Fernfahrer in der Gesellschaft zu wenig geschätzt?
Dirk Engelhardt: Grundsätzlich wäre es mir sehr wichtig noch einmal zu unterstreichen, dass die Unternehmer und ihre Fahrer das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind. Der Konsum und die Tatsache, dass wir trotz der Pandemie jederzeit alles verfügbar haben, ist zum Großteil den Fahrern zu verdanken. Wir würden uns also sehr wünschen, dass die Wertschätzung auch über die Krise hinaus in der Gesellschaft endlich einen Wiederklang findet. Dass man sich einfach mal selbst klar macht, wie wichtig diese Versorgungsleistung der Fernfahrer eigentlich ist.
Radio AllgäuHIT: Was erhofft man sich für 2021? Welche Regelungen sollten, aus Ihrer Sicht, als erstes gelockert werden?
Dirk Engelhardt: Die Tatsache, dass unsere Supermarktregale zu jeder Zeit komplett gefüllt waren, unsere Tankstellen mit Kraftstoff versorgt sind und so weiter, ist den Fernfahrern zu verdanken. Deswegen plädieren wir auf europäischer, nationaler und auch auf der Bundesland- Ebene für die Freistellung der Fahrer von allen Quarantäneverordnungen. Dazu die Umsetzung der sogenannten "Green-Lanes-Verordnung" von Seiten der EU, das heißt, dass der freie Warenverkehr fließen kann. Nur dann können wir unseren Konsum so sicherstellen, wie wir ihn jetzt gewohnt sind.
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