EU Verhandlungen über Mindestlohn in Europa
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat die EU-Kommission dafür kritisiert, dass sie ihr Aufgabengebiet überschreiten würde. Es ging dabei um Verhandlungen über den Mindestlohn in Europa und dass man hier das Subsidiaritätsprinzip verletzen würde. Doch schießt hier die Kommission wirklich über Ihr Aufgabengebiet hinaus? Dazu haben wir mit der Allgäuer Europaabgeordneten Ulrike Müller gesprochen.
Radio AllgäuHIT: Frau Müller, erstmal, um alle Hörer abzuholen, was ist denn das Subsidiaritätsprinzip?
Ulrike Müller: Das Subsidiaritätsprinzip besagt , dass eine Aufgabe immer von der möglichst niedrigsten Ebene gelöst werden sollte. Beispielsweise weiß jede Gemeinde selbst am besten, wo ein Verkehrsschild aufgestellt werden sollte oder wo ggfs. eine Fußgängerzone ausgewiesen werden sollte. Das kann nicht von Brüssel entschieden werden. Manche Dinge regeln die Mitgliedsstaaten zudem besser und selber, weil sie vor Ort wissen, wie die Situation ist. In welchen Bereichen die EU tätig werden darf, ist in den Europäischen Verträgen geregelt.
Radio AllgäuHIT: Ist es Ihrer Meinung nach ein Verstoß?
Ulrike Müller: Im Kern der Sache steht die Frage, ob die EU im Bereich der Mindestlöhne zum Beispiel bei der Berechnung der Höhe, bessere Regelungen schaffen kann als ein Mitgliedsstaat. Das ist aus meiner Sicht nicht der Fall und ich gebe Hubert Aiwanger Recht, denn jeder Mitgliedsstaat kennt seinen Arbeitsmarkt am besten. Außerdem darf die EU kein Arbeitsentgeld festlegen, denn das ist im Vertrag der EU geregelt. Demnach kann kein Mitgliedsstaat gezwungen werden einen Mindstlohn einzuführen. Im Vorschlag der Kommission geht es vor allem darum, dass man den Mitgliedsstaaten eine Anleitung gibt, den Mindestlohn anhand von verschiedenen Faktoren wie Kaufkraft und Bruttolöhnen etc zu berechnen. Das war der Ansatz der Europäischen Kommission.
Radio AllgäuHIT: Also können Sie die Kritik von Hubert Aiwanger nachvollziehen?
Ulrike Müller: Ich kann die Kritik durchaus nachvollziehen, da die Kommission manchmal eine Gradwanderung geht. Der Gesetzgebungsprozess wird jetzt eingeleitet und man versucht mit Parlament und Rat zusammen einen Rahmen abzustimmen. Es kann natürlich einige Zeit dauern bis dieser Rahmen festgelegt wird. Daher ist die Kritik von bayerischen Seite teilweise berechtigt, aber vielleicht nicht ganz, weil die EU nicht eingreifen darf. Dennoch wäre schon alleine der Ansatz, dass man mit gleichen Regeln gleiche Vergleichbarkeit schafft und dementsprechend dann irgendwann vielleicht doch etwas beeinflussen möchte, mit diesem Vorschlag gegeben.
Radio AllgäuHIT: Warum sind die Planungen der EU-Kommission für einen Mindestlohn notwendig?
Ulrike Müller: Die Kommission argumentiert, dass der Zugang zu einem Mindestlohn ein wesentliches Element angemessener Arbeitsbedingungen ist. Dass das natürlich innerhalb unseres europäischen Binnenmarktes zu einer Wettbewerbsverzerrung führen könnte, wenn Produkte in Bulgarien und Rumanien produziert werden, anstatt in Luxemburg oder Deutschland, ist logisch. Also geht es der Kommission in erster Linie um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Menschen, die hier arbeiten, aber es geht natürlich auch darum, dass es innerhalb des Binnenmarktes nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt.
Radio AllgäuHIT: Wie geht es jetzt weiter?
Ulrike Müller: Bei einem solchen Gesetzgebungsverfahren nehmen der Rat und das Parlament dazu Stellung und die Bundesländer werden gefragt, ob sie denken, dass zu diesem Gesetz eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips stattfindet. Hier kann Bayern natürlich über den Bundesrat seine Stellungnahme abgeben, sodass die Kommission darüber informiert wird. Das Parlament und der Rat haben dann immer noch die Möglichkeit, den Vorschlag zurückzuweisen.
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