Milchpreise nach oben statt nach unten „verhandeln“
Ungläubiges Staunen und Kopfschütteln sind noch die mildesten Reaktionen, die die jüngsten Presseverlautbarungen des Bauernverbands zum Milchmarkt bei den Milchviehhaltern ausgelöst haben. Trotz einer gegenüber dem Vorjahr rückläufigen Milchanlieferung und trotz deutlich steigender Produktionskosten erklärt der Bauernverband, dass 33 Cent/kg Milch die Marke sei, „an der wir unsere Molkereien messen werden“ und legt damit die Messlatte noch tiefer als den zum Jahreswechsel ohnehin schon abgesenkten Milchpreis von durchschnittlich rund 35 Cent.
Experten rechnen aufgrund stark gestiegener Futter- und Energiekosten mit einem Anstieg der Produktionskosten um rund 4,5 Cent je Kilogramm Rohmilch. Was die Milchviehhalter also dringend brauchen, sind deutlich höhere Milcherzeugerpreise statt einer Preissenkung.
Im Bundesdurchschnitt liegen die Kosten für die Milchproduktion bereits jetzt bei 45 Cent/kg, das heißt, dass aktuell schon eine massive Unterdeckung der Produktionskosten besteht. Und diese Situation wird sich auf der Kostenseite auch nicht so schnell entspannen. Insbesondere die Milchviehbetriebe, die von der Dürre des letzten Sommers betroffen waren, bekommen dies zu spüren. Aufgrund sehr knapper Grundfuttervorräte müssen sie notwendige Futtermittel zu hohen Preisen zukaufen.
Dass die Molkereiwirtschaft in dieser Situation und bei einer ohnehin rückläufigen Milchanlieferung die Preise senkt, hält der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. für ebenso skandalös wie eine angeblich berufsständische Vertretung, die mit ihrer Messlatte quasi einen „Minimum-Preis“ definiert, der zwar nicht ansatzweise kostendeckend ist, den die Milchviehbetriebe aber vermeintlich aushalten können. Statt sich dafür einzusetzen, dass die Erzeugerpreise steigen können, unterstützt der Bauernverband nach eigener Aussage überdies den Umgang der EU-Kommission mit den hohen Interventionsbeständen. Die schrittweise, verlustreiche Auslagerung eines größeren Teils der in der Milchmarktkrise eingelagerten 400.000 Tonnen Milchpulver setzen den Milchmarkt und damit den Milchpreis massiv unter Druck und verursachen noch immer hohe Verluste bei den Milchviehhaltern. Noch klarer kann man nach Ansicht des BDM eine Unterstützung der Molkereiinteressen statt der Erzeugerinteressen nicht zum Ausdruck bringen.
Vor diesem Hintergrund klingt es geradezu zynisch, wenn der schleswig-holsteinische Bauernverbandspräsident Werner Schwarz äußert, es erstaune ihn nach den beiden Krisenjahren 2017 und 2018 mitunter selbst, dass die Landwirte in Schleswig-Holstein für 2019 trotz erheblicher Einbußen in den Vorjahren zuversichtlich seien. Und weiter: „Unsere Berufskollegen sind einfach Optimisten.“
Optimismus ist prima, mit Optimismus allein lassen sich aber keine Rechnungen bezahlen. Der BDM fordert daher die Molkereiunternehmen auf, mit Blick auf die aktuelle Marktsituation von bereits angekündigten weiteren Milchpreissenkungen Abstand zu nehmen und setzt sich weiterhin dafür ein, die EU-Agrarmarktpolitik und Marktrahmenbedingungen dahingehend weiterzuentwickeln, dass aus dem Verkauf der Milch gewinnbringende Erlöse erzielt werden können, mit denen die Betriebe bestehende Darlehen zurückzahlen und Rücklagen bilden können. (pm)
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