Moderator: Isabelle Tausend
Sendung: Der AllgäuWECKER
mit Isabelle Tausend
 
 
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(Bildquelle: Tobias Grosser)
 
Allgäu
Freitag, 31. Januar 2020

Dankbarkeit der Menschen direkt erleben

Antje Piekenbrock, hauptamtliche Mitarbeiterin bei der Johanniter-Unfall-Hilfe in Kempten, war über Weihnachten eine Woche mit den Johanniter-Weihnachtstruckern ehrenamtlich im Norden Albaniens unterwegs. Tatkräftige Unterstützung hatte sie durch Fabian Dietrich, der auch hauptamtlicher Mitarbeiter bei den Johannitern in Kempten ist und sie dieses Jahr das erste Mal bei den Weihnachtstruckern, auch ehrenamtlich, begleitete. Sie waren für die Medienbegleitung des Konvois zuständig.

Ziel ihres Konvois mit 4 LKW und 2 Begleitfahrzeugen war der Norden Albaniens. Sie haben 5.500 Päckchen verteilt, sind 2.800 km durch sieben europäische Länder gefahren und haben dabei zehn Grenzen passiert. Es war eine sehr eindrucksvolle Reise mit vielen berührenden Erlebnissen. Stellvertretend für die vielen Packer, Einsammler und Organisatoren der Päckchen im Allgäu durften sie die Geschenke direkt an notleidende und bedürftige Menschen verteilen. Verteilt wurden die Hilfspakete an sozial schwache Familien, Senioren, kranke Menschen, Bewohner einer Roma-Siedlung und Bewohner eines Gebietes, das regelmäßig von Überschwemmungen betroffen ist. „Wir haben unglaublich viel Freude mit diesen Päckchen verbreitet. Wir durften die Dankbarkeit und Herzlichkeit der Menschen direkt erleben und mit nach Hause bringen, um sie hier zu teilen. Wir sind erfüllt mit Zufriedenheit und dem guten Gefühl, etwas Wichtiges und Gutes getan zu haben“ berichtet Piekenbrock.

Hauptpartner der Johanniter-Weihnachtstrucker in Albanien ist das Kloster der Schwestern Christina und Michaela in Shkodra. Schwester Christina ist gebürtige Donauwörtherin, Schwester Michaela kommt aus der Schweiz. Beide gehören zum in der Schweiz beheimateten Orden „Spirituelle Weggemeinschaft“, der im Norden Albaniens eine Außenstelle betreibt. Das Kloster ist für viele Einheimische ein Lichtblick und ein Rettungsanker. Die Schwestern kümmern sich um die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung im Umfeld des Klosters. Sie sind für die Menschen von unschätzbarem Wert. Sie sprechen ihnen in ihrer teilweise sehr trostlosen Situation Mut zu und helfen unbürokratisch und effektiv dort, wo es am Meisten gebraucht wird. Gleichzeitig motivieren sie die Menschen zur Selbsthilfe und fordern das Engagement auch ein.

Für die Johanniter sind die Schwestern eine unverzichtbare Hilfe. Sie helfen bei der Abwicklung der Zollformalitäten und organisieren die reibungslose Verteilung vor Ort. Die Johanniter können sich darauf verlassen, dass die Pakete dort hinkommen, wo sie hingehören und gebraucht werden.

Die Schwestern erzählten der Gruppe, dass die Lebensbedingungen in Albanien für viele sehr schwierig sind. Insbesondere die medizinische Versorgung ist sehr schlecht. Durch das Erdbeben im Herbst des letzten Jahres hat sich vieles noch einmal verschlimmert. Wir haben das hautnah erlebt. So besuchten wir eine Mutter von zwei Kindern, die ein paar Wochen zuvor beim Säubern eines Kanals von einer Granate schwer verletzt wurde. Sie und auch ihre Kinder, die sie schwer verletzt aufgefunden haben, sind noch immer traumatisiert. Die Frau leidet sehr unter den Folgen des Vorfalls und unter großen Schmerzen. Für ihre spärliche medizinische Versorgung musste sie finanziell selbst aufkommen. Die Schwestern helfen ihr mit Schmerzmitteln und setzen sich dafür ein, dass die Tochter trotz der hohen Schulden der Familie den notwendigen Englischkurs machen kann, den sie für ihre Ausbildung braucht. „Das Schicksal dieser Familie steht stellvertretend für sehr viele Menschen und hat mich sehr betroffen gemacht“ erzählt Piekenbrock nachdenklich.

Am Abschlussabend betonte Schwester Christina, dass sich die Menschen bereits seit einem halben Jahr auf die Päckchen gefreut haben. Sie bringen ihnen Hoffnung und Freude. Der immaterielle Wert der Päckchen ist noch viel höher als der finanzielle Gegenwert des Inhalts, den sie sich ohnehin nie selbst leisten könnten: “Der Inhalt der Päckchen hilft einer Familie ca. drei Wochen lang. Die Freude auf die Päckchen aber bedeutet für sie ein Jahr lang Hoffnung“. Die Menschen merken, dass sie nicht vergessen werden und sie sind dankbar für die große Hilfsbereitschaft und Solidarität aller, die für sie die Päckchen packen.

Bevor Piekenbrock die Lebensverhältnisse in den Zielgebieten der Johanniter-Weihnachtstrucker persönlich kennenlernen durfte (das letzte Jahr war sie bereits in Bulgarien), war ihr nicht bewusst, wie wichtig die Päckchen für die Menschen dort wirklich sind. Dass es in Europa Länder gibt, in denen Menschen durch chaotische politische Verhältnisse, Korruption, jahreslanges Missmanagement und die dadurch miserablen Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen in so schlechten Verhältnissen leben müssen und die Kinder so schlechte Voraussetzungen für einen Ausweg aus dieser Lage haben.

Albanien gilt als ärmstes Land in Europa – ein Land, in dem die meisten Menschen vom Ackerbau, der Landwirtschaft und der Viehzucht leben. Der steinige Boden macht die Landwirtschaft, die häufig noch von Hand betrieben wird, äußerst mühsam. Zudem steckt der kleine Balkanstaat nach wie vor im Umbruch von der sozialistischen Planwirtschaft zur modernen Marktwirtschaft. Die Infrastruktur ist schlecht. Das betrifft Straßen genauso wie Ärzte, Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen.

Piekenbrock stellt fest: „Was wir bei uns für selbstverständlich halten, gibt es dort nicht bzw. stellt großen Luxus dar. Dass wir ein warmes Zuhause und immer fließend Wasser haben, uns mit Shampoo die Haare waschen und mit Zahnpasta die Zähne putzen können. Dass unsere Kinder eine gute Schulbildung haben, wir medizinisch versorgt werden und dabei noch finanziell abgesichert sind – alles Selbstverständlichkeiten für uns.“

„Für mich war es auch dieses Jahr wieder eine schöne Erfahrung, mit den ehrenamtlichen Truckern und Helfern der Johanniter diese Reise zu bestreiten. Es herrscht ein großes Gemeinschaftsgefühl untereinander und es ist beeindruckend, mit wieviel Herzblut sich die Fahrer und Helfer teilweise schon jahrelang in ihrem Weihnachtsurlaub für das Projekt einsetzen. Ihr Lohn sind warmherzige und dankbare Blicke, festes Händedrücken, Umarmungen, leuchtende Kinderaugen und das gute Gefühl, wenigstens ein bisschen Licht in den trüben Alltag der Menschen gebracht zu haben“ zieht Piekenbrock ein Resümee der Reise.


Tags:
trucker weihnacht erlebnis reise


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